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Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 31. Burg/Berlin, 1837.

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481 Conversations=Blatt. 482
[Beginn Spaltensatz] ser eine Stimme, sie bei Namen rufend, sich hören ließ.

"Mick!" sagte die Stimme: 'scht! Bist Du's,
Mick?"

"Hum!" versetzte die Schildwache ärgerlich und
verächtlich, wie sie sich abwandte, und schritt so weit
die ihr gesteckte kurze Wandelbahn es vergönnte.

"So, Mick, hummen thust Du," fuhr die Stimme
kläglich fort, "wenn Dich ein guter Freund auf den
bloßen Knieen seines Geistes um nichts sonst bittet, als
einen Strick, sich daran aufzuhängen?"

"Das blüht Dir ja ohnehin am Morgen," sagte
die Schildwache barsch; "und bis dahin wirst Du doch
eine kurze Geduld haben. Gieb Dich aber jetzt zufrie-
den, Du arme Kreatur, und halte, um der Heiligen
willen, das Maul; denn wenn ich Deine Stimme höre,
ist mir gerade, als ob mir ein kalter Ladstock den Buk-
kel hinunterginge, und es gräuselt mir am ganzen Leibe
wie eine Gänsehaut. Ein Weibsbild! - und noch
dazu den eigenen Schatz!"

"Rede mir jetzt davon nicht," rief der Andere hastig
- "'s ist ja wahrhaftig vor'm Richter und den Ge-
schwornen genug davon verhandelt worden. Jch that's,
und geschehen ist einmal geschehen! Was hälfe es, spräche
ich auch zu Dir von Gereiztwordensein, und von jäh-
zornigem Gemüthe, oder wie mir der Versucher plötzlich
ins Ohr geraunt hat. Sie ist todt, und damit ist's
aus, ob nun durch "Mord" oder "Todtschlag", was
kümmert das mich. Alles, was mir jetzt anliegt, ist
- von meiner eigenen Hand zu sterben."

"Warte nur," versetzte die Schildwache; "warte
nur, bis die gesegnete Sonne am Himmel steht, und
Deine Mitmenschen werden Dich, voll Schaam einen
so schlechten Mann von ihr anscheinen zu lassen, mit
Verwünschungsgeschrei aus der Welt stoßen."

"Davor eben fürcht' ich mich," sagte mit entsetz-
ter Stimme der Gefangene. "Langsam auf einem Kar-
ren durch die Gassen geschleppt zu werden. Allein da
zu stehen unter dem Menschengedränge auf dem Gal-
low 's=Green *) , und zu fühlen, daß alle Augen auf die
meinen gerichtet sind mit Haß, Grausen und Verach-
tung! Was ist der Tod - was die Hölle selbst da-
gegen? Blut um Blut - ist das nicht genug? Wollt
ihr denn nicht mit meinem Leben zufrieden sein? Wollt
ihr mich denn in das furchtbare Menschengewühl hin-
einstoßen, wo aus jedem Blick eines jeden Auges mir
der Tod einzeln und besonders entgegenstarrt, und mich
so zehntausendmal umbringen, statt einmal?"

"Geh', bete," sagte die Schildwache in heftiger
Bewegung; "geh', bete; denk' an Deine Schuld; wasche
Deinen schwarzen Geist in ihrem Blute....."

    (Fortsetzung folgt.)



Der amerikanische Panther.

Der Panther Amerika's unterscheidet sich nur sehr
wenig von dem sogenannten europäischen. Er ist wohl
etwas kleiner, seine Farbe lichter oder mehr braungelb,
[Spaltenumbruch] aber er hat die Gewohnheiten, die diesem ganzen Thier-
geschlecht eigen sind. Er liebt einsame und wilde Ge-
genden und wird nur selten - wenn er nicht durch
besondere Umstände dazu veranlaßt wird - in der un-
mittelbaren Nähe menschlicher Wohnungen gesehen. Der
Hunger treibt ihn jedoch zuweilen aus seinen Schlupf-
winkeln und bei solchen Gelegenheiten greift er dann
selbst die stärksten Hausthiere an; aber es giebt fast
kein Beispiel, daß er eine Kuh oder einen Ochsen ge-
tödtet hätte, obschon er sie vielleicht verwundet und hef-
tig zerkrellt. Jährige und auch zweijährige Kühe töd-
tet er, trägt den größten Theil seiner Beute mit sich
fort und läßt sich nie wieder in derselben Pachtung se-
hen. Zuweilen wird die Höhe des Thieres zwei und
einen halben Fuß angegeben; dies ist aber eine un-
gewöhnliche Größe. Der Panther ist unstreitig das
fürchterlichste Raubthier in Nordamerika; denn er besitzt
mehr Stärke und größeren Muth als der Wolf, und
seine Wildheit und Schnelligkeit machen ihn bedeutend
gefährlicher, als den schwerfälligen Bären.

Jch glaube, es war im Herbste des Jahres 1831,
als ich eines Nachmittags von einer Jagd nach Hause
zurückkehrte. Jch kam in die Nähe eines kleinen Hol-
zes, als mein Hund, der vor mir hersprang, plötzlich
stehen blieb, dann an meine Seite zurückkehrte und ein
furchtsames Geheul ausstieß. Jch bemerkte, daß seine
Augen nach dem Laubwerke eines Korkbaumes gerichtet
waren, und erblickte da zu meinem nicht geringen Schrek-
ken die wüthenden, blutdürstenden Augen eines mächtigen
Panthers, der sich augenscheinlich vorbereitete, auf mich
herabzuspringen. Jch war einen Augenblick unschlüssig
- es wäre mein Tod gewesen, wenn ich umgekehrt
wäre - und es schien eben so gewagt in meiner Stel-
lung zu bleiben; denn die sprühenden Augen des wil-
den Thieres waren auf mich gerichtet, es zeigte die
furchtbaren Zähne und begann tückisch zu heulen. Jetzt
kletterte es am Baume herunter, und auf meinen Hund
blickend, nahm es sogleich seine frühere Stellung ein
und stieß ein Geheul aus, das man meilenweit gehört
haben mußte. Jch war zu unentschlossen, zu schießen,
hätte ich gefehlt, oder das Thier nur leicht verwundet,
so hätte es mich sicherlich zerfleischt. Es sah jetzt mit
vermehrter Wuth auf mich und setzte an, auf mich her-
abzuspringen. Jch sammelte alle meine Kräfte, um einen
verzweifelten Schuß zu wagen, ich legte an - und
schoß ab. Jm nächsten Augenblick sah ich den Panther
vom Baume herabfallen, mein Hund, der größere Furcht-
samkeit gezeigt, als ich je an ihm bemerkt hatte, sprang
auf das blutende Thier - doch er fand keinen Wider-
stand, ich hatte gut geschossen.

Jn der Nähe des Flusses Alleghany gab es einen
Streifen Wiesenland, dessen Fruchtbarkeit weit herum als
die höchste anerkannt wurde. Viele Auswanderer bau-
ten noch Holz dazu, die Gegend in der Nähe war über-
dem felsig und wegen ihrer schönen Hirsche berühmt.

Zu Anfange des Herbstes machte ich bei einem dor-
tigen Ansiedler einen Besuch, um einer Hirschjagd bei-
zuwohnen. Eines Morgens hatte ich schon volle zwei
Stunden erfolglos auf einer Stelle auf dem Anstand

[Ende Spaltensatz]
*) Galgenanger: Der Hinrichtungsplatz in Dublin.

481 Conversations=Blatt. 482
[Beginn Spaltensatz] ser eine Stimme, sie bei Namen rufend, sich hören ließ.

„Mick!“ sagte die Stimme: 'scht! Bist Du's,
Mick?“

„Hum!“ versetzte die Schildwache ärgerlich und
verächtlich, wie sie sich abwandte, und schritt so weit
die ihr gesteckte kurze Wandelbahn es vergönnte.

„So, Mick, hummen thust Du,“ fuhr die Stimme
kläglich fort, „wenn Dich ein guter Freund auf den
bloßen Knieen seines Geistes um nichts sonst bittet, als
einen Strick, sich daran aufzuhängen?“

„Das blüht Dir ja ohnehin am Morgen,“ sagte
die Schildwache barsch; „und bis dahin wirst Du doch
eine kurze Geduld haben. Gieb Dich aber jetzt zufrie-
den, Du arme Kreatur, und halte, um der Heiligen
willen, das Maul; denn wenn ich Deine Stimme höre,
ist mir gerade, als ob mir ein kalter Ladstock den Buk-
kel hinunterginge, und es gräuselt mir am ganzen Leibe
wie eine Gänsehaut. Ein Weibsbild! – und noch
dazu den eigenen Schatz!“

„Rede mir jetzt davon nicht,“ rief der Andere hastig
– „'s ist ja wahrhaftig vor'm Richter und den Ge-
schwornen genug davon verhandelt worden. Jch that's,
und geschehen ist einmal geschehen! Was hälfe es, spräche
ich auch zu Dir von Gereiztwordensein, und von jäh-
zornigem Gemüthe, oder wie mir der Versucher plötzlich
ins Ohr geraunt hat. Sie ist todt, und damit ist's
aus, ob nun durch „Mord“ oder „Todtschlag“, was
kümmert das mich. Alles, was mir jetzt anliegt, ist
– von meiner eigenen Hand zu sterben.“

„Warte nur,“ versetzte die Schildwache; „warte
nur, bis die gesegnete Sonne am Himmel steht, und
Deine Mitmenschen werden Dich, voll Schaam einen
so schlechten Mann von ihr anscheinen zu lassen, mit
Verwünschungsgeschrei aus der Welt stoßen.“

„Davor eben fürcht' ich mich,“ sagte mit entsetz-
ter Stimme der Gefangene. „Langsam auf einem Kar-
ren durch die Gassen geschleppt zu werden. Allein da
zu stehen unter dem Menschengedränge auf dem Gal-
low 's=Green *) , und zu fühlen, daß alle Augen auf die
meinen gerichtet sind mit Haß, Grausen und Verach-
tung! Was ist der Tod – was die Hölle selbst da-
gegen? Blut um Blut – ist das nicht genug? Wollt
ihr denn nicht mit meinem Leben zufrieden sein? Wollt
ihr mich denn in das furchtbare Menschengewühl hin-
einstoßen, wo aus jedem Blick eines jeden Auges mir
der Tod einzeln und besonders entgegenstarrt, und mich
so zehntausendmal umbringen, statt einmal?“

„Geh', bete,“ sagte die Schildwache in heftiger
Bewegung; „geh', bete; denk' an Deine Schuld; wasche
Deinen schwarzen Geist in ihrem Blute.....“

    (Fortsetzung folgt.)



Der amerikanische Panther.

Der Panther Amerika's unterscheidet sich nur sehr
wenig von dem sogenannten europäischen. Er ist wohl
etwas kleiner, seine Farbe lichter oder mehr braungelb,
[Spaltenumbruch] aber er hat die Gewohnheiten, die diesem ganzen Thier-
geschlecht eigen sind. Er liebt einsame und wilde Ge-
genden und wird nur selten – wenn er nicht durch
besondere Umstände dazu veranlaßt wird – in der un-
mittelbaren Nähe menschlicher Wohnungen gesehen. Der
Hunger treibt ihn jedoch zuweilen aus seinen Schlupf-
winkeln und bei solchen Gelegenheiten greift er dann
selbst die stärksten Hausthiere an; aber es giebt fast
kein Beispiel, daß er eine Kuh oder einen Ochsen ge-
tödtet hätte, obschon er sie vielleicht verwundet und hef-
tig zerkrellt. Jährige und auch zweijährige Kühe töd-
tet er, trägt den größten Theil seiner Beute mit sich
fort und läßt sich nie wieder in derselben Pachtung se-
hen. Zuweilen wird die Höhe des Thieres zwei und
einen halben Fuß angegeben; dies ist aber eine un-
gewöhnliche Größe. Der Panther ist unstreitig das
fürchterlichste Raubthier in Nordamerika; denn er besitzt
mehr Stärke und größeren Muth als der Wolf, und
seine Wildheit und Schnelligkeit machen ihn bedeutend
gefährlicher, als den schwerfälligen Bären.

Jch glaube, es war im Herbste des Jahres 1831,
als ich eines Nachmittags von einer Jagd nach Hause
zurückkehrte. Jch kam in die Nähe eines kleinen Hol-
zes, als mein Hund, der vor mir hersprang, plötzlich
stehen blieb, dann an meine Seite zurückkehrte und ein
furchtsames Geheul ausstieß. Jch bemerkte, daß seine
Augen nach dem Laubwerke eines Korkbaumes gerichtet
waren, und erblickte da zu meinem nicht geringen Schrek-
ken die wüthenden, blutdürstenden Augen eines mächtigen
Panthers, der sich augenscheinlich vorbereitete, auf mich
herabzuspringen. Jch war einen Augenblick unschlüssig
– es wäre mein Tod gewesen, wenn ich umgekehrt
wäre – und es schien eben so gewagt in meiner Stel-
lung zu bleiben; denn die sprühenden Augen des wil-
den Thieres waren auf mich gerichtet, es zeigte die
furchtbaren Zähne und begann tückisch zu heulen. Jetzt
kletterte es am Baume herunter, und auf meinen Hund
blickend, nahm es sogleich seine frühere Stellung ein
und stieß ein Geheul aus, das man meilenweit gehört
haben mußte. Jch war zu unentschlossen, zu schießen,
hätte ich gefehlt, oder das Thier nur leicht verwundet,
so hätte es mich sicherlich zerfleischt. Es sah jetzt mit
vermehrter Wuth auf mich und setzte an, auf mich her-
abzuspringen. Jch sammelte alle meine Kräfte, um einen
verzweifelten Schuß zu wagen, ich legte an – und
schoß ab. Jm nächsten Augenblick sah ich den Panther
vom Baume herabfallen, mein Hund, der größere Furcht-
samkeit gezeigt, als ich je an ihm bemerkt hatte, sprang
auf das blutende Thier – doch er fand keinen Wider-
stand, ich hatte gut geschossen.

Jn der Nähe des Flusses Alleghany gab es einen
Streifen Wiesenland, dessen Fruchtbarkeit weit herum als
die höchste anerkannt wurde. Viele Auswanderer bau-
ten noch Holz dazu, die Gegend in der Nähe war über-
dem felsig und wegen ihrer schönen Hirsche berühmt.

Zu Anfange des Herbstes machte ich bei einem dor-
tigen Ansiedler einen Besuch, um einer Hirschjagd bei-
zuwohnen. Eines Morgens hatte ich schon volle zwei
Stunden erfolglos auf einer Stelle auf dem Anstand

[Ende Spaltensatz]
*) Galgenanger: Der Hinrichtungsplatz in Dublin.
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Jch glaube, es war im Herbste des Jahres 1831, als ich eines Nachmittags von einer Jagd nach Hause zurückkehrte. Jch kam in die Nähe eines kleinen Hol- zes, als mein Hund, der vor mir hersprang, plötzlich stehen blieb, dann an meine Seite zurückkehrte und ein furchtsames Geheul ausstieß. Jch bemerkte, daß seine Augen nach dem Laubwerke eines Korkbaumes gerichtet waren, und erblickte da zu meinem nicht geringen Schrek- ken die wüthenden, blutdürstenden Augen eines mächtigen Panthers, der sich augenscheinlich vorbereitete, auf mich herabzuspringen. Jch war einen Augenblick unschlüssig – es wäre mein Tod gewesen, wenn ich umgekehrt wäre – und es schien eben so gewagt in meiner Stel- lung zu bleiben; denn die sprühenden Augen des wil- den Thieres waren auf mich gerichtet, es zeigte die furchtbaren Zähne und begann tückisch zu heulen. 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Zu Anfange des Herbstes machte ich bei einem dor- tigen Ansiedler einen Besuch, um einer Hirschjagd bei- zuwohnen. Eines Morgens hatte ich schon volle zwei Stunden erfolglos auf einer Stelle auf dem Anstand *) Galgenanger: Der Hinrichtungsplatz in Dublin.

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Zitationshilfe: Conversations-Blatt zur Unterhaltung und Belehrung für alle Stände. Nr. 31. Burg/Berlin, 1837, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_conversationsblatt31_1837/3>, abgerufen am 23.11.2024.