Jean Paul: Hesperus, oder 45 Hundsposttage. Drittes Heftlein. Berlin, 1795.zunge die Füße zu lecken, in deren Ferse er vorher Armer Viktor! der Unglückliche braucht Thätig¬ zunge die Fuͤße zu lecken‚ in deren Ferſe er vorher Armer Viktor! der Ungluͤckliche braucht Thaͤtig¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0345" n="335"/> zunge die Fuͤße zu lecken‚ in deren Ferſe er vorher<lb/> mit ſeinem Giftgebiß geſtochen hatte — aber Gro¬<lb/> biane vergeben nie: Kuhlpepper verachtete den<lb/> »Neunundneunziger» und der Neunundneunziger<lb/> wieder meinen Hofmedikus‚ wiewol er ihn aus<lb/> Furcht — wie der Fuͤrſt aus Gemaͤchlichkeit — we¬<lb/> der vor den Kopf noch aus dem Hauſe zu ſtoßen<lb/> wagte.</p><lb/> <p>Armer Viktor! der Ungluͤckliche braucht Thaͤtig¬<lb/> keit wie der Gluͤckliche Ruhe; und doch mußteſt du<lb/> gebunden in die Zukunft wie in ein ausgedehntes her¬<lb/> antreibendes Gewitter ſchauen — Du konnteſt ſie<lb/> weder verdraͤngen noch lenken noch beſchleunigen,<lb/> und hatteſt nicht einmal den Troſt, dem Schmerze<lb/> die Waffen zu ſchmieden, und wie Simſon den<lb/> Krampf der Qual durch Erſchuͤtterungen der Saͤu¬<lb/> len auszulaſſen und — auszuloͤſchen! — Er konnte<lb/> nicht einmal fuͤr den gefangenen Liebling etwas<lb/> thun, den er in einen noch groͤßern Jammer getrie¬<lb/> ben: denn Flamins Leiden fuͤhrten wieder die<lb/><hi rendition="#g">Freundſchaft</hi> fuͤr ihn in ſeinen Buſen ein‚ obwol<lb/> verkappt in den Domino der <hi rendition="#g">Menſchenliebe</hi>. Er<lb/> muſt' es erwarten‚ aber er konnt es nicht errathen‚<lb/> ob der Lord komme oder lebe — welches beides<lb/> durch deſſen Schweigen und durch die Unſichtbarkeit<lb/> des fuͤnften Fuͤrſtenſohnes wenig fuͤr ſich hatte. — —<lb/> Zuletzt ſtand er in Furcht vor dem — Schlaf‚ zu¬<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [335/0345]
zunge die Fuͤße zu lecken‚ in deren Ferſe er vorher
mit ſeinem Giftgebiß geſtochen hatte — aber Gro¬
biane vergeben nie: Kuhlpepper verachtete den
»Neunundneunziger» und der Neunundneunziger
wieder meinen Hofmedikus‚ wiewol er ihn aus
Furcht — wie der Fuͤrſt aus Gemaͤchlichkeit — we¬
der vor den Kopf noch aus dem Hauſe zu ſtoßen
wagte.
Armer Viktor! der Ungluͤckliche braucht Thaͤtig¬
keit wie der Gluͤckliche Ruhe; und doch mußteſt du
gebunden in die Zukunft wie in ein ausgedehntes her¬
antreibendes Gewitter ſchauen — Du konnteſt ſie
weder verdraͤngen noch lenken noch beſchleunigen,
und hatteſt nicht einmal den Troſt, dem Schmerze
die Waffen zu ſchmieden, und wie Simſon den
Krampf der Qual durch Erſchuͤtterungen der Saͤu¬
len auszulaſſen und — auszuloͤſchen! — Er konnte
nicht einmal fuͤr den gefangenen Liebling etwas
thun, den er in einen noch groͤßern Jammer getrie¬
ben: denn Flamins Leiden fuͤhrten wieder die
Freundſchaft fuͤr ihn in ſeinen Buſen ein‚ obwol
verkappt in den Domino der Menſchenliebe. Er
muſt' es erwarten‚ aber er konnt es nicht errathen‚
ob der Lord komme oder lebe — welches beides
durch deſſen Schweigen und durch die Unſichtbarkeit
des fuͤnften Fuͤrſtenſohnes wenig fuͤr ſich hatte. — —
Zuletzt ſtand er in Furcht vor dem — Schlaf‚ zu¬
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