Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Die Curie. einige Stellen, die ohnehin immer den jedesmaligen Ne-poten zufielen. War nun auch, wie in den Zeiten, die wir zunächst betrachten, der Nepotismus in Schranken ge- halten, so begünstigte doch jeder Papst seine alten Vertrauten und Angehörigen; es ist so natürlich, daß er es sich nicht nehmen ließ, mit ihnen weiter zu leben: der Secretär, der dem Cardinal Montalto lange gedient, war auch dem Papst Six- tus der bequemste: die Anhänger der Meinung, der sie ange- hörten, brachten sie nothwendig mit sich empor. In allen Aussichten, Erwartungen, in dem Wege zur Gewalt, und in kirchlichen wie weltlichen Würden bewirkte dieß die voll- kommenste Veränderung. "Es ist," sagt Commendone, "als würde in einer Stadt die fürstliche Burg verlegt, und als würden die Straßen sämmtlich nach ihr hingerichtet; wie viele Häuser müßten niedergerissen, wie oft müßte mitten durch einen Pallast der Weg genommen werden: neue Gassen und Durchgänge fingen an sich zu beleben." Nicht übel bezeichnet diese Vergleichung die Gewaltsamkeit der Umwandelung und die Stabilität der jedesmaligen Ein- richtungen. Mit Nothwendigkeit bildet sich hierdurch ein Zustand Da dieß so oft geschah, die Päpste so viel älter Emporzukommen, befördert zu werden wie ein Jeder Die Curie. einige Stellen, die ohnehin immer den jedesmaligen Ne-poten zufielen. War nun auch, wie in den Zeiten, die wir zunaͤchſt betrachten, der Nepotismus in Schranken ge- halten, ſo beguͤnſtigte doch jeder Papſt ſeine alten Vertrauten und Angehoͤrigen; es iſt ſo natuͤrlich, daß er es ſich nicht nehmen ließ, mit ihnen weiter zu leben: der Secretaͤr, der dem Cardinal Montalto lange gedient, war auch dem Papſt Six- tus der bequemſte: die Anhaͤnger der Meinung, der ſie ange- hoͤrten, brachten ſie nothwendig mit ſich empor. In allen Ausſichten, Erwartungen, in dem Wege zur Gewalt, und in kirchlichen wie weltlichen Wuͤrden bewirkte dieß die voll- kommenſte Veraͤnderung. „Es iſt,“ ſagt Commendone, „als wuͤrde in einer Stadt die fuͤrſtliche Burg verlegt, und als wuͤrden die Straßen ſaͤmmtlich nach ihr hingerichtet; wie viele Haͤuſer muͤßten niedergeriſſen, wie oft muͤßte mitten durch einen Pallaſt der Weg genommen werden: neue Gaſſen und Durchgaͤnge fingen an ſich zu beleben.“ Nicht uͤbel bezeichnet dieſe Vergleichung die Gewaltſamkeit der Umwandelung und die Stabilitaͤt der jedesmaligen Ein- richtungen. Mit Nothwendigkeit bildet ſich hierdurch ein Zuſtand Da dieß ſo oft geſchah, die Paͤpſte ſo viel aͤlter Emporzukommen, befoͤrdert zu werden wie ein Jeder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0535" n="509"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Die Curie</hi>.</fw><lb/> einige Stellen, die ohnehin immer den jedesmaligen Ne-<lb/> poten zufielen. War nun auch, wie in den Zeiten, die<lb/> wir zunaͤchſt betrachten, der Nepotismus in Schranken ge-<lb/> halten, ſo beguͤnſtigte doch jeder Papſt ſeine alten Vertrauten<lb/> und Angehoͤrigen; es iſt ſo natuͤrlich, daß er es ſich nicht<lb/> nehmen ließ, mit ihnen weiter zu leben: der Secretaͤr, der dem<lb/> Cardinal Montalto lange gedient, war auch dem Papſt Six-<lb/> tus der bequemſte: die Anhaͤnger der Meinung, der ſie ange-<lb/> hoͤrten, brachten ſie nothwendig mit ſich empor. In allen<lb/> Ausſichten, Erwartungen, in dem Wege zur Gewalt, und<lb/> in kirchlichen wie weltlichen Wuͤrden bewirkte dieß die voll-<lb/> kommenſte Veraͤnderung. „Es iſt,“ ſagt Commendone, „als<lb/> wuͤrde in einer Stadt die fuͤrſtliche Burg verlegt, und als<lb/> wuͤrden die Straßen ſaͤmmtlich nach ihr hingerichtet; wie<lb/> viele Haͤuſer muͤßten niedergeriſſen, wie oft muͤßte mitten<lb/> durch einen Pallaſt der Weg genommen werden: neue<lb/> Gaſſen und Durchgaͤnge fingen an ſich zu beleben.“ Nicht<lb/> uͤbel bezeichnet dieſe Vergleichung die Gewaltſamkeit der<lb/> Umwandelung und die Stabilitaͤt der jedesmaligen Ein-<lb/> richtungen.</p><lb/> <p>Mit Nothwendigkeit bildet ſich hierdurch ein Zuſtand<lb/> eigenthuͤmlichſter Art.</p><lb/> <p>Da dieß ſo oft geſchah, die Paͤpſte ſo viel aͤlter<lb/> auf den Thron kamen, als andere Fuͤrſten, in jedem Mo-<lb/> ment eine neue Veraͤnderung eintreten und die Gewalt in<lb/> andre Haͤnde uͤbergehen konnte, ſo lebte man wie in einem<lb/> unaufhoͤrlichen Gluͤcksſpiel: unberechenbar, wie dieſes, aber<lb/> unablaͤßig in Hoffnung erhaltend.</p><lb/> <p>Emporzukommen, befoͤrdert zu werden wie ein Jeder<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [509/0535]
Die Curie.
einige Stellen, die ohnehin immer den jedesmaligen Ne-
poten zufielen. War nun auch, wie in den Zeiten, die
wir zunaͤchſt betrachten, der Nepotismus in Schranken ge-
halten, ſo beguͤnſtigte doch jeder Papſt ſeine alten Vertrauten
und Angehoͤrigen; es iſt ſo natuͤrlich, daß er es ſich nicht
nehmen ließ, mit ihnen weiter zu leben: der Secretaͤr, der dem
Cardinal Montalto lange gedient, war auch dem Papſt Six-
tus der bequemſte: die Anhaͤnger der Meinung, der ſie ange-
hoͤrten, brachten ſie nothwendig mit ſich empor. In allen
Ausſichten, Erwartungen, in dem Wege zur Gewalt, und
in kirchlichen wie weltlichen Wuͤrden bewirkte dieß die voll-
kommenſte Veraͤnderung. „Es iſt,“ ſagt Commendone, „als
wuͤrde in einer Stadt die fuͤrſtliche Burg verlegt, und als
wuͤrden die Straßen ſaͤmmtlich nach ihr hingerichtet; wie
viele Haͤuſer muͤßten niedergeriſſen, wie oft muͤßte mitten
durch einen Pallaſt der Weg genommen werden: neue
Gaſſen und Durchgaͤnge fingen an ſich zu beleben.“ Nicht
uͤbel bezeichnet dieſe Vergleichung die Gewaltſamkeit der
Umwandelung und die Stabilitaͤt der jedesmaligen Ein-
richtungen.
Mit Nothwendigkeit bildet ſich hierdurch ein Zuſtand
eigenthuͤmlichſter Art.
Da dieß ſo oft geſchah, die Paͤpſte ſo viel aͤlter
auf den Thron kamen, als andere Fuͤrſten, in jedem Mo-
ment eine neue Veraͤnderung eintreten und die Gewalt in
andre Haͤnde uͤbergehen konnte, ſo lebte man wie in einem
unaufhoͤrlichen Gluͤcksſpiel: unberechenbar, wie dieſes, aber
unablaͤßig in Hoffnung erhaltend.
Emporzukommen, befoͤrdert zu werden wie ein Jeder
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