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[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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Wenn auch Herodot nicht an die Untersuchungen über
den Ursprung der Menschen dachte, da diese erst eine Folge
des Christenthums waren, so spricht sich doch in der Lebens-
geschichte des Fabius von Agricola ein Gedenke aus;
der darauf hindeutet, daß alle Völker eine Abstammung haben.
Die Idee der Einheit des Menschengeschlechts wurde erst
durchs Christenthum aufgestellt und herrschend, und eine der
wichtigsten Wohlthaten desselben ist, daß es die persönliche
Freiheit eines großen Theils des Menschengeschlechts ge-
gründet hat, und die Menschheit in eine nähere Beziehung
brachte.

Als Amerika entdeckt wurde, entstand die Frage, ob die
dort Eingebornen als Menschen betrachte werden könnten,
der Pabst entschied diese durch einige Bullen, welche die
Einheit des Menschengeschlechts in allen Ländern der Erde
bekannt machten. Die Lebensweise jener neu ent-
deckten Völker war anderer Art, als die der alten Welt
sie waren nicht Hirtenvölker, waren sie von der Natur
durch die unermeßlichen Waldungen wohl verhindert wurden.
Es ist wunderbar genug daß diese Völker sich nicht einmal
der Bisons bedienten, so wie andere Völker in östlichen
Asien sich nicht die Milch und das Fleisch nutzbar zu machen wußten,

Wenn auch Herodot nicht an die Unterſuchungen über
den Urſprung der Menſchen dachte, da dieſe erſt eine Folge
des Chriſtenthums waren, ſo ſpricht ſich doch in der Lebens-
geſchichte des Fabius von Agricola ein Gedenke aus;
der darauf hindeutet, daß alle Völker eine Abſtammung haben.
Die Idee der Einheit des Menſchengeſchlechts wurde erſt
durchs Chriſtenthum aufgeſtellt und herrſchend, und eine der
wichtigſten Wohlthaten deſſelben iſt, daß es die perſönliche
Freiheit eines großen Theils des Menſchengeſchlechts ge-
gründet hat, und die Menſchheit in eine nähere Beziehung
brachte.

Als Amerika entdeckt wurde, entſtand die Frage, ob die
dort Eingebornen als Menſchen betrachte werden könnten,
der Pabſt entſchied dieſe durch einige Bullen, welche die
Einheit des Menſchengeſchlechts in allen Ländern der Erde
bekannt machten. Die Lebensweiſe jener neu ent-
deckten Völker war anderer Art, als die der alten Welt
ſie waren nicht Hirtenvölker, waren ſie von der Natur
durch die unermeßlichen Waldungen wohl verhindert wurden.
Es iſt wunderbar genug daß dieſe Völker ſich nicht einmal
der Biſons bedienten, ſo wie andere Völker in öſtlichen
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[572./0578] Wenn auch Herodot nicht an die Unterſuchungen über den Urſprung der Menſchen dachte, da dieſe erſt eine Folge des Chriſtenthums waren, ſo ſpricht ſich doch in der Lebens- geſchichte des Fabius von Agricola ein Gedenke aus; der darauf hindeutet, daß alle Völker eine Abſtammung haben. Die Idee der Einheit des Menſchengeſchlechts wurde erſt durchs Chriſtenthum aufgeſtellt und herrſchend, und eine der wichtigſten Wohlthaten deſſelben iſt, daß es die perſönliche Freiheit eines großen Theils des Menſchengeſchlechts ge- gründet hat, und die Menſchheit in eine nähere Beziehung brachte. Als Amerika entdeckt wurde, entſtand die Frage, ob die dort Eingebornen als Menſchen betrachte werden könnten, der Pabſt entſchied dieſe durch einige Bullen, welche die Einheit des Menſchengeſchlechts in allen Ländern der Erde bekannt machten. Die Lebensweiſe jener neu ent- deckten Völker war anderer Art, als die der alten Welt ſie waren nicht Hirtenvölker, waren ſie von der Natur durch die unermeßlichen Waldungen wohl verhindert wurden. Es iſt wunderbar genug daß dieſe Völker ſich nicht einmal der Biſons bedienten, ſo wie andere Völker in öſtlichen Aſien ſich nicht die Milch und das Fleiſch nutzbar zu machen wußten,

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Zitationshilfe: [N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 572.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/578>, abgerufen am 23.11.2024.