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Mainzer Journal. Nr. 46. Mainz, 31. Juli 1848.

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[Beginn Spaltensatz] nannten Ausschusses für das Auswärtige. Es wurde nämlich, als
die Nationalversammlung sich constituirt hatte, jedem Minister ein
berathender Ausschuß an die Seite gegeben, um der Politik des
jeweiligen Ministeriums stets die Richtung zu geben, in der sich
am genauesten die vorwaltende Ansicht der Nationalversammlung
abspiegle. Der Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten
zählt unter seinen Mitgliedern Mauguin, Napoleon Bonaparte
( Sohn des vormaligen Königs von Westphalen ) , und Durieu
( Hauptredacteur des Courrier francais ) . Diese drei Mitglieder
der Nationalversammlung bieten nun alles Mögliche auf, um die
Regierung zu bewegen, mit Umgehung des von Lamartine aufge-
stellten Princips der Nichtintervention dem König von Sardinien
die Hülfe Frankreichs gegen Oesterreich aufzudringen. Lamartine
seinerseits vertheidigt eben so eifrig als nachhaltig das von ihm
ausgegangene Friedensmanifest der französischen Republik. Glück-
licher Weise ist Bastide, welcher zu der Zeit, wo Lamartine das
erwähnte Manifest niederschrieb, das Amt eines Unterstaatssecre-
tärs des Aeußeren bekleidete, ganz mit Lamartine darin einver-
standen, und eben so General Cavaignac, der von der Zeit
her, wo er auf die Aufforderung Lamartines das Portefeuille des
Krieges übernommen hatte, in Betreff der auswärtigen Politik
die nämlichen Ansichten hegt, wie Lamartine. Man spricht da-
von, daß nächstens Mauguin oder Durieu die Regierung in
öffentlicher Sitzung interpelliren will, um sie zu einer thätigeren
Rolle in Jtalien zu veranlassen. Ohne ein Prophet zu seyn,
kann man derartige Jnterpellationen zum voraus als ein "Loch
ins Wasser" bezeichnen. Die französische Republik hat zu sehr
mit ihren eigenen Angelegenheiten daheim zu thun, als daß sie zu
Gunsten eines so zweideutigen Alliirten, wie der König von
Sardinien, ihre Finanzen vollends zu Grunde richten sollte. Ein
Krieg mit dem Ausland könnte dermalen keine anderen Folgen
haben, als einen Staatsbankerott, den man selbst so, in Auf-
rechthaltung der Ruhe und Ordnung, kaum zu beschwören im
Stande ist. Nachdem der Rausch überschwänglicher Utopien
vorüber ist, kehrt der Franzose wieder zum Positiven zurück, und
fragt nunmehr, bevor er handeln soll: was werde ich dabei ge-
winnen?

Die körperliche Haft schlechter Schuldner ( la contrainte par
corps
) wird wieder eingeführt, resp. die Verordnung der provi-
sorischen Regierung, wodurch dieselbe beseitigt worden war, wird
für nichtig erklärt. Ueber ein ganz neues Gesetz in Bezug auf
diese Frage konnte sich der Ausschuß für Gesetzgebung nicht ver-
ständigen.

Der Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten hat ge-
stern eine ganze Masse seiner Mitglieder beauftragt ihm über die
Weltlage zu berichten. Herr Drouyn de Lhuys wird also über die
spanische, Herr d'Aragon über die italienische Frage, Herr Dur-
rieu über Rußland, Herr E. de Lafayette über die Moldau und
Walachei, Herr Jober über Oesterreich und die slavischen Länder,
Herr Payer über den deutschen Bundesstaat, Herr de Voisin über
den Orient, Herr Heckeren über Preußen ( das also nach französi-
scher Ansicht, obgleich es doch bereits in Deutschland aufgegan-
gen, nicht zum deutschen Bundesstaat zu gehören scheint ) und
Preußisch=Polen, Herr de Puysegur über Aegypten berichten.
An geographischen Schnitzern wird es auf keinen Fall fehlen!

Das Journal des Debats stellt uns in der schleswig=holstei-
nischen Angelegenheit eine kriegerische ( französische? ) Jnterven-
tion in Aussicht, weil -- die Großmächte und unter anderen
auch Frankreich die Jntegrität Dänemarks garantirt hätten. Un-
seres Wissens war auch Karl X. und die ältere Bourbonenlinie
von den Großmächten garantirt! Daß das Journal des Debats
dabei Preußen gehörig liebkost, um es von der großen deutschen
Sache abtrünnig zu machen, muß noch besonders hervorgehoben
werden. Auch in Bezug auf die Limburger Frage sucht dieses Blatt
die "Großmächte" gegen Deutschland aufzuhetzen. Feinde ringsum!

Der "Commerce" und die "Patrie" -- nicht der Handel und
das Vaterland, sondern nur zwei so genannte Zeitungen -- sind
gestern versteigert worden und für 26,000 Francs in die Hände
eines Pariser Bankiers gefallen. Herr Emil von Girardin, der
an der "Presse" noch nicht genug zu haben scheint, hatte 25,000
Fr. geboten.

Großbritannien.

London 26. Juli. Von Dublin wird unter dem 25. Juli
gemeldet, daß sich die Clubs selbst aufgelöst haben. Am Tage
vorher hieß es, als der Verhaftsbefehl gegen Herrn Smith,
O'Brien bekannt wurde, man würde der Regierung mit bewaff-
neter Hand widerstehen, Barrikaden errichten, und das Aeußerste
wagen. Jetzt scheint dieser Plan, wenn nicht aufgehoben, doch
aufgeschoben.

[Spaltenumbruch]
Donaufürstenthümer.

Von der wallachischen Grenze 14. Juli. ( Br. Z. ) Nach
den neuesten Nachrichten aus Bukarest vom 12. waren die Russen
von Foksany soweit vorgerückt, daß man ihren Einmarsch in der
Hauptstadt der Wallachei binnen längstens zwei Tagen erwartete.
Die provisorische Regierung war in ihren Beschlüssen rathlos
geworden und sie muß nun das Unvermeidliche hinnehmen. Der
Metropolit ist, als Chef derselben, eine bloße Maschine und
seine Sympathieen sind ganz sicher für Rußland. Es herrschte
vollkommene Ruhe, nachdem sich die meisten Bojaren, welche
die Revolution gemacht, geflüchtet haben. Nach den vom rus-
sischen Konsul v. Kotzebue mitgetheilten Dispositionen werden sich
unverzüglich 10,000 Mann russische Truppen in die kleine Wal-
lachei an die Grenze Serbiens ziehen. Es sollen im Ganzen
50,000 Mann in die Fürstenthümer einrücken. Diese Nachricht
wird wohl die Partei der Magyaren, die in diesem Augenblick
mit ihren slavischen Brüdern kämpfen und dadurch die öster-
reichische Monarchie an den Rand des Abgrunds schleudern, zur
Besinnung bringen. Alle Blicke in den Donaufürstenthümern
waren seit Jahren auf Oesterreich gerichtet und jetzt bemächtigt
sich aller Gemüther, bei der Gewißheit, daß der ungarische Mi-
nister Kossuth allein diesen Jammer hervorgerufen, eine unbe-
schreibliche Muthlosigkeit. Rußland hat, um seinen Einmarsch
zu bemänteln, bis heute ganz nach den bestehenden Tractaten
verfahren, denn nach den eben eingehenden Nachrichten sind auch
1200 Mann türkische Truppen in Gorijevo angekommen, um
dort zu garnisoniren. Somit übt die Pforte gleichzeitig ihr Pro-
tektionsrecht über die Wallachei und zwar tractatenmäßig aus.
-- Aus Jassy wird vom 11. d. gemeldet, daß die meisten Bo-
jaren und Fremden die Stadt wegen des Einmarsches der Russen
verlassen hatten. Es hieß, die Pest sey in Galacz ausgebrochen,
allein es ist sicherlich nur die Cholera, an welcher in einem Tag
gegen 200 erkrankten.

Ueber die letzte Revolution in der Walachei bringt die Wiener
Zeitung eine Mittheilung, aus der wir wieder ersehen können, wie
denn heutzutage eigentlich Revolutionen gemacht werden und in
welchem Maaße das Volk sich daran betheiligt. "Diese ganze
Revolution, heißt es daselbst, ist von der im Auslande, meist in
Frankreich, erzogenen Jugend angesponnen und von den Groß-
bojaren heimlich angefacht und unterstützt worden. Daß die Letz-
teren, welche bei dem Gelingen der Revolution nur zu verlieren
hatten -- denn Titel, Rang und Besitzthum sollten ihnen genom-
men werden, -- so handelten, ist dadurch erklärlich, daß sie einer-
seits überzeugt waren, eine Revolution in den Fürstenthümern
werde von der Pforte und Rußland gewiß unterdrückt, dabei aber
der Fürst gestürzt und die Möglichkeit, seinen Platz einzunehmen,
ihnen eröffnet werden. Auch hat kein Bojar von Namen und
Rang sich der Bewegung öffentlich angeschlossen, die meisten sind
schon vor dem Ausbruche auf das Land oder in die Bäder gezogen.
Das Volk, nämlich die Bauern, haben bisher die Gutmüthigkeit
ihres Naturels beurkundet; es wurde ihnen Eigenthum an Grund
und Robotfreiheit verkündigt, und sie haben es mit Mißtrauen und
wenig Freude angehört, und wenige Tage darauf hat man ihnen
gesagt, sie müßten wieder roboten, und sie haben gefolgt, ohne daß
irgendwo ein Conflict erfolgt wäre. Als man die Bauern auffor-
dern ließ, sich zu bewaffnen, verweigerten sie es fast überall,
sich der Zeiten Thodoris im Jahre 1821 erinnernd, wo
man ihnen auch Vieles versprochen und nicht gehalten hatte. Einen
Mittelstand, im europäischen Sinne des Wortes, gibt es hier
nicht. Wenn von den Handwerkern und Handelsleuten Einer oder
der Andere ein wenig Vermögen erwirbt, so ist sein höchster Ehr-
geiz auf einen kleinen Bojarenrang gerichtet. Die kleineren Boja-
ren, die Söhne der Geistlichen und derjenigen Handwerks= und
Handelsleute, welche sich einige Bildung aneignen, drängen sich in
alle niederen Administrationen, während die Bojaren zweiten
Ranges die höheren und die Bojaren ersten Ranges die höchsten
Stellen verfassungsmäßig zu bekleiden berufen sind, ohne die noth-
wendigen Kenntnisse, ohne eine Vorbildung zu besitzen. Weder die
Bojaren ersten Ranges, noch das Volk haben sich der hier statt-
gehabten Bewegung angeschlossen; sie fand ihre Theilnehmer
und Enthusiasten in der zwischen Großbojar und Bauer stehen-
den eben bezeichneten Klasse, wozu sich viele Fremde gesellten.
Man kann sagen, daß es eigentlich ein Dutzend Jndividuen als
Führer, und vielleicht fünfzig andere Personen als Anhänger
waren, welche die ganze Bewegung gemacht haben, indem sie
durch Einfluß auf die Miliz dieselbe wankend machten, so daß
die Regierung ohne Stütze blieb; die Uebrigen, welche Aemter
angenommen und sich betheiligt haben, thaten es ohne eigent-
liches Bewußtseyn. Die Mehrzahl der Bewohner ist zufrieden,
daß die revolutionäre Herrschaft ihr Ende errreicht hat.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. -- Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. -- Druck von Florian Kupferberg.

[Beginn Spaltensatz] nannten Ausschusses für das Auswärtige. Es wurde nämlich, als
die Nationalversammlung sich constituirt hatte, jedem Minister ein
berathender Ausschuß an die Seite gegeben, um der Politik des
jeweiligen Ministeriums stets die Richtung zu geben, in der sich
am genauesten die vorwaltende Ansicht der Nationalversammlung
abspiegle. Der Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten
zählt unter seinen Mitgliedern Mauguin, Napoleon Bonaparte
( Sohn des vormaligen Königs von Westphalen ) , und Durieu
( Hauptredacteur des Courrier français ) . Diese drei Mitglieder
der Nationalversammlung bieten nun alles Mögliche auf, um die
Regierung zu bewegen, mit Umgehung des von Lamartine aufge-
stellten Princips der Nichtintervention dem König von Sardinien
die Hülfe Frankreichs gegen Oesterreich aufzudringen. Lamartine
seinerseits vertheidigt eben so eifrig als nachhaltig das von ihm
ausgegangene Friedensmanifest der französischen Republik. Glück-
licher Weise ist Bastide, welcher zu der Zeit, wo Lamartine das
erwähnte Manifest niederschrieb, das Amt eines Unterstaatssecre-
tärs des Aeußeren bekleidete, ganz mit Lamartine darin einver-
standen, und eben so General Cavaignac, der von der Zeit
her, wo er auf die Aufforderung Lamartines das Portefeuille des
Krieges übernommen hatte, in Betreff der auswärtigen Politik
die nämlichen Ansichten hegt, wie Lamartine. Man spricht da-
von, daß nächstens Mauguin oder Durieu die Regierung in
öffentlicher Sitzung interpelliren will, um sie zu einer thätigeren
Rolle in Jtalien zu veranlassen. Ohne ein Prophet zu seyn,
kann man derartige Jnterpellationen zum voraus als ein „Loch
ins Wasser“ bezeichnen. Die französische Republik hat zu sehr
mit ihren eigenen Angelegenheiten daheim zu thun, als daß sie zu
Gunsten eines so zweideutigen Alliirten, wie der König von
Sardinien, ihre Finanzen vollends zu Grunde richten sollte. Ein
Krieg mit dem Ausland könnte dermalen keine anderen Folgen
haben, als einen Staatsbankerott, den man selbst so, in Auf-
rechthaltung der Ruhe und Ordnung, kaum zu beschwören im
Stande ist. Nachdem der Rausch überschwänglicher Utopien
vorüber ist, kehrt der Franzose wieder zum Positiven zurück, und
fragt nunmehr, bevor er handeln soll: was werde ich dabei ge-
winnen?

Die körperliche Haft schlechter Schuldner ( la contrainte par
corps
) wird wieder eingeführt, resp. die Verordnung der provi-
sorischen Regierung, wodurch dieselbe beseitigt worden war, wird
für nichtig erklärt. Ueber ein ganz neues Gesetz in Bezug auf
diese Frage konnte sich der Ausschuß für Gesetzgebung nicht ver-
ständigen.

Der Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten hat ge-
stern eine ganze Masse seiner Mitglieder beauftragt ihm über die
Weltlage zu berichten. Herr Drouyn de Lhuys wird also über die
spanische, Herr d'Aragon über die italienische Frage, Herr Dur-
rieu über Rußland, Herr E. de Lafayette über die Moldau und
Walachei, Herr Jober über Oesterreich und die slavischen Länder,
Herr Payer über den deutschen Bundesstaat, Herr de Voisin über
den Orient, Herr Heckeren über Preußen ( das also nach französi-
scher Ansicht, obgleich es doch bereits in Deutschland aufgegan-
gen, nicht zum deutschen Bundesstaat zu gehören scheint ) und
Preußisch=Polen, Herr de Puysegur über Aegypten berichten.
An geographischen Schnitzern wird es auf keinen Fall fehlen!

Das Journal des Debats stellt uns in der schleswig=holstei-
nischen Angelegenheit eine kriegerische ( französische? ) Jnterven-
tion in Aussicht, weil — die Großmächte und unter anderen
auch Frankreich die Jntegrität Dänemarks garantirt hätten. Un-
seres Wissens war auch Karl X. und die ältere Bourbonenlinie
von den Großmächten garantirt! Daß das Journal des Debats
dabei Preußen gehörig liebkost, um es von der großen deutschen
Sache abtrünnig zu machen, muß noch besonders hervorgehoben
werden. Auch in Bezug auf die Limburger Frage sucht dieses Blatt
die „Großmächte“ gegen Deutschland aufzuhetzen. Feinde ringsum!

Der „Commerce“ und die „Patrie“ — nicht der Handel und
das Vaterland, sondern nur zwei so genannte Zeitungen — sind
gestern versteigert worden und für 26,000 Francs in die Hände
eines Pariser Bankiers gefallen. Herr Emil von Girardin, der
an der „Presse“ noch nicht genug zu haben scheint, hatte 25,000
Fr. geboten.

Großbritannien.

London 26. Juli. Von Dublin wird unter dem 25. Juli
gemeldet, daß sich die Clubs selbst aufgelöst haben. Am Tage
vorher hieß es, als der Verhaftsbefehl gegen Herrn Smith,
O'Brien bekannt wurde, man würde der Regierung mit bewaff-
neter Hand widerstehen, Barrikaden errichten, und das Aeußerste
wagen. Jetzt scheint dieser Plan, wenn nicht aufgehoben, doch
aufgeschoben.

[Spaltenumbruch]
Donaufürstenthümer.

Von der wallachischen Grenze 14. Juli. ( Br. Z. ) Nach
den neuesten Nachrichten aus Bukarest vom 12. waren die Russen
von Foksany soweit vorgerückt, daß man ihren Einmarsch in der
Hauptstadt der Wallachei binnen längstens zwei Tagen erwartete.
Die provisorische Regierung war in ihren Beschlüssen rathlos
geworden und sie muß nun das Unvermeidliche hinnehmen. Der
Metropolit ist, als Chef derselben, eine bloße Maschine und
seine Sympathieen sind ganz sicher für Rußland. Es herrschte
vollkommene Ruhe, nachdem sich die meisten Bojaren, welche
die Revolution gemacht, geflüchtet haben. Nach den vom rus-
sischen Konsul v. Kotzebue mitgetheilten Dispositionen werden sich
unverzüglich 10,000 Mann russische Truppen in die kleine Wal-
lachei an die Grenze Serbiens ziehen. Es sollen im Ganzen
50,000 Mann in die Fürstenthümer einrücken. Diese Nachricht
wird wohl die Partei der Magyaren, die in diesem Augenblick
mit ihren slavischen Brüdern kämpfen und dadurch die öster-
reichische Monarchie an den Rand des Abgrunds schleudern, zur
Besinnung bringen. Alle Blicke in den Donaufürstenthümern
waren seit Jahren auf Oesterreich gerichtet und jetzt bemächtigt
sich aller Gemüther, bei der Gewißheit, daß der ungarische Mi-
nister Kossuth allein diesen Jammer hervorgerufen, eine unbe-
schreibliche Muthlosigkeit. Rußland hat, um seinen Einmarsch
zu bemänteln, bis heute ganz nach den bestehenden Tractaten
verfahren, denn nach den eben eingehenden Nachrichten sind auch
1200 Mann türkische Truppen in Gorijevo angekommen, um
dort zu garnisoniren. Somit übt die Pforte gleichzeitig ihr Pro-
tektionsrecht über die Wallachei und zwar tractatenmäßig aus.
— Aus Jassy wird vom 11. d. gemeldet, daß die meisten Bo-
jaren und Fremden die Stadt wegen des Einmarsches der Russen
verlassen hatten. Es hieß, die Pest sey in Galacz ausgebrochen,
allein es ist sicherlich nur die Cholera, an welcher in einem Tag
gegen 200 erkrankten.

Ueber die letzte Revolution in der Walachei bringt die Wiener
Zeitung eine Mittheilung, aus der wir wieder ersehen können, wie
denn heutzutage eigentlich Revolutionen gemacht werden und in
welchem Maaße das Volk sich daran betheiligt. „Diese ganze
Revolution, heißt es daselbst, ist von der im Auslande, meist in
Frankreich, erzogenen Jugend angesponnen und von den Groß-
bojaren heimlich angefacht und unterstützt worden. Daß die Letz-
teren, welche bei dem Gelingen der Revolution nur zu verlieren
hatten — denn Titel, Rang und Besitzthum sollten ihnen genom-
men werden, — so handelten, ist dadurch erklärlich, daß sie einer-
seits überzeugt waren, eine Revolution in den Fürstenthümern
werde von der Pforte und Rußland gewiß unterdrückt, dabei aber
der Fürst gestürzt und die Möglichkeit, seinen Platz einzunehmen,
ihnen eröffnet werden. Auch hat kein Bojar von Namen und
Rang sich der Bewegung öffentlich angeschlossen, die meisten sind
schon vor dem Ausbruche auf das Land oder in die Bäder gezogen.
Das Volk, nämlich die Bauern, haben bisher die Gutmüthigkeit
ihres Naturels beurkundet; es wurde ihnen Eigenthum an Grund
und Robotfreiheit verkündigt, und sie haben es mit Mißtrauen und
wenig Freude angehört, und wenige Tage darauf hat man ihnen
gesagt, sie müßten wieder roboten, und sie haben gefolgt, ohne daß
irgendwo ein Conflict erfolgt wäre. Als man die Bauern auffor-
dern ließ, sich zu bewaffnen, verweigerten sie es fast überall,
sich der Zeiten Thodoris im Jahre 1821 erinnernd, wo
man ihnen auch Vieles versprochen und nicht gehalten hatte. Einen
Mittelstand, im europäischen Sinne des Wortes, gibt es hier
nicht. Wenn von den Handwerkern und Handelsleuten Einer oder
der Andere ein wenig Vermögen erwirbt, so ist sein höchster Ehr-
geiz auf einen kleinen Bojarenrang gerichtet. Die kleineren Boja-
ren, die Söhne der Geistlichen und derjenigen Handwerks= und
Handelsleute, welche sich einige Bildung aneignen, drängen sich in
alle niederen Administrationen, während die Bojaren zweiten
Ranges die höheren und die Bojaren ersten Ranges die höchsten
Stellen verfassungsmäßig zu bekleiden berufen sind, ohne die noth-
wendigen Kenntnisse, ohne eine Vorbildung zu besitzen. Weder die
Bojaren ersten Ranges, noch das Volk haben sich der hier statt-
gehabten Bewegung angeschlossen; sie fand ihre Theilnehmer
und Enthusiasten in der zwischen Großbojar und Bauer stehen-
den eben bezeichneten Klasse, wozu sich viele Fremde gesellten.
Man kann sagen, daß es eigentlich ein Dutzend Jndividuen als
Führer, und vielleicht fünfzig andere Personen als Anhänger
waren, welche die ganze Bewegung gemacht haben, indem sie
durch Einfluß auf die Miliz dieselbe wankend machten, so daß
die Regierung ohne Stütze blieb; die Uebrigen, welche Aemter
angenommen und sich betheiligt haben, thaten es ohne eigent-
liches Bewußtseyn. Die Mehrzahl der Bewohner ist zufrieden,
daß die revolutionäre Herrschaft ihr Ende errreicht hat.

[Ende Spaltensatz]

Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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[0004] nannten Ausschusses für das Auswärtige. Es wurde nämlich, als die Nationalversammlung sich constituirt hatte, jedem Minister ein berathender Ausschuß an die Seite gegeben, um der Politik des jeweiligen Ministeriums stets die Richtung zu geben, in der sich am genauesten die vorwaltende Ansicht der Nationalversammlung abspiegle. Der Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten zählt unter seinen Mitgliedern Mauguin, Napoleon Bonaparte ( Sohn des vormaligen Königs von Westphalen ) , und Durieu ( Hauptredacteur des Courrier français ) . Diese drei Mitglieder der Nationalversammlung bieten nun alles Mögliche auf, um die Regierung zu bewegen, mit Umgehung des von Lamartine aufge- stellten Princips der Nichtintervention dem König von Sardinien die Hülfe Frankreichs gegen Oesterreich aufzudringen. Lamartine seinerseits vertheidigt eben so eifrig als nachhaltig das von ihm ausgegangene Friedensmanifest der französischen Republik. Glück- licher Weise ist Bastide, welcher zu der Zeit, wo Lamartine das erwähnte Manifest niederschrieb, das Amt eines Unterstaatssecre- tärs des Aeußeren bekleidete, ganz mit Lamartine darin einver- standen, und eben so General Cavaignac, der von der Zeit her, wo er auf die Aufforderung Lamartines das Portefeuille des Krieges übernommen hatte, in Betreff der auswärtigen Politik die nämlichen Ansichten hegt, wie Lamartine. Man spricht da- von, daß nächstens Mauguin oder Durieu die Regierung in öffentlicher Sitzung interpelliren will, um sie zu einer thätigeren Rolle in Jtalien zu veranlassen. Ohne ein Prophet zu seyn, kann man derartige Jnterpellationen zum voraus als ein „Loch ins Wasser“ bezeichnen. Die französische Republik hat zu sehr mit ihren eigenen Angelegenheiten daheim zu thun, als daß sie zu Gunsten eines so zweideutigen Alliirten, wie der König von Sardinien, ihre Finanzen vollends zu Grunde richten sollte. Ein Krieg mit dem Ausland könnte dermalen keine anderen Folgen haben, als einen Staatsbankerott, den man selbst so, in Auf- rechthaltung der Ruhe und Ordnung, kaum zu beschwören im Stande ist. Nachdem der Rausch überschwänglicher Utopien vorüber ist, kehrt der Franzose wieder zum Positiven zurück, und fragt nunmehr, bevor er handeln soll: was werde ich dabei ge- winnen? Die körperliche Haft schlechter Schuldner ( la contrainte par corps ) wird wieder eingeführt, resp. die Verordnung der provi- sorischen Regierung, wodurch dieselbe beseitigt worden war, wird für nichtig erklärt. Ueber ein ganz neues Gesetz in Bezug auf diese Frage konnte sich der Ausschuß für Gesetzgebung nicht ver- ständigen. Der Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten hat ge- stern eine ganze Masse seiner Mitglieder beauftragt ihm über die Weltlage zu berichten. Herr Drouyn de Lhuys wird also über die spanische, Herr d'Aragon über die italienische Frage, Herr Dur- rieu über Rußland, Herr E. de Lafayette über die Moldau und Walachei, Herr Jober über Oesterreich und die slavischen Länder, Herr Payer über den deutschen Bundesstaat, Herr de Voisin über den Orient, Herr Heckeren über Preußen ( das also nach französi- scher Ansicht, obgleich es doch bereits in Deutschland aufgegan- gen, nicht zum deutschen Bundesstaat zu gehören scheint ) und Preußisch=Polen, Herr de Puysegur über Aegypten berichten. An geographischen Schnitzern wird es auf keinen Fall fehlen! Das Journal des Debats stellt uns in der schleswig=holstei- nischen Angelegenheit eine kriegerische ( französische? ) Jnterven- tion in Aussicht, weil — die Großmächte und unter anderen auch Frankreich die Jntegrität Dänemarks garantirt hätten. Un- seres Wissens war auch Karl X. und die ältere Bourbonenlinie von den Großmächten garantirt! Daß das Journal des Debats dabei Preußen gehörig liebkost, um es von der großen deutschen Sache abtrünnig zu machen, muß noch besonders hervorgehoben werden. Auch in Bezug auf die Limburger Frage sucht dieses Blatt die „Großmächte“ gegen Deutschland aufzuhetzen. Feinde ringsum! Der „Commerce“ und die „Patrie“ — nicht der Handel und das Vaterland, sondern nur zwei so genannte Zeitungen — sind gestern versteigert worden und für 26,000 Francs in die Hände eines Pariser Bankiers gefallen. Herr Emil von Girardin, der an der „Presse“ noch nicht genug zu haben scheint, hatte 25,000 Fr. geboten. Großbritannien. London 26. Juli. Von Dublin wird unter dem 25. Juli gemeldet, daß sich die Clubs selbst aufgelöst haben. Am Tage vorher hieß es, als der Verhaftsbefehl gegen Herrn Smith, O'Brien bekannt wurde, man würde der Regierung mit bewaff- neter Hand widerstehen, Barrikaden errichten, und das Aeußerste wagen. Jetzt scheint dieser Plan, wenn nicht aufgehoben, doch aufgeschoben. Donaufürstenthümer. Von der wallachischen Grenze 14. Juli. ( Br. Z. ) Nach den neuesten Nachrichten aus Bukarest vom 12. waren die Russen von Foksany soweit vorgerückt, daß man ihren Einmarsch in der Hauptstadt der Wallachei binnen längstens zwei Tagen erwartete. Die provisorische Regierung war in ihren Beschlüssen rathlos geworden und sie muß nun das Unvermeidliche hinnehmen. Der Metropolit ist, als Chef derselben, eine bloße Maschine und seine Sympathieen sind ganz sicher für Rußland. Es herrschte vollkommene Ruhe, nachdem sich die meisten Bojaren, welche die Revolution gemacht, geflüchtet haben. Nach den vom rus- sischen Konsul v. Kotzebue mitgetheilten Dispositionen werden sich unverzüglich 10,000 Mann russische Truppen in die kleine Wal- lachei an die Grenze Serbiens ziehen. Es sollen im Ganzen 50,000 Mann in die Fürstenthümer einrücken. Diese Nachricht wird wohl die Partei der Magyaren, die in diesem Augenblick mit ihren slavischen Brüdern kämpfen und dadurch die öster- reichische Monarchie an den Rand des Abgrunds schleudern, zur Besinnung bringen. Alle Blicke in den Donaufürstenthümern waren seit Jahren auf Oesterreich gerichtet und jetzt bemächtigt sich aller Gemüther, bei der Gewißheit, daß der ungarische Mi- nister Kossuth allein diesen Jammer hervorgerufen, eine unbe- schreibliche Muthlosigkeit. Rußland hat, um seinen Einmarsch zu bemänteln, bis heute ganz nach den bestehenden Tractaten verfahren, denn nach den eben eingehenden Nachrichten sind auch 1200 Mann türkische Truppen in Gorijevo angekommen, um dort zu garnisoniren. Somit übt die Pforte gleichzeitig ihr Pro- tektionsrecht über die Wallachei und zwar tractatenmäßig aus. — Aus Jassy wird vom 11. d. gemeldet, daß die meisten Bo- jaren und Fremden die Stadt wegen des Einmarsches der Russen verlassen hatten. Es hieß, die Pest sey in Galacz ausgebrochen, allein es ist sicherlich nur die Cholera, an welcher in einem Tag gegen 200 erkrankten. Ueber die letzte Revolution in der Walachei bringt die Wiener Zeitung eine Mittheilung, aus der wir wieder ersehen können, wie denn heutzutage eigentlich Revolutionen gemacht werden und in welchem Maaße das Volk sich daran betheiligt. „Diese ganze Revolution, heißt es daselbst, ist von der im Auslande, meist in Frankreich, erzogenen Jugend angesponnen und von den Groß- bojaren heimlich angefacht und unterstützt worden. Daß die Letz- teren, welche bei dem Gelingen der Revolution nur zu verlieren hatten — denn Titel, Rang und Besitzthum sollten ihnen genom- men werden, — so handelten, ist dadurch erklärlich, daß sie einer- seits überzeugt waren, eine Revolution in den Fürstenthümern werde von der Pforte und Rußland gewiß unterdrückt, dabei aber der Fürst gestürzt und die Möglichkeit, seinen Platz einzunehmen, ihnen eröffnet werden. Auch hat kein Bojar von Namen und Rang sich der Bewegung öffentlich angeschlossen, die meisten sind schon vor dem Ausbruche auf das Land oder in die Bäder gezogen. Das Volk, nämlich die Bauern, haben bisher die Gutmüthigkeit ihres Naturels beurkundet; es wurde ihnen Eigenthum an Grund und Robotfreiheit verkündigt, und sie haben es mit Mißtrauen und wenig Freude angehört, und wenige Tage darauf hat man ihnen gesagt, sie müßten wieder roboten, und sie haben gefolgt, ohne daß irgendwo ein Conflict erfolgt wäre. Als man die Bauern auffor- dern ließ, sich zu bewaffnen, verweigerten sie es fast überall, sich der Zeiten Thodoris im Jahre 1821 erinnernd, wo man ihnen auch Vieles versprochen und nicht gehalten hatte. Einen Mittelstand, im europäischen Sinne des Wortes, gibt es hier nicht. Wenn von den Handwerkern und Handelsleuten Einer oder der Andere ein wenig Vermögen erwirbt, so ist sein höchster Ehr- geiz auf einen kleinen Bojarenrang gerichtet. Die kleineren Boja- ren, die Söhne der Geistlichen und derjenigen Handwerks= und Handelsleute, welche sich einige Bildung aneignen, drängen sich in alle niederen Administrationen, während die Bojaren zweiten Ranges die höheren und die Bojaren ersten Ranges die höchsten Stellen verfassungsmäßig zu bekleiden berufen sind, ohne die noth- wendigen Kenntnisse, ohne eine Vorbildung zu besitzen. Weder die Bojaren ersten Ranges, noch das Volk haben sich der hier statt- gehabten Bewegung angeschlossen; sie fand ihre Theilnehmer und Enthusiasten in der zwischen Großbojar und Bauer stehen- den eben bezeichneten Klasse, wozu sich viele Fremde gesellten. Man kann sagen, daß es eigentlich ein Dutzend Jndividuen als Führer, und vielleicht fünfzig andere Personen als Anhänger waren, welche die ganze Bewegung gemacht haben, indem sie durch Einfluß auf die Miliz dieselbe wankend machten, so daß die Regierung ohne Stütze blieb; die Uebrigen, welche Aemter angenommen und sich betheiligt haben, thaten es ohne eigent- liches Bewußtseyn. Die Mehrzahl der Bewohner ist zufrieden, daß die revolutionäre Herrschaft ihr Ende errreicht hat. Redacteur: Franz Sausen. — Verlag von Kirchheim und Schott in Mainz. — Druck von Florian Kupferberg.

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Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

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Zitationshilfe: Mainzer Journal. Nr. 46. Mainz, 31. Juli 1848, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_mainzerjournal046_1848/4>, abgerufen am 23.11.2024.