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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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II. Abth. IV. Cap. Von der
glaubet dem Priester im geringsten nicht, saget Beyer b), ent-
weder weil das Zeugniß unzuläßig, wieder die Gesetze und heili-
gen
Canones, und also auch ein Geheimniß heisset; oder weil
der Priester es nicht wissen kan als ein Mensch, was man ihm
als Christi Statthalter gesaget, wie der Rath zu
Piemont
gesprochen. Derjenige verdiene gar keinen Glauben, welcher
den Glauben und Vergleich/ verschwiegen zu seyn/ so schänd-
lich gebrochen c).

Ob die noch
zu begehen-
de Sünden,
wenn man
solchen Vor-
satz beichtet,
geheim zuhalten.
§. XVII.

Wenn aber eine Sache verschwiegen wer-
den soll/ so wird unter andern verlanget/ daß solche schon
geschehen seyn
müsse. Denn was man erst noch begehen
will,
und es beichtet/ wird mit Unrecht unter diejenigen
Sachen gezehlet/ die man geheim halten soll. Einige Je-
suiten aber/ sind hier gantz anderer Meynung/ indem sie
dafür halten/ daß nichts wäre/ welches/ wenn man es ge-
beichtet/ nicht verschwiegen bleiben müste. Sie erhöhen
das Siegel der Beichte über alle massen. Was man ih-
nen entdecket/ halten sie als den allerwichtigsten Schatz ver-

borgen
b) Beyeri Mel-
nung.
Beyer cit. l. cap. 4 §. 2. Sacerdoti & sic nullo modo crederetur, siue
quod sit illicitum testimonium, contra leges sacrosque canones da-
tum, adeoque & secretum diceretur arg. L. 1. §. 38. ff. depos. siue quod
non sit credendus scire tanquam homo, quae illi tanquam spe-
ciali Christi opt. max. vicario explicata sint, prout Senatus Pe-
demontanus pronuntiauerit.
c) Ein paar An-
merckungen
wegen des Sie-
gels der Beich-
le.
Ein Richter kan die Articul und Fragestücke alsobald verwers-
fen, wenn etwas in solchen enthalten, das zu Ausforschung der
Beichte gehöret. Grul. in process. c. 17. nr. 112. Wenn jemand
durch Zeugen überwiesen und verdammet worden, und man er-
führe nachmahls, daß die gantze Anklage oder inquisition da-
her entstanden, daß aus der Beichte geplaudert worden, so mü-
ste man den schuldigen Theil wieder frey und loß sprechen. Man
könnte gar keine Straffe an ihm exequiren. Vid. Gomez var.
resol. tom. 3. cap. 13. n. 9.
Delrio Lib. 6. Disquis. Mav. cap. 1. sect. 2.

a) Und

II. Abth. IV. Cap. Von der
glaubet dem Prieſter im geringſten nicht, ſaget Beyer b), ent-
weder weil das Zeugniß unzulaͤßig, wieder die Geſetze und heili-
gen
Canones, und alſo auch ein Geheimniß heiſſet; oder weil
der Prieſter es nicht wiſſen kan als ein Menſch, was man ihm
als Chriſti Statthalter geſaget, wie der Rath zu
Piemont
geſprochen. Derjenige verdiene gar keinen Glauben, welcher
den Glauben und Vergleich/ verſchwiegen zu ſeyn/ ſo ſchaͤnd-
lich gebrochen c).

Ob die noch
zu begehen-
de Suͤnden,
wenn man
ſolchen Vor-
ſatz beichtet,
geheim zuhalten.
§. XVII.

Wenn aber eine Sache verſchwiegen wer-
den ſoll/ ſo wird unter andern verlanget/ daß ſolche ſchon
geſchehen ſeyn
muͤſſe. Denn was man erſt noch begehen
will,
und es beichtet/ wird mit Unrecht unter diejenigen
Sachen gezehlet/ die man geheim halten ſoll. Einige Je-
ſuiten aber/ ſind hier gantz anderer Meynung/ indem ſie
dafuͤr halten/ daß nichts waͤre/ welches/ wenn man es ge-
beichtet/ nicht verſchwiegen bleiben muͤſte. Sie erhoͤhen
das Siegel der Beichte uͤber alle maſſen. Was man ih-
nen entdecket/ halten ſie als den allerwichtigſten Schatz ver-

borgen
b) Beyeri Mel-
nung.
Beyer cit. l. cap. 4 §. 2. Sacerdoti & ſic nullo modo crederetur, ſiue
quod ſit illicitum teſtimonium, contra leges ſacrosque canones da-
tum, adeoque & ſecretum diceretur arg. L. 1. §. 38. ff. depoſ. ſiue quod
non ſit credendus ſcire tanquam homo, quæ illi tanquam ſpe-
ciali Chriſti opt. max. vicario explicata ſint, prout Senatus Pe-
demontanus pronuntiauerit.
c) Ein paar An-
merckungen
wegen des Sie-
gels der Beich-
le.
Ein Richter kan die Articul und Frageſtuͤcke alſobald verwerſ-
fen, wenn etwas in ſolchen enthalten, das zu Ausforſchung der
Beichte gehoͤret. Grul. in proceſſ. c. 17. nr. 112. Wenn jemand
durch Zeugen uͤberwieſen und verdammet worden, und man er-
fuͤhre nachmahls, daß die gantze Anklage oder inquiſition da-
her entſtanden, daß aus der Beichte geplaudert worden, ſo muͤ-
ſte man den ſchuldigen Theil wieder frey und loß ſprechen. Man
koͤnnte gar keine Straffe an ihm exequiren. Vid. Gomez var.
reſol. tom. 3. cap. 13. n. 9.
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[322/0341] II. Abth. IV. Cap. Von der glaubet dem Prieſter im geringſten nicht, ſaget Beyer b), ent- weder weil das Zeugniß unzulaͤßig, wieder die Geſetze und heili- gen Canones, und alſo auch ein Geheimniß heiſſet; oder weil der Prieſter es nicht wiſſen kan als ein Menſch, was man ihm als Chriſti Statthalter geſaget, wie der Rath zu Piemont geſprochen. Derjenige verdiene gar keinen Glauben, welcher den Glauben und Vergleich/ verſchwiegen zu ſeyn/ ſo ſchaͤnd- lich gebrochen c). §. XVII. Wenn aber eine Sache verſchwiegen wer- den ſoll/ ſo wird unter andern verlanget/ daß ſolche ſchon geſchehen ſeyn muͤſſe. Denn was man erſt noch begehen will, und es beichtet/ wird mit Unrecht unter diejenigen Sachen gezehlet/ die man geheim halten ſoll. Einige Je- ſuiten aber/ ſind hier gantz anderer Meynung/ indem ſie dafuͤr halten/ daß nichts waͤre/ welches/ wenn man es ge- beichtet/ nicht verſchwiegen bleiben muͤſte. Sie erhoͤhen das Siegel der Beichte uͤber alle maſſen. Was man ih- nen entdecket/ halten ſie als den allerwichtigſten Schatz ver- borgen b) Beyer cit. l. cap. 4 §. 2. Sacerdoti & ſic nullo modo crederetur, ſiue quod ſit illicitum teſtimonium, contra leges ſacrosque canones da- tum, adeoque & ſecretum diceretur arg. L. 1. §. 38. ff. depoſ. ſiue quod non ſit credendus ſcire tanquam homo, quæ illi tanquam ſpe- ciali Chriſti opt. max. vicario explicata ſint, prout Senatus Pe- demontanus pronuntiauerit. c) Ein Richter kan die Articul und Frageſtuͤcke alſobald verwerſ- fen, wenn etwas in ſolchen enthalten, das zu Ausforſchung der Beichte gehoͤret. Grul. in proceſſ. c. 17. nr. 112. Wenn jemand durch Zeugen uͤberwieſen und verdammet worden, und man er- fuͤhre nachmahls, daß die gantze Anklage oder inquiſition da- her entſtanden, daß aus der Beichte geplaudert worden, ſo muͤ- ſte man den ſchuldigen Theil wieder frey und loß ſprechen. Man koͤnnte gar keine Straffe an ihm exequiren. Vid. Gomez var. reſol. tom. 3. cap. 13. n. 9. Delrio Lib. 6. Diſquiſ. Mav. cap. 1. ſect. 2. a) Und

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/341>, abgerufen am 29.11.2024.