Jm Ernste, Jhr Liebhaber ist unerträglich. Wenn Sie es gut mit Sich Selbst meynen, so flech- ten Sie ihm ein niedliches Körbchen, und schicken Sie ihn heim. Das verdient der Eigensinn. Jch verharre
Jhre Dienerinn etc. etc.
Liebe Schwester,
Das muß ich gestehn! So offenherzig habe ich noch keinen Liebhaber gesehn! Eine ganz neue Mode, sein Glück zu machen, wenn man seine Fehler beichtet! Das wolle der Himmel nicht, daß das Ding unter uns Mädchen Mode werde! Was meynst du wohl, Schwester, daß ich zu mei- nem Amadis sagen sollte? Soll ich etwan spre- chen: "Jch habe die Ehre, Jhnen zu sagen, daß "ich ein Mädchen bin, welches einen Mann haben "möchte, und wenn er auch noch dümmer wäre, "als Sie, tapfrer Amadis. Jch gebe Jhnen meine "Hand, um mich dem jungfräulichen Zwange zu "entreissen, und als Frau thun zu können, was "ich will. Jch habe den Fehler, daß ich keine "Mannsperson hasse, ob ich gleich nur einen auf "einmal heirathe. Jch kann nicht leiden, daß "Sie mir widersprechen, denn Sie sind der Mann, "und ich bin ein schwaches Werkzeug. Jch wer- "de Jhnen nicht mehr verthun, als ich brauche;
aber
Satyriſche Briefe.
Jm Ernſte, Jhr Liebhaber iſt unertraͤglich. Wenn Sie es gut mit Sich Selbſt meynen, ſo flech- ten Sie ihm ein niedliches Koͤrbchen, und ſchicken Sie ihn heim. Das verdient der Eigenſinn. Jch verharre
Jhre Dienerinn ꝛc. ꝛc.
Liebe Schweſter,
Das muß ich geſtehn! So offenherzig habe ich noch keinen Liebhaber geſehn! Eine ganz neue Mode, ſein Gluͤck zu machen, wenn man ſeine Fehler beichtet! Das wolle der Himmel nicht, daß das Ding unter uns Maͤdchen Mode werde! Was meynſt du wohl, Schweſter, daß ich zu mei- nem Amadis ſagen ſollte? Soll ich etwan ſpre- chen: „Jch habe die Ehre, Jhnen zu ſagen, daß „ich ein Maͤdchen bin, welches einen Mann haben „moͤchte, und wenn er auch noch duͤmmer waͤre, „als Sie, tapfrer Amadis. Jch gebe Jhnen meine „Hand, um mich dem jungfraͤulichen Zwange zu „entreiſſen, und als Frau thun zu koͤnnen, was „ich will. Jch habe den Fehler, daß ich keine „Mannsperſon haſſe, ob ich gleich nur einen auf „einmal heirathe. Jch kann nicht leiden, daß „Sie mir widerſprechen, denn Sie ſind der Mann, „und ich bin ein ſchwaches Werkzeug. Jch wer- „de Jhnen nicht mehr verthun, als ich brauche;
aber
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Satyriſche Briefe.
Jm Ernſte, Jhr Liebhaber iſt unertraͤglich.
Wenn Sie es gut mit Sich Selbſt meynen, ſo flech-
ten Sie ihm ein niedliches Koͤrbchen, und ſchicken
Sie ihn heim. Das verdient der Eigenſinn. Jch
verharre
Jhre Dienerinn
ꝛc. ꝛc.
Liebe Schweſter,
Das muß ich geſtehn! So offenherzig habe ich
noch keinen Liebhaber geſehn! Eine ganz
neue Mode, ſein Gluͤck zu machen, wenn man
ſeine Fehler beichtet! Das wolle der Himmel nicht,
daß das Ding unter uns Maͤdchen Mode werde!
Was meynſt du wohl, Schweſter, daß ich zu mei-
nem Amadis ſagen ſollte? Soll ich etwan ſpre-
chen: „Jch habe die Ehre, Jhnen zu ſagen, daß
„ich ein Maͤdchen bin, welches einen Mann haben
„moͤchte, und wenn er auch noch duͤmmer waͤre,
„als Sie, tapfrer Amadis. Jch gebe Jhnen meine
„Hand, um mich dem jungfraͤulichen Zwange zu
„entreiſſen, und als Frau thun zu koͤnnen, was
„ich will. Jch habe den Fehler, daß ich keine
„Mannsperſon haſſe, ob ich gleich nur einen auf
„einmal heirathe. Jch kann nicht leiden, daß
„Sie mir widerſprechen, denn Sie ſind der Mann,
„und ich bin ein ſchwaches Werkzeug. Jch wer-
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/372>, abgerufen am 23.11.2024.
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