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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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trachtete sie wie ein überirdisches Wesen, und
alle Prinzen aus andern Ländern, die sich
mit Ansprüchen auf sie am Hofe gezeigt hat¬
ten, schienen so tief unter ihr zu seyn, daß
kein Mensch auf den Einfall kam, die Prin¬
zessin oder der König werde die Augen auf
einen unter ihnen richten. Das Gefühl des
Abstandes hatte sie auch allmählich alle ver¬
scheucht, und das ausgesprengte Gerücht des
ausschweifenden Stolzes dieser königlichen
Familie schien Andern alle Lust zu benehmen,
sich ebenfalls gedemüthigt zu sehn. Ganz
ungegründet war auch dieses Gerücht nicht.
Der König war bey aller Milde beynah un¬
willkührlich in ein Gefühl der Erhabenheit
gerathen, was ihm jeden Gedanken an die
Verbindung seiner Tochter mit einem Manne
von niedrigerem Stande und dunklerer
Herkunft unmöglich oder unerträglich mach¬
te. Ihr hoher, einziger Werth hatte jenes

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trachtete ſie wie ein überirdiſches Weſen, und
alle Prinzen aus andern Ländern, die ſich
mit Anſprüchen auf ſie am Hofe gezeigt hat¬
ten, ſchienen ſo tief unter ihr zu ſeyn, daß
kein Menſch auf den Einfall kam, die Prin¬
zeſſin oder der König werde die Augen auf
einen unter ihnen richten. Das Gefühl des
Abſtandes hatte ſie auch allmählich alle ver¬
ſcheucht, und das ausgeſprengte Gerücht des
ausſchweifenden Stolzes dieſer königlichen
Familie ſchien Andern alle Luſt zu benehmen,
ſich ebenfalls gedemüthigt zu ſehn. Ganz
ungegründet war auch dieſes Gerücht nicht.
Der König war bey aller Milde beynah un¬
willkührlich in ein Gefühl der Erhabenheit
gerathen, was ihm jeden Gedanken an die
Verbindung ſeiner Tochter mit einem Manne
von niedrigerem Stande und dunklerer
Herkunft unmöglich oder unerträglich mach¬
te. Ihr hoher, einziger Werth hatte jenes

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[65/0073] trachtete ſie wie ein überirdiſches Weſen, und alle Prinzen aus andern Ländern, die ſich mit Anſprüchen auf ſie am Hofe gezeigt hat¬ ten, ſchienen ſo tief unter ihr zu ſeyn, daß kein Menſch auf den Einfall kam, die Prin¬ zeſſin oder der König werde die Augen auf einen unter ihnen richten. Das Gefühl des Abſtandes hatte ſie auch allmählich alle ver¬ ſcheucht, und das ausgeſprengte Gerücht des ausſchweifenden Stolzes dieſer königlichen Familie ſchien Andern alle Luſt zu benehmen, ſich ebenfalls gedemüthigt zu ſehn. Ganz ungegründet war auch dieſes Gerücht nicht. Der König war bey aller Milde beynah un¬ willkührlich in ein Gefühl der Erhabenheit gerathen, was ihm jeden Gedanken an die Verbindung ſeiner Tochter mit einem Manne von niedrigerem Stande und dunklerer Herkunft unmöglich oder unerträglich mach¬ te. Ihr hoher, einziger Werth hatte jenes E

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/73>, abgerufen am 23.11.2024.