nung zu groß gewesen wie seine dichterischen Flügel¬ federn -- daß er die Erde nicht aus der Erde, son¬ dern zu sehr aus dem Jupiter betrachtet, auf dessen Sternwarte sie zu einem Feuerfunken einkriechen mußte und daß er also die Erde verloren, ohne doch den Jupiter dafür zu bekommen. -- -- Vergeblich widersprach ihm Viktor mit dem wahren Satze, daß der höhere Mensch gleich den Mahlern mit Wasser¬ farben, allezeit sein Lebensstück mit dem Hinter¬ grunde und mit dem Himmel anfangen, den Oelmahler und niedere Menschen zuletzt machen; seine Antwort war die Klage, daß er leider nicht fortgemahlet bis zum Vorgrunde. Endlich warf er sich auch vor, daß er zu viele Umstände bei einer so kleinen Trennung gemacht als der Tod wenigstens für den der gehe, sey, da die andern Trennungen auf der Erde doch länger, herber und doppel¬ seitig wären.
Sie kamen dadurch auf die Erkennungen jen¬ seits dieses Theaters. Viktor sagte, er könne Ver¬ muthungen über die Erde hinaus nicht so verschreien wie mancher Weise: denn wir müßten doch über die Erde hinausvermuthen, und denken, wir möchten bejahen oder verneinen. "Ohne die Fortdauer der "Erinnerung (sagte er) ist mir die Fortdauer meines "Ichs so viel wie die eines fremden d. h. keine: so
nung zu groß geweſen wie ſeine dichteriſchen Fluͤgel¬ federn — daß er die Erde nicht aus der Erde, ſon¬ dern zu ſehr aus dem Jupiter betrachtet, auf deſſen Sternwarte ſie zu einem Feuerfunken einkriechen mußte und daß er alſo die Erde verloren, ohne doch den Jupiter dafuͤr zu bekommen. — — Vergeblich widerſprach ihm Viktor mit dem wahren Satze, daß der hoͤhere Menſch gleich den Mahlern mit Waſſer¬ farben, allezeit ſein Lebensſtuͤck mit dem Hinter¬ grunde und mit dem Himmel anfangen, den Oelmahler und niedere Menſchen zuletzt machen; ſeine Antwort war die Klage, daß er leider nicht fortgemahlet bis zum Vorgrunde. Endlich warf er ſich auch vor, daß er zu viele Umſtaͤnde bei einer ſo kleinen Trennung gemacht als der Tod wenigſtens fuͤr den der gehe, ſey, da die andern Trennungen auf der Erde doch laͤnger, herber und doppel¬ ſeitig waͤren.
Sie kamen dadurch auf die Erkennungen jen¬ ſeits dieſes Theaters. Viktor ſagte, er koͤnne Ver¬ muthungen uͤber die Erde hinaus nicht ſo verſchreien wie mancher Weiſe: denn wir muͤßten doch uͤber die Erde hinausvermuthen, und denken, wir moͤchten bejahen oder verneinen. »Ohne die Fortdauer der »Erinnerung (ſagte er) iſt mir die Fortdauer meines »Ichs ſo viel wie die eines fremden d. h. keine: ſo
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0297"n="287"/>
nung zu groß geweſen wie ſeine dichteriſchen Fluͤgel¬<lb/>
federn — daß er die Erde nicht aus der Erde, ſon¬<lb/>
dern zu ſehr aus dem Jupiter betrachtet, auf deſſen<lb/>
Sternwarte ſie zu einem Feuerfunken einkriechen<lb/>
mußte und daß er alſo die Erde verloren, ohne doch<lb/>
den Jupiter dafuͤr zu bekommen. —— Vergeblich<lb/>
widerſprach ihm Viktor mit dem wahren Satze, daß<lb/>
der hoͤhere Menſch gleich den Mahlern mit Waſſer¬<lb/>
farben, allezeit ſein Lebensſtuͤck mit dem <hirendition="#g">Hinter¬<lb/>
grunde</hi> und mit dem <hirendition="#g">Himmel</hi> anfangen, den<lb/>
Oelmahler und niedere Menſchen zuletzt machen;<lb/>ſeine Antwort war die Klage, daß er leider nicht<lb/>
fortgemahlet bis zum Vorgrunde. Endlich warf er<lb/>ſich auch vor, daß er zu viele Umſtaͤnde bei einer ſo<lb/>
kleinen Trennung gemacht als der Tod wenigſtens<lb/>
fuͤr den der gehe, ſey, da die andern Trennungen<lb/>
auf der Erde doch <hirendition="#g">laͤnger</hi>, <hirendition="#g">herber</hi> und <hirendition="#g">doppel¬<lb/>ſeitig</hi> waͤren.</p><lb/><p>Sie kamen dadurch auf die <hirendition="#g">Erkennungen</hi> jen¬<lb/>ſeits <hirendition="#g">dieſes</hi> Theaters. Viktor ſagte, er koͤnne Ver¬<lb/>
muthungen uͤber die Erde hinaus nicht ſo verſchreien<lb/>
wie mancher Weiſe: denn wir <hirendition="#g">muͤßten</hi> doch uͤber<lb/>
die Erde hinausvermuthen, und denken, wir moͤchten<lb/>
bejahen oder verneinen. »Ohne die Fortdauer der<lb/>
»Erinnerung (ſagte er) iſt mir die Fortdauer meines<lb/>
»Ichs ſo viel wie die eines fremden d. h. keine: ſo<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[287/0297]
nung zu groß geweſen wie ſeine dichteriſchen Fluͤgel¬
federn — daß er die Erde nicht aus der Erde, ſon¬
dern zu ſehr aus dem Jupiter betrachtet, auf deſſen
Sternwarte ſie zu einem Feuerfunken einkriechen
mußte und daß er alſo die Erde verloren, ohne doch
den Jupiter dafuͤr zu bekommen. — — Vergeblich
widerſprach ihm Viktor mit dem wahren Satze, daß
der hoͤhere Menſch gleich den Mahlern mit Waſſer¬
farben, allezeit ſein Lebensſtuͤck mit dem Hinter¬
grunde und mit dem Himmel anfangen, den
Oelmahler und niedere Menſchen zuletzt machen;
ſeine Antwort war die Klage, daß er leider nicht
fortgemahlet bis zum Vorgrunde. Endlich warf er
ſich auch vor, daß er zu viele Umſtaͤnde bei einer ſo
kleinen Trennung gemacht als der Tod wenigſtens
fuͤr den der gehe, ſey, da die andern Trennungen
auf der Erde doch laͤnger, herber und doppel¬
ſeitig waͤren.
Sie kamen dadurch auf die Erkennungen jen¬
ſeits dieſes Theaters. Viktor ſagte, er koͤnne Ver¬
muthungen uͤber die Erde hinaus nicht ſo verſchreien
wie mancher Weiſe: denn wir muͤßten doch uͤber
die Erde hinausvermuthen, und denken, wir moͤchten
bejahen oder verneinen. »Ohne die Fortdauer der
»Erinnerung (ſagte er) iſt mir die Fortdauer meines
»Ichs ſo viel wie die eines fremden d. h. keine: ſo
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_hesperus03_1795/297>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.