weit größeres Vertrauen äußern, als zu allen übrigen erwähnten Nationen.
Die Gastfreyheit der Araber ist von je her berühmt gewesen, und die itzigen Araber üben diese Tugend nicht weniger als ihre Vorfah- ren aus. Wenn jemand in Geschäften, an ei- nen vornehmen Schech oder andern großen Herrn geschickt wird; so wird er nach Gewohnheit der meisten Morgenländer, während seines Auf- enthalts, auf Kosten desselben unterhalten, und er erhält überdieß bey seiner Abreise gemeiniglich ein Geschenk. Ein bloß Reisender, welcher ei- nen vornehmen Herrn in der Wüste besuchen wollte, könnte vielleicht eben dieses erwarten. In den Städten aber sind Karwanserois, oder andre öffentliche Häuser für Reisende. Ein Frem- der kann daselbst eben so wenig erwarten, daß ihn Leute, die ihn nicht kennen, bitten werden, bey ihnen einzukehren, als in Europa. In- dessen findet man in einigen Dörfern von Tchama auch freye Herbergen, wo alle Reisende einige Tage umsonst Quartier, Essen und Trinken er- halten können, wenn sie sich mit der gemeinen Kost der Araber begnügen wollen: und diese Häuser werden fleißig gesucht.
Die Araber nöthigen auch einen jeden der sie bey Tische antrifft, mit zu essen, er mag ein Christ oder Mohammedaner, vornehm oder geringe seyn. Es ist ein Vergnügen zu sehen, daß so gar Eseltreiber in den Karawanen, die Vorbeygehenden einladen, an ihrer Mahlzeit
Theil
weit groͤßeres Vertrauen aͤußern, als zu allen uͤbrigen erwaͤhnten Nationen.
Die Gaſtfreyheit der Araber iſt von je her beruͤhmt geweſen, und die itzigen Araber uͤben dieſe Tugend nicht weniger als ihre Vorfah- ren aus. Wenn jemand in Geſchaͤften, an ei- nen vornehmen Schech oder andern großen Herrn geſchickt wird; ſo wird er nach Gewohnheit der meiſten Morgenlaͤnder, waͤhrend ſeines Auf- enthalts, auf Koſten deſſelben unterhalten, und er erhaͤlt uͤberdieß bey ſeiner Abreiſe gemeiniglich ein Geſchenk. Ein bloß Reiſender, welcher ei- nen vornehmen Herrn in der Wuͤſte beſuchen wollte, koͤnnte vielleicht eben dieſes erwarten. In den Staͤdten aber ſind Karwanſerois, oder andre oͤffentliche Haͤuſer fuͤr Reiſende. Ein Frem- der kann daſelbſt eben ſo wenig erwarten, daß ihn Leute, die ihn nicht kennen, bitten werden, bey ihnen einzukehren, als in Europa. In- deſſen findet man in einigen Doͤrfern von Tchâma auch freye Herbergen, wo alle Reiſende einige Tage umſonſt Quartier, Eſſen und Trinken er- halten koͤnnen, wenn ſie ſich mit der gemeinen Koſt der Araber begnuͤgen wollen: und dieſe Haͤuſer werden fleißig geſucht.
Die Araber noͤthigen auch einen jeden der ſie bey Tiſche antrifft, mit zu eſſen, er mag ein Chriſt oder Mohammedaner, vornehm oder geringe ſeyn. Es iſt ein Vergnuͤgen zu ſehen, daß ſo gar Eſeltreiber in den Karawanen, die Vorbeygehenden einladen, an ihrer Mahlzeit
Theil
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weit groͤßeres Vertrauen aͤußern, als zu allen
uͤbrigen erwaͤhnten Nationen.
Die Gaſtfreyheit der Araber iſt von je
her beruͤhmt geweſen, und die itzigen Araber
uͤben dieſe Tugend nicht weniger als ihre Vorfah-
ren aus. Wenn jemand in Geſchaͤften, an ei-
nen vornehmen Schech oder andern großen Herrn
geſchickt wird; ſo wird er nach Gewohnheit
der meiſten Morgenlaͤnder, waͤhrend ſeines Auf-
enthalts, auf Koſten deſſelben unterhalten, und
er erhaͤlt uͤberdieß bey ſeiner Abreiſe gemeiniglich
ein Geſchenk. Ein bloß Reiſender, welcher ei-
nen vornehmen Herrn in der Wuͤſte beſuchen
wollte, koͤnnte vielleicht eben dieſes erwarten.
In den Staͤdten aber ſind Karwanſerois, oder
andre oͤffentliche Haͤuſer fuͤr Reiſende. Ein Frem-
der kann daſelbſt eben ſo wenig erwarten, daß
ihn Leute, die ihn nicht kennen, bitten werden,
bey ihnen einzukehren, als in Europa. In-
deſſen findet man in einigen Doͤrfern von Tchâma
auch freye Herbergen, wo alle Reiſende einige
Tage umſonſt Quartier, Eſſen und Trinken er-
halten koͤnnen, wenn ſie ſich mit der gemeinen
Koſt der Araber begnuͤgen wollen: und dieſe
Haͤuſer werden fleißig geſucht.
Die Araber noͤthigen auch einen jeden der
ſie bey Tiſche antrifft, mit zu eſſen, er mag
ein Chriſt oder Mohammedaner, vornehm oder
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[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 2. Breslau, 1777, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik02_1777/158>, abgerufen am 23.11.2024.
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