Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.eines gewissen Beicht-Vaters. ben/ daß man in diesem Stück gelinder mit denen Zuhörernverfahren müste. Jch will seine eigne Worte hieher setzen: Dieses, saget er a) verdienet weiteres Nachdencken, ob man nicht Freyheit habe, sich einen beständigen Beicht-Vater zu er- wehlen, und den vorbey gehen kan, in dessen Parochie man sich aufhält? Gewißlich, wenn ich die Beichte nach ihrer innerli- chen Beschaffenheit betrachte, so erfordert solche nothwendig ein Vertrauen gegen denjenigen, vor welchem ich beichten soll. Entweder nun ist unsere Beichte nur ein äußerliches Werck, das nur in dem äußerlichen herbeten der Beichte bestehet, und solche kan einem jeden Pfarrer, auch einem solchen, mit dem wir Feindschafft haben, geschehen: oder es ist dieselbe eine aufrichti- ge Offenbahrung des Hertzens, und diese setzet ein Vertrauen zu der Person, der ich mein Hertz entdecken will, zum voraus. Wer wird aber das erstere zugestehen? Darum muß das Letztere wahr seyn. Unsere Meinung leidet auch dadurch keinen Ab- bruch, daß diese Beichte mehr GOtt als dem Beicht-Vater geschähe. Denn weil der Bußfertige auch so dann sein Hertze dem Beicht-Vater entdecken will, und von ihm Trost verlan- get, wie kan er solches thun, wenn er kein Vertrauen zu seinem Pfarrer hat? Die Angst des Gewissens erfordert zum öfftern eine solche vollkommene Entdeckung. Wie kan man aber von demjenigen Trost erwarten, zu welchem ich kein innerliches Vertrauen habe. Dieses Wort aber fassen die wenigsten Prediger. §. VIII. a) In Jur. Paroch. sect. IV. cap. I. §. 12. Illud tamen altioris indaginisBeschaffenheit der Beichte. esse videtur, annon quis possit libere alium in confessionarium perpetuo eligere, praeterito eo, cujus in parochia est constitu- tus? Certe si ipsam confessionem secundum internam suam con- sidero constitutionem, requirit illa necessario fiduciam quandam erga eum, coram quo confessionem edo. Aut enim confessio no- stra est tantum opus operatum, h. e. consistens in externa con- fessionis recitatione, & illa itaque cuilibet Parocho, etiam cum quo inimicitias gerimus, fieri potest: aut vero est sincera cordis denudatio; & illa praesupponit vtique fiduciam erga personam, cui (Recht der Beicht-Stühle.) b b
eines gewiſſen Beicht-Vaters. ben/ daß man in dieſem Stuͤck gelinder mit denen Zuhoͤrernverfahren muͤſte. Jch will ſeine eigne Worte hieher ſetzen: Dieſes, ſaget er a) verdienet weiteres Nachdencken, ob man nicht Freyheit habe, ſich einen beſtaͤndigen Beicht-Vater zu er- wehlen, und den vorbey gehen kan, in deſſen Parochie man ſich aufhaͤlt? Gewißlich, wenn ich die Beichte nach ihrer innerli- chen Beſchaffenheit betrachte, ſo erfordert ſolche nothwendig ein Vertrauen gegen denjenigen, vor welchem ich beichten ſoll. Entweder nun iſt unſere Beichte nur ein aͤußerliches Werck, das nur in dem aͤußerlichen herbeten der Beichte beſtehet, und ſolche kan einem jeden Pfarrer, auch einem ſolchen, mit dem wir Feindſchafft haben, geſchehen: oder es iſt dieſelbe eine aufrichti- ge Offenbahrung des Hertzens, und dieſe ſetzet ein Vertrauen zu der Perſon, der ich mein Hertz entdecken will, zum voraus. Wer wird aber das erſtere zugeſtehen? Darum muß das Letztere wahr ſeyn. Unſere Meinung leidet auch dadurch keinen Ab- bruch, daß dieſe Beichte mehr GOtt als dem Beicht-Vater geſchaͤhe. Denn weil der Bußfertige auch ſo dann ſein Hertze dem Beicht-Vater entdecken will, und von ihm Troſt verlan- get, wie kan er ſolches thun, wenn er kein Vertrauen zu ſeinem Pfarrer hat? Die Angſt des Gewiſſens erfordert zum oͤfftern eine ſolche vollkommene Entdeckung. Wie kan man aber von demjenigen Troſt erwarten, zu welchem ich kein innerliches Vertrauen habe. Dieſes Wort aber faſſen die wenigſten Prediger. §. VIII. a) In Jur. Paroch. ſect. IV. cap. I. §. 12. Illud tamen altioris indaginisBeſchaffenheit der Beichte. eſſe videtur, annon quis poſſit libere alium in confeſſionarium perpetuo eligere, præterito eo, cujus in parochia eſt conſtitu- tus? Certe ſi ipſam confesſionem ſecundum internam ſuam con- ſidero conſtitutionem, requirit illa neceſſario fiduciam quandam erga eum, coram quo confeſſionem edo. Aut enim confesſio no- ſtra eſt tantum opus operatum, h. e. conſiſtens in externa con- fesſionis recitatione, & illa itaque cuilibet Parocho, etiam cum quo inimicitias gerimus, fieri poteſt: aut vero eſt ſincera cordis denudatio; & illa præſupponit vtique fiduciam erga perſonam, cui (Recht der Beicht-Stuͤhle.) b b
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Dieſes, ſaget er a) verdienet weiteres Nachdencken, ob man
nicht Freyheit habe, ſich einen beſtaͤndigen Beicht-Vater zu er-
wehlen, und den vorbey gehen kan, in deſſen Parochie man ſich
aufhaͤlt? Gewißlich, wenn ich die Beichte nach ihrer innerli-
chen Beſchaffenheit betrachte, ſo erfordert ſolche nothwendig
ein Vertrauen gegen denjenigen, vor welchem ich beichten ſoll.
Entweder nun iſt unſere Beichte nur ein aͤußerliches Werck,
das nur in dem aͤußerlichen herbeten der Beichte beſtehet, und
ſolche kan einem jeden Pfarrer, auch einem ſolchen, mit dem wir
Feindſchafft haben, geſchehen: oder es iſt dieſelbe eine aufrichti-
ge Offenbahrung des Hertzens, und dieſe ſetzet ein Vertrauen zu
der Perſon, der ich mein Hertz entdecken will, zum voraus. Wer
wird aber das erſtere zugeſtehen? Darum muß das Letztere
wahr ſeyn. Unſere Meinung leidet auch dadurch keinen Ab-
bruch, daß dieſe Beichte mehr GOtt als dem Beicht-Vater
geſchaͤhe. Denn weil der Bußfertige auch ſo dann ſein Hertze
dem Beicht-Vater entdecken will, und von ihm Troſt verlan-
get, wie kan er ſolches thun, wenn er kein Vertrauen zu ſeinem
Pfarrer hat? Die Angſt des Gewiſſens erfordert zum oͤfftern
eine ſolche vollkommene Entdeckung. Wie kan man aber von
demjenigen Troſt erwarten, zu welchem ich kein innerliches
Vertrauen habe. Dieſes Wort aber faſſen die wenigſten
Prediger.
§. VIII.
a) In Jur. Paroch. ſect. IV. cap. I. §. 12. Illud tamen altioris indaginis
eſſe videtur, annon quis poſſit libere alium in confeſſionarium
perpetuo eligere, præterito eo, cujus in parochia eſt conſtitu-
tus? Certe ſi ipſam confesſionem ſecundum internam ſuam con-
ſidero conſtitutionem, requirit illa neceſſario fiduciam quandam
erga eum, coram quo confeſſionem edo. Aut enim confesſio no-
ſtra eſt tantum opus operatum, h. e. conſiſtens in externa con-
fesſionis recitatione, & illa itaque cuilibet Parocho, etiam cum
quo inimicitias gerimus, fieri poteſt: aut vero eſt ſincera cordis
denudatio; & illa præſupponit vtique fiduciam erga perſonam,
cui
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