geübet wird/ grösten theils daher rühret. Denn die Men- schen sind so gesinnt/ je mehr sie haben/ je mehr verlangen sie. Wenn sie meinen/ es gienge nur etwas ab/ so sind sie nicht zufrieden. Seneca schreibet gar wohl davon b): Die Begierde zu haben, leidet nicht, daß jemand danckbar sey. Denn der unmäßigen Hofnung, ist niemahls dasjenige genug, was man giebt. Je mehr wir erhalten, je mehr verlangen wir, und der Geitz ist bey grossem Uberfluß noch stärcker: wie die Flamme stärckere Gewalt hat, wenn die Gluth starck ist. So lässet auch der Ehrgeitz einen nicht bey denjenigen Ehren ruhen, welche man vorhero so unverschämt verlanget hat. Niemand saget darum Danck, daß er Zunfftmeister worden, sondern beklaget sich, daß er nicht garPraetorworden, und auch diese Würde ist ihm nicht angenehm, wenn das Bürge- meister Amt fehlet: Und damit ist er nicht einmahl gesätti- get, wenn nur eines ist. Die Begierde steiget weiter, und ver- stehet die Glückseeligkeit nicht, weil sie nicht betrachtet, woher sie entstanden, sondern wohin sie gehet. Der Neid aber ü- bertrifft diese Ubel alle etc. Alles dieses ereignet sich auch bey dem Beicht-Pfennig. Man beneidet diejenigen/ die eine grössere Anzahl und bessere contribuenten/ von Beicht-
Kin-
b)Seneca Lib. II. de benef. c. 27. Non patitur auiditas, quenquam esse gratum. Nunquam enim improbae spei, quod datur, satis est. Eo maiora cupimus, quo majora venerunt, multoque concita- tior est auaritia, in magnarum opum congesta collocata: vt flam- mae infinito acrior vis est, quo ex maiore incendio emicuit. AEque ambitio non patitur, quenquam in ea mensura honorum conquie- scere, quae quondam eius fuit impudens votum. Nemo agit de tribunatu gratias, sed quaeritur, quod non est ad praeturam vsque perductus, nec haec grata est, si deest consulatus: Ne hic qui- dem satiat, si vnus est. Vltra se cupiditas porrigit, & felicita- tem suam non intelligit, quia non, vnde venerit, respicit, sed quo tendat. Omnibus his vehementius & importunius malum est inuidia. &c.
a) Er
anderer beym Beicht-Weſen vorkommender Sachen.
geuͤbet wird/ groͤſten theils daher ruͤhret. Denn die Men- ſchen ſind ſo geſinnt/ je mehr ſie haben/ je mehr verlangen ſie. Wenn ſie meinen/ es gienge nur etwas ab/ ſo ſind ſie nicht zufrieden. Seneca ſchreibet gar wohl davon b): Die Begierde zu haben, leidet nicht, daß jemand danckbar ſey. Denn der unmaͤßigen Hofnung, iſt niemahls dasjenige genug, was man giebt. Je mehr wir erhalten, je mehr verlangen wir, und der Geitz iſt bey groſſem Uberfluß noch ſtaͤrcker: wie die Flamme ſtaͤrckere Gewalt hat, wenn die Gluth ſtarck iſt. So laͤſſet auch der Ehrgeitz einen nicht bey denjenigen Ehren ruhen, welche man vorhero ſo unverſchaͤmt verlanget hat. Niemand ſaget darum Danck, daß er Zunfftmeiſter worden, ſondern beklaget ſich, daß er nicht garPrætorworden, und auch dieſe Wuͤrde iſt ihm nicht angenehm, wenn das Buͤrge- meiſter Amt fehlet: Und damit iſt er nicht einmahl geſaͤtti- get, wenn nur eines iſt. Die Begierde ſteiget weiter, und ver- ſtehet die Gluͤckſeeligkeit nicht, weil ſie nicht betrachtet, woher ſie entſtanden, ſondern wohin ſie gehet. Der Neid aber uͤ- bertrifft dieſe Ubel alle ꝛc. Alles dieſes ereignet ſich auch bey dem Beicht-Pfennig. Man beneidet diejenigen/ die eine groͤſſere Anzahl und beſſere contribuenten/ von Beicht-
Kin-
b)Seneca Lib. II. de benef. c. 27. Non patitur auiditas, quenquam eſſe gratum. Nunquam enim improbæ ſpei, quod datur, ſatis eſt. Eo maiora cupimus, quo majora venerunt, multoque concita- tior eſt auaritia, in magnarum opum congeſta collocata: vt flam- mæ infinito acrior vis eſt, quo ex maiore incendio emicuit. Æque ambitio non patitur, quenquam in ea menſura honorum conquie- ſcere, quæ quondam eius fuit impudens votum. Nemo agit de tribunatu gratias, ſed quæritur, quod non eſt ad præturam vsque perductus, nec hæc grata eſt, ſi deeſt conſulatus: Ne hic qui- dem ſatiat, ſi vnus eſt. Vltra ſe cupiditas porrigit, & felicita- tem ſuam non intelligit, quia non, vnde venerit, reſpicit, ſed quo tendat. Omnibus his vehementius & importunius malum eſt inuidia. &c.
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anderer beym Beicht-Weſen vorkommender Sachen.
geuͤbet wird/ groͤſten theils daher ruͤhret. Denn die Men-
ſchen ſind ſo geſinnt/ je mehr ſie haben/ je mehr verlangen
ſie. Wenn ſie meinen/ es gienge nur etwas ab/ ſo ſind ſie
nicht zufrieden. Seneca ſchreibet gar wohl davon b):
Die Begierde zu haben, leidet nicht, daß jemand danckbar ſey.
Denn der unmaͤßigen Hofnung, iſt niemahls dasjenige genug,
was man giebt. Je mehr wir erhalten, je mehr verlangen
wir, und der Geitz iſt bey groſſem Uberfluß noch ſtaͤrcker: wie
die Flamme ſtaͤrckere Gewalt hat, wenn die Gluth ſtarck iſt.
So laͤſſet auch der Ehrgeitz einen nicht bey denjenigen Ehren
ruhen, welche man vorhero ſo unverſchaͤmt verlanget hat.
Niemand ſaget darum Danck, daß er Zunfftmeiſter worden,
ſondern beklaget ſich, daß er nicht gar Prætor worden, und
auch dieſe Wuͤrde iſt ihm nicht angenehm, wenn das Buͤrge-
meiſter Amt fehlet: Und damit iſt er nicht einmahl geſaͤtti-
get, wenn nur eines iſt. Die Begierde ſteiget weiter, und ver-
ſtehet die Gluͤckſeeligkeit nicht, weil ſie nicht betrachtet, woher
ſie entſtanden, ſondern wohin ſie gehet. Der Neid aber uͤ-
bertrifft dieſe Ubel alle ꝛc. Alles dieſes ereignet ſich auch
bey dem Beicht-Pfennig. Man beneidet diejenigen/ die
eine groͤſſere Anzahl und beſſere contribuenten/ von Beicht-
Kin-
b) Seneca Lib. II. de benef. c. 27. Non patitur auiditas, quenquam
eſſe gratum. Nunquam enim improbæ ſpei, quod datur, ſatis eſt.
Eo maiora cupimus, quo majora venerunt, multoque concita-
tior eſt auaritia, in magnarum opum congeſta collocata: vt flam-
mæ infinito acrior vis eſt, quo ex maiore incendio emicuit. Æque
ambitio non patitur, quenquam in ea menſura honorum conquie-
ſcere, quæ quondam eius fuit impudens votum. Nemo agit de
tribunatu gratias, ſed quæritur, quod non eſt ad præturam vsque
perductus, nec hæc grata eſt, ſi deeſt conſulatus: Ne hic qui-
dem ſatiat, ſi vnus eſt. Vltra ſe cupiditas porrigit, & felicita-
tem ſuam non intelligit, quia non, vnde venerit, reſpicit, ſed
quo tendat. Omnibus his vehementius & importunius malum
eſt inuidia. &c.
a) Er
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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/402>, abgerufen am 27.02.2025.
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