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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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eines gewissen Beicht-Vaters.
§. VI.

Wenn ich die Sache recht genau überlege/ soUrsache des
eingeführ-
ten Zwang-
Rechts.

finde ich von diesem Zwang-Recht keine andere Ursache/ als
daß auch in diesem Stück die Kirche nach Art eines gemei-
nen Wesens eingerichtet wäre. Man hat die Layen dem Ge-
horsam der Geistlichen auch in diesem Stück unterwerffen
wollen a). Dieses desto besser zu erlangen/ suchte man de-
nen armen Layen alle Freyheit abzuschneiden. Also hat

man
dekenno, Mengeringio, Mencelio und andern. Endlich ge-
räth er gar auf die Bibel. Da soll von denen Beicht-Vätern
schon etwas geordnet seyn, da man doch nichts von einer Beichte
gewust. Allein Harprecht saget 1. Petr. V, 2. ist denen Bischöf-
fen befohlen, die ihnen anvertraute Heerde zu weyden. Hebr.
X,
25.
werden die Christen erinnert die Versammlungen nicht zu
verlassen. Ergo. Aber diese Sprüche beweisen die thesin nicht.
Vielleicht gehet es aber an, wenn man sich auf 1. Cor. XIV, 40.
beruffet, allwo die eutaxia anbefohlen wird. Jch finde aber den-
noch daselbst nichts von einem Zwang-Recht. Harprecht hat
noch verschiedene Stellen zusammen geraspelt, aber sie bewei-
sen nichts. Denn das gantze Zwang-Recht der Pfarrer, so sie
in diesem Stück praetendiren, ist aus dem Canonischen Recht, und
sonst nirgends herzuhohlen.
a) Daß die Clerisey bey ihren Anordnungen den Staat eines gemei-Man hat die
Anordnung ei-
nes bürgerli-
chen Wesens
vor Augen ge-
habt.

nen bürgerlichen Wesens vor Augen gehabt, ist schon erinnert
worden. Was den Punct von der Beichte betrifft, leugnen sie
solches gantz und gar nicht. Sie sagen, es sey ein wesentliches
Stück
einer Parochial-Kirche, daß solche ein forum poenitentiale
und Buß- und Beicht-Gerichte hätte. Wie nun in bürgerlichen
Strittigkeiten niemand von einem frembden Richter kan verdam-
met oder loßgezehlet werden; so wäre es auch in dem foro poe-
nitentiali.
Man müste der Sachen Untersuchung dem ordent-
lichen Richter
überlassen. Es sey jedem Priester durch die Or-
dination
das Recht zu lösen und zu binden gegeben. Dieses aber
könnte er nicht exerciren, wenn er keine Unterthanen hätte. Vid.
Marqa cit. l. n. 486.

b) Wer
eines gewiſſen Beicht-Vaters.
§. VI.

Wenn ich die Sache recht genau uͤberlege/ ſoUrſache des
eingefuͤhr-
ten Zwang-
Rechts.

finde ich von dieſem Zwang-Recht keine andere Urſache/ als
daß auch in dieſem Stuͤck die Kirche nach Art eines gemei-
nen Weſens eingerichtet waͤre. Man hat die Layen dem Ge-
horſam der Geiſtlichen auch in dieſem Stuͤck unterwerffen
wollen a). Dieſes deſto beſſer zu erlangen/ ſuchte man de-
nen armen Layen alle Freyheit abzuſchneiden. Alſo hat

man
dekenno, Mengeringio, Mencelio und andern. Endlich ge-
raͤth er gar auf die Bibel. Da ſoll von denen Beicht-Vaͤtern
ſchon etwas geordnet ſeyn, da man doch nichts von einer Beichte
gewuſt. Allein Harprecht ſaget 1. Petr. V, 2. iſt denen Biſchoͤf-
fen befohlen, die ihnen anvertraute Heerde zu weyden. Hebr.
X,
25.
werden die Chriſten erinnert die Verſammlungen nicht zu
verlaſſen. Ergo. Aber dieſe Spruͤche beweiſen die theſin nicht.
Vielleicht gehet es aber an, wenn man ſich auf 1. Cor. XIV, 40.
beruffet, allwo die ἐυταξία anbefohlen wird. Jch finde aber den-
noch daſelbſt nichts von einem Zwang-Recht. Harprecht hat
noch verſchiedene Stellen zuſammen geraſpelt, aber ſie bewei-
ſen nichts. Denn das gantze Zwang-Recht der Pfarrer, ſo ſie
in dieſem Stuͤck prætendiren, iſt aus dem Canoniſchen Recht, und
ſonſt nirgends herzuhohlen.
a) Daß die Cleriſey bey ihren Anordnungen den Staat eines gemei-Man hat die
Anordnung ei-
nes buͤrgerli-
chen Weſens
vor Augen ge-
habt.

nen buͤrgerlichen Weſens vor Augen gehabt, iſt ſchon erinnert
worden. Was den Punct von der Beichte betrifft, leugnen ſie
ſolches gantz und gar nicht. Sie ſagen, es ſey ein weſentliches
Stuͤck
einer Parochial-Kirche, daß ſolche ein forum pœnitentiale
und Buß- und Beicht-Gerichte haͤtte. Wie nun in buͤrgerlichen
Strittigkeiten niemand von einem frembden Richter kan verdam-
met oder loßgezehlet werden; ſo waͤre es auch in dem foro pœ-
nitentiali.
Man muͤſte der Sachen Unterſuchung dem ordent-
lichen Richter
uͤberlaſſen. Es ſey jedem Prieſter durch die Or-
dination
das Recht zu loͤſen und zu binden gegeben. Dieſes aber
koͤnnte er nicht exerciren, wenn er keine Unterthanen haͤtte. Vid.
Marqa cit. l. n. 486.

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[191/0210] eines gewiſſen Beicht-Vaters. §. VI. Wenn ich die Sache recht genau uͤberlege/ ſo finde ich von dieſem Zwang-Recht keine andere Urſache/ als daß auch in dieſem Stuͤck die Kirche nach Art eines gemei- nen Weſens eingerichtet waͤre. Man hat die Layen dem Ge- horſam der Geiſtlichen auch in dieſem Stuͤck unterwerffen wollen a). Dieſes deſto beſſer zu erlangen/ ſuchte man de- nen armen Layen alle Freyheit abzuſchneiden. Alſo hat man (c) Urſache des eingefuͤhr- ten Zwang- Rechts. a) Daß die Cleriſey bey ihren Anordnungen den Staat eines gemei- nen buͤrgerlichen Weſens vor Augen gehabt, iſt ſchon erinnert worden. Was den Punct von der Beichte betrifft, leugnen ſie ſolches gantz und gar nicht. Sie ſagen, es ſey ein weſentliches Stuͤck einer Parochial-Kirche, daß ſolche ein forum pœnitentiale und Buß- und Beicht-Gerichte haͤtte. Wie nun in buͤrgerlichen Strittigkeiten niemand von einem frembden Richter kan verdam- met oder loßgezehlet werden; ſo waͤre es auch in dem foro pœ- nitentiali. Man muͤſte der Sachen Unterſuchung dem ordent- lichen Richter uͤberlaſſen. Es ſey jedem Prieſter durch die Or- dination das Recht zu loͤſen und zu binden gegeben. Dieſes aber koͤnnte er nicht exerciren, wenn er keine Unterthanen haͤtte. Vid. Marqa cit. l. n. 486. b) Wer (c) dekenno, Mengeringio, Mencelio und andern. Endlich ge- raͤth er gar auf die Bibel. Da ſoll von denen Beicht-Vaͤtern ſchon etwas geordnet ſeyn, da man doch nichts von einer Beichte gewuſt. Allein Harprecht ſaget 1. Petr. V, 2. iſt denen Biſchoͤf- fen befohlen, die ihnen anvertraute Heerde zu weyden. Hebr. X, 25. werden die Chriſten erinnert die Verſammlungen nicht zu verlaſſen. Ergo. Aber dieſe Spruͤche beweiſen die theſin nicht. Vielleicht gehet es aber an, wenn man ſich auf 1. Cor. XIV, 40. beruffet, allwo die ἐυταξία anbefohlen wird. Jch finde aber den- noch daſelbſt nichts von einem Zwang-Recht. Harprecht hat noch verſchiedene Stellen zuſammen geraſpelt, aber ſie bewei- ſen nichts. Denn das gantze Zwang-Recht der Pfarrer, ſo ſie in dieſem Stuͤck prætendiren, iſt aus dem Canoniſchen Recht, und ſonſt nirgends herzuhohlen.

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/210>, abgerufen am 23.11.2024.