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Social-politische Blätter. 1. Lieferung. Berlin, 7. Februar 1874.

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24 Zur Unterhaltung und Belehrung. 24
[Beginn Spaltensatz]

Der Zweck deines Lebens sei Vervollkommnung im Guten.
Gut ist Alles, was zur Gesundheit deines eigenen Körpers und
Geistes, wie jener anderer Menschen beiträgt.



Verliere nie jenen Lebenszweck aus den Augen, auch bei
Kleinigkeiten niemals. Glaube, daß keine Handlung so gering-
fügig sei, um nicht irgend eine Tugend durch sie zu fördern.
Bei körperlichen Schmerzen und unangenehmen Geschäften übe
mindestens die Geduld, deren der Mensch so sehr und so oft be-
darf, und welche die beste Schützerin ist gegen die üble Laune.



Was du thust, vertraue auf die Vorsehung, und vertraue
auf dich selbst. Eines von diesen ohne das Andere wird dir
selten frommen; aber Beide vereinigt retten dich aus jeder Lage,
ermuthigen dich in jedem Unternehmen.



Droht ein Unfall dich in die tiefe Schwermuth der Ver-
zweiflung hinabzustoßen, erbarme dich an deiner göttlichen Natur.
Was könnte Den zu Boden schlagen, dessen Wille frei ist und
Keinem unterworfen?



Album der Poesie.
Abendmahl der Schöpfung.
Wie liegt verklärt das Berggelände
Jm purpurklaren Abendstrahl!
Wie bieten freundlich sich die Hände
Der rauhe Fels, das sanste Thal!
Zur Linken steigt der Reben Fülle
Hinauf durch Steingeröll und Dorn;
Zur Rechten rauscht in falber Hülle
Schon mählig reifend goldnes Korn.
O selig, mitten inne schweifen
Auf engem Pfad durch laue Luft,
Vom Korn die letzten Blüthen streifen,
Und saugen Rebenblüthenduft!
Bald wird vom Strahl der Sommersonnen
Dies Korn zum Brod bereitet sein;
Sich selber opfernd, in die Tonnen
Gießt bald die Traub' ihr Blut als Wein.
Jn Ahnung bin ich schon begnadet,
Mein Gottestempel wird die Flur!
Zu ihrem Abendmahle ladet
Mit Brod und Wein mich die Natur.
Gottfried Kinkel.


Schein.
Gut ist's, einen Wunsch zu hegen
Jn der Brust geheimstem Schrein,
Mit dem Wahn, an ihm gelegen
Sei dein volles Glück allein.
Gut ist's, daß der Himmel immer
Dir verschiebt die Wunschgewähr,
Denn beglückt, du wärst es nimmer,
Und du hofftest es nicht mehr.


[Spaltenumbruch]
Abend am Meere.
O Meer im Abendstrahl,
An deiner stillen Fluth
Fühl' ich nach langer Qual
Mich wieder fromm und gut.
Das heiße Herz vergißt,
Woran sich's müd' gekämpft,
Und jeder Wehruf ist
Zu Melodie gedämpst.
Kaum daß ein leises Weh
Durchgleitet das Gemüth,
Wie durch die stumme See
Ein weißes Segel zieht.
Alfred Meiszner.


Muth.
O Herz, laß ab zu zagen,
Und von dir wirf das Joch;
Du hast so viel getragen,
Du trägst auch dieses noch.
Tritt auf in blanken Waffen,
Mein Geist, und werde frei;
Es gilt noch mehr zu schaffen,
Als einen Lebensmai.
Und ob die Brust auch blutet,
Nur vorwärts in die Bahn!
Du weißt, am vollsten fluthet
Gesang dem wunden Schwan.
Emanuel Geibel.


Glückselig.
Wir tauschten uns're Gedanken
Und lauschten auf jedes Wort;
Wir saßen im Kahne, es rauschten
Die Wellen immerfort.
Wir drückten uns die Hände
Und waren schier entzückt,
Und unsere Augen sagten,
Daß wir so ganz beglückt.
Die Wellen schlugen leise
Und kosend an das Boot,
Am fernen Abendhimmel
Strahlte das Abendroth.
Es athmete Liebe und Freude
Die ganze, weite Natur,
Und Alles jauchzte: Glückselig
Macht glückliche Liebe nur;
Wir riefen dazwischen: Glückselig
Wie wir sei die ganze Welt! --
Und sprachen den schönsten Segen
So über die ganze Welt.
W. H.
[Ende Spaltensatz]

Jnhalt der 1. Lieferung: 1. Zu früh! -- 2. Der Lassalle'sche Vorschlag zur Lösung der Arbeiterfrage. -- 3. Der gesetzlich festgestellte Normal-
arbeitstag. -- 4. Der Waffensch mied. ( Erzählung aus dem Hussitenkriege. ) -- 5. Der Kulihandel. -- 6. Social=politische Parteien.
( Fortsetzung. ) -- 7. Postdienst zwischen Himmel und Erde. -- 8. Eine Erinnerung. -- 9. Jn der Schenke. -- 10. Ferdinand Laffalle's
Leben und Wirken. -- 11. Centralisation und Decentralisation. -- 12. Die Lohnarbeit. -- 13. Die Stückarbeit. -- 14. Die Mor-
monen III. -- 15. Das Recht der Arbeit. -- 16. Sinnsprüche. -- 17. Album der Poesie.



Druck und Verlag von C. Jhring's Wwe. in Berlin, Dresdenerstraße 84.

24 Zur Unterhaltung und Belehrung. 24
[Beginn Spaltensatz]

Der Zweck deines Lebens sei Vervollkommnung im Guten.
Gut ist Alles, was zur Gesundheit deines eigenen Körpers und
Geistes, wie jener anderer Menschen beiträgt.



Verliere nie jenen Lebenszweck aus den Augen, auch bei
Kleinigkeiten niemals. Glaube, daß keine Handlung so gering-
fügig sei, um nicht irgend eine Tugend durch sie zu fördern.
Bei körperlichen Schmerzen und unangenehmen Geschäften übe
mindestens die Geduld, deren der Mensch so sehr und so oft be-
darf, und welche die beste Schützerin ist gegen die üble Laune.



Was du thust, vertraue auf die Vorsehung, und vertraue
auf dich selbst. Eines von diesen ohne das Andere wird dir
selten frommen; aber Beide vereinigt retten dich aus jeder Lage,
ermuthigen dich in jedem Unternehmen.



Droht ein Unfall dich in die tiefe Schwermuth der Ver-
zweiflung hinabzustoßen, erbarme dich an deiner göttlichen Natur.
Was könnte Den zu Boden schlagen, dessen Wille frei ist und
Keinem unterworfen?



Album der Poesie.
Abendmahl der Schöpfung.
Wie liegt verklärt das Berggelände
Jm purpurklaren Abendstrahl!
Wie bieten freundlich sich die Hände
Der rauhe Fels, das sanste Thal!
Zur Linken steigt der Reben Fülle
Hinauf durch Steingeröll und Dorn;
Zur Rechten rauscht in falber Hülle
Schon mählig reifend goldnes Korn.
O selig, mitten inne schweifen
Auf engem Pfad durch laue Luft,
Vom Korn die letzten Blüthen streifen,
Und saugen Rebenblüthenduft!
Bald wird vom Strahl der Sommersonnen
Dies Korn zum Brod bereitet sein;
Sich selber opfernd, in die Tonnen
Gießt bald die Traub' ihr Blut als Wein.
Jn Ahnung bin ich schon begnadet,
Mein Gottestempel wird die Flur!
Zu ihrem Abendmahle ladet
Mit Brod und Wein mich die Natur.
Gottfried Kinkel.


Schein.
Gut ist's, einen Wunsch zu hegen
Jn der Brust geheimstem Schrein,
Mit dem Wahn, an ihm gelegen
Sei dein volles Glück allein.
Gut ist's, daß der Himmel immer
Dir verschiebt die Wunschgewähr,
Denn beglückt, du wärst es nimmer,
Und du hofftest es nicht mehr.


[Spaltenumbruch]
Abend am Meere.
O Meer im Abendstrahl,
An deiner stillen Fluth
Fühl' ich nach langer Qual
Mich wieder fromm und gut.
Das heiße Herz vergißt,
Woran sich's müd' gekämpft,
Und jeder Wehruf ist
Zu Melodie gedämpst.
Kaum daß ein leises Weh
Durchgleitet das Gemüth,
Wie durch die stumme See
Ein weißes Segel zieht.
Alfred Meiszner.


Muth.
O Herz, laß ab zu zagen,
Und von dir wirf das Joch;
Du hast so viel getragen,
Du trägst auch dieses noch.
Tritt auf in blanken Waffen,
Mein Geist, und werde frei;
Es gilt noch mehr zu schaffen,
Als einen Lebensmai.
Und ob die Brust auch blutet,
Nur vorwärts in die Bahn!
Du weißt, am vollsten fluthet
Gesang dem wunden Schwan.
Emanuel Geibel.


Glückselig.
Wir tauschten uns're Gedanken
Und lauschten auf jedes Wort;
Wir saßen im Kahne, es rauschten
Die Wellen immerfort.
Wir drückten uns die Hände
Und waren schier entzückt,
Und unsere Augen sagten,
Daß wir so ganz beglückt.
Die Wellen schlugen leise
Und kosend an das Boot,
Am fernen Abendhimmel
Strahlte das Abendroth.
Es athmete Liebe und Freude
Die ganze, weite Natur,
Und Alles jauchzte: Glückselig
Macht glückliche Liebe nur;
Wir riefen dazwischen: Glückselig
Wie wir sei die ganze Welt! —
Und sprachen den schönsten Segen
So über die ganze Welt.
W. H.
[Ende Spaltensatz]

Jnhalt der 1. Lieferung: 1. Zu früh! — 2. Der Lassalle'sche Vorschlag zur Lösung der Arbeiterfrage. — 3. Der gesetzlich festgestellte Normal-
arbeitstag. — 4. Der Waffensch mied. ( Erzählung aus dem Hussitenkriege. ) — 5. Der Kulihandel. — 6. Social=politische Parteien.
( Fortsetzung. ) — 7. Postdienst zwischen Himmel und Erde. — 8. Eine Erinnerung. — 9. Jn der Schenke. — 10. Ferdinand Laffalle's
Leben und Wirken. — 11. Centralisation und Decentralisation. — 12. Die Lohnarbeit. — 13. Die Stückarbeit. — 14. Die Mor-
monen III. — 15. Das Recht der Arbeit. — 16. Sinnsprüche. — 17. Album der Poesie.



Druck und Verlag von C. Jhring's Wwe. in Berlin, Dresdenerstraße 84.

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[13/0024] 24 Zur Unterhaltung und Belehrung. 24 Der Zweck deines Lebens sei Vervollkommnung im Guten. Gut ist Alles, was zur Gesundheit deines eigenen Körpers und Geistes, wie jener anderer Menschen beiträgt. Verliere nie jenen Lebenszweck aus den Augen, auch bei Kleinigkeiten niemals. Glaube, daß keine Handlung so gering- fügig sei, um nicht irgend eine Tugend durch sie zu fördern. Bei körperlichen Schmerzen und unangenehmen Geschäften übe mindestens die Geduld, deren der Mensch so sehr und so oft be- darf, und welche die beste Schützerin ist gegen die üble Laune. Was du thust, vertraue auf die Vorsehung, und vertraue auf dich selbst. Eines von diesen ohne das Andere wird dir selten frommen; aber Beide vereinigt retten dich aus jeder Lage, ermuthigen dich in jedem Unternehmen. Droht ein Unfall dich in die tiefe Schwermuth der Ver- zweiflung hinabzustoßen, erbarme dich an deiner göttlichen Natur. Was könnte Den zu Boden schlagen, dessen Wille frei ist und Keinem unterworfen? Album der Poesie. Abendmahl der Schöpfung. Wie liegt verklärt das Berggelände Jm purpurklaren Abendstrahl! Wie bieten freundlich sich die Hände Der rauhe Fels, das sanste Thal! Zur Linken steigt der Reben Fülle Hinauf durch Steingeröll und Dorn; Zur Rechten rauscht in falber Hülle Schon mählig reifend goldnes Korn. O selig, mitten inne schweifen Auf engem Pfad durch laue Luft, Vom Korn die letzten Blüthen streifen, Und saugen Rebenblüthenduft! Bald wird vom Strahl der Sommersonnen Dies Korn zum Brod bereitet sein; Sich selber opfernd, in die Tonnen Gießt bald die Traub' ihr Blut als Wein. Jn Ahnung bin ich schon begnadet, Mein Gottestempel wird die Flur! Zu ihrem Abendmahle ladet Mit Brod und Wein mich die Natur. Gottfried Kinkel. Schein. Gut ist's, einen Wunsch zu hegen Jn der Brust geheimstem Schrein, Mit dem Wahn, an ihm gelegen Sei dein volles Glück allein. Gut ist's, daß der Himmel immer Dir verschiebt die Wunschgewähr, Denn beglückt, du wärst es nimmer, Und du hofftest es nicht mehr. Abend am Meere. O Meer im Abendstrahl, An deiner stillen Fluth Fühl' ich nach langer Qual Mich wieder fromm und gut. Das heiße Herz vergißt, Woran sich's müd' gekämpft, Und jeder Wehruf ist Zu Melodie gedämpst. Kaum daß ein leises Weh Durchgleitet das Gemüth, Wie durch die stumme See Ein weißes Segel zieht. Alfred Meiszner. Muth. O Herz, laß ab zu zagen, Und von dir wirf das Joch; Du hast so viel getragen, Du trägst auch dieses noch. Tritt auf in blanken Waffen, Mein Geist, und werde frei; Es gilt noch mehr zu schaffen, Als einen Lebensmai. Und ob die Brust auch blutet, Nur vorwärts in die Bahn! Du weißt, am vollsten fluthet Gesang dem wunden Schwan. Emanuel Geibel. Glückselig. Wir tauschten uns're Gedanken Und lauschten auf jedes Wort; Wir saßen im Kahne, es rauschten Die Wellen immerfort. Wir drückten uns die Hände Und waren schier entzückt, Und unsere Augen sagten, Daß wir so ganz beglückt. Die Wellen schlugen leise Und kosend an das Boot, Am fernen Abendhimmel Strahlte das Abendroth. Es athmete Liebe und Freude Die ganze, weite Natur, Und Alles jauchzte: Glückselig Macht glückliche Liebe nur; Wir riefen dazwischen: Glückselig Wie wir sei die ganze Welt! — Und sprachen den schönsten Segen So über die ganze Welt. W. H. Jnhalt der 1. Lieferung: 1. Zu früh! — 2. Der Lassalle'sche Vorschlag zur Lösung der Arbeiterfrage. — 3. Der gesetzlich festgestellte Normal- arbeitstag. — 4. Der Waffensch mied. ( Erzählung aus dem Hussitenkriege. ) — 5. Der Kulihandel. — 6. Social=politische Parteien. ( Fortsetzung. ) — 7. Postdienst zwischen Himmel und Erde. — 8. Eine Erinnerung. — 9. Jn der Schenke. — 10. Ferdinand Laffalle's Leben und Wirken. — 11. Centralisation und Decentralisation. — 12. Die Lohnarbeit. — 13. Die Stückarbeit. — 14. Die Mor- monen III. — 15. Das Recht der Arbeit. — 16. Sinnsprüche. — 17. Album der Poesie. Druck und Verlag von C. Jhring's Wwe. in Berlin, Dresdenerstraße 84.

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Zitationshilfe: Social-politische Blätter. 1. Lieferung. Berlin, 7. Februar 1874, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social01_1874/24>, abgerufen am 23.11.2024.