Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.Antwort. Zwischen sagen und thun ist ein grosser Unterscheid. Folget doch keiner mehr seinen privat-Geist als der Pabst/ und auf dessen privat-Geist bauen die Papisten. XX. Wan man sich in Glaubens-sachen nicht zum Sinn des Pabstes als Ober-Richters will bequemen/ so gibts nohtwendig allerley Ketzereyen: Dan wie der H. Augustinus l. 7. de gen. ad litteram c. 9. schreibt: Alle Ketzer lesen die Catholische Schrifft/ und seynd Keiner anderen Ursachen halber Ketzer/ als weil sie selbige übel verstehen/ und ihre falsche Meinungen wider dero Warheit halstarrig verthätigen. Womit überein stimmet Vincentius Lerinensis in seinem commonitorio cap. 35. 36. 37. da er schreibt: Alle und jede Ketzer-meister behaupten ihre Ketzer-Lehr aus den Zeugnüssen der H. Schrifft. Das scriptum est, es ist geschrieben/ ist die gemeine Ketzer-Lose: Die H. Schrifft ist das gelinde Schaffs-kleyd/ in welches sich die reissende Seelen-Wölff verstecken: sie ist der annehmliche wohlriechende Balsam/ mit welchem sie ihr ketzerich Gestäncke/ ihre unflätige stinck ende ketzerische Lehren beschmieren. Dan (wie obgemelter Vincentius cap. 2. schreibt: Auf eine andere Weise versteht die Schrifft der Novatianus, auf eine andere Weise legt die Schrifft aus Arius, auf eine andere Weise Nestorius. Antwort. Setzet auch hinzu: Auf eine andere Weise legt die Schrifft aus der Pabst: Und folgens seynd nach Meinung Augustini und Vincentii alle diejenige Päbste so ihren Kopff nicht mit Christlicher Demuht und Auffrichtigkeit nach dem klaren Wort Gottes: sondern das Wort Gottes durch Hochmuht nach ihrem eigenen Kopff und privat-Geist richten/ und nach Belieben schwermen/ auch andere zur Folge ihres privat-Geistes wider das klare Wort Gottes anstrengen wollen/ ja so gar dem klaren Wort Gottes gäntzlich hindan gesetzet mit eigenen Schwärmereyen und aberglaubischen Greuelen Christi Erbschafft verwüsten/ die grösseste Ketzer-meister. XXI. Die H. Schrifft lebt nicht/ und ist sprach-loß: so kan sie auch kein Richter seyn in Glaubens-sachen/ noch einen Ausspruch machen zwischen streitenden Partheien: folgens muß der Pabst seyn der eintzige Richter/ bey dessen Ausspruch man es muß dewenden lassen. Antwort. Es ist gnug/ daß Christus das Wort des himmlischen Vaters und eintziges Haubt der Kirchen/ so durch die Heil. Schrifft redet/ lebe: davon die Epistel zun Hebraeern cap. 4. v. 12. spricht: Das Wort GOttes ist lebendig und kräfftig/ und schärffer als ein zweyschneidig Schwerdt/ und durchtringend biß es zerschneidet Seele und Geist/ auch Marck und Bein/ und ist ein Richter der Gedancken und Sinnen des Hertzens. Daß aber auch die H. Schrifft in gewisser Maaß ein lebendiger Richter seye bezeuget Esaias cap. 2. v. 3. da er spricht: Von Sion wird das Gesetz ausgehen/ und des HErrn Wort von Jerusalem/ und richten die Heyden/ und straffen viele Völcker. So spricht auch Christus Joh. 5. v. 45. Ihr solt nicht dar für halten/ daß ich euch für den Vater verklagen werde: es ist einer der euch verklaget der Moyses: das ist das Gesetz Moysis. So spricht auch Nicodemus Joh. 7. v. 51. Richtet auch unser Gesetz einen Menschen/ ehe man ihn verhört hat? Item Joh. 12. v. 48. spricht Christus: Die Rede welche ich geredet habe/ die wird ihn richten am jüngsten Tage. Item S. Paulus spricht Rom. 2. v. 12. Die/ welche im Gesetz gesündiget haben/ werden durchs Gesetz verurtheilt werden. So wird auch Christus an je- Antwort. Zwischen sagen und thun ist ein grosser Unterscheid. Folget doch keiner mehr seinen privat-Geist als der Pabst/ und auf dessen privat-Geist bauen die Papisten. XX. Wan man sich in Glaubens-sachen nicht zum Sinn des Pabstes als Ober-Richters will bequemen/ so gibts nohtwendig allerley Ketzereyen: Dan wie der H. Augustinus l. 7. de gen. ad litteram c. 9. schreibt: Alle Ketzer lesen die Catholische Schrifft/ und seynd Keiner anderen Ursachen halber Ketzer/ als weil sie selbige übel verstehen/ und ihre falsche Meinungen wider dero Warheit halstarrig verthätigen. Womit überein stimmet Vincentius Lerinensis in seinem commonitorio cap. 35. 36. 37. da er schreibt: Alle und jede Ketzer-meister behaupten ihre Ketzer-Lehr aus den Zeugnüssen der H. Schrifft. Das scriptum est, es ist geschrieben/ ist die gemeine Ketzer-Lose: Die H. Schrifft ist das gelinde Schaffs-kleyd/ in welches sich die reissende Seelen-Wölff verstecken: sie ist der annehmliche wohlriechende Balsam/ mit welchem sie ihr ketzerich Gestäncke/ ihre unflätige stinck ende ketzerische Lehren beschmieren. Dan (wie obgemelter Vincentius cap. 2. schreibt: Auf eine andere Weise versteht die Schrifft der Novatianus, auf eine andere Weise legt die Schrifft aus Arius, auf eine andere Weise Nestorius. Antwort. Setzet auch hinzu: Auf eine andere Weise legt die Schrifft aus der Pabst: Und folgens seynd nach Meinung Augustini und Vincentii alle diejenige Päbste so ihren Kopff nicht mit Christlicher Demuht und Auffrichtigkeit nach dem klaren Wort Gottes: sondern das Wort Gottes durch Hochmuht nach ihrem eigenen Kopff und privat-Geist richten/ und nach Belieben schwermen/ auch andere zur Folge ihres privat-Geistes wider das klare Wort Gottes anstrengen wollen/ ja so gar dem klaren Wort Gottes gäntzlich hindan gesetzet mit eigenen Schwärmereyen und aberglaubischen Greuelen Christi Erbschafft verwüsten/ die grösseste Ketzer-meister. XXI. Die H. Schrifft lebt nicht/ und ist sprach-loß: so kan sie auch kein Richter seyn in Glaubens-sachen/ noch einen Ausspruch machen zwischen streitenden Partheien: folgens muß der Pabst seyn der eintzige Richter/ bey dessen Ausspruch man es muß dewenden lassen. Antwort. Es ist gnug/ daß Christus das Wort des himmlischen Vaters und eintziges Haubt der Kirchen/ so durch die Heil. Schrifft redet/ lebe: davon die Epistel zun Hebraeern cap. 4. v. 12. spricht: Das Wort GOttes ist lebendig und kräfftig/ und schärffer als ein zweyschneidig Schwerdt/ und durchtringend biß es zerschneidet Seele und Geist/ auch Marck und Bein/ und ist ein Richter der Gedancken und Sinnen des Hertzens. Daß aber auch die H. Schrifft in gewisser Maaß ein lebendiger Richter seye bezeuget Esaias cap. 2. v. 3. da er spricht: Von Sion wird das Gesetz ausgehen/ und des HErrn Wort von Jerusalem/ und richten die Heyden/ und straffen viele Völcker. So spricht auch Christus Joh. 5. v. 45. Ihr solt nicht dar für halten/ daß ich euch für den Vater verklagen werde: es ist einer der euch verklaget der Moyses: das ist das Gesetz Moysis. So spricht auch Nicodemus Joh. 7. v. 51. Richtet auch unser Gesetz einen Menschen/ ehe man ihn verhört hat? Item Joh. 12. v. 48. spricht Christus: Die Rede welche ich geredet habe/ die wird ihn richten am jüngsten Tage. Item S. Paulus spricht Rom. 2. v. 12. Die/ welche im Gesetz gesündiget haben/ werden durchs Gesetz verurtheilt werden. So wird auch Christus an je- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0103" n="83"/> <p>Antwort. Zwischen sagen und thun ist ein grosser Unterscheid. Folget doch keiner mehr seinen privat-Geist als der Pabst/ und auf dessen privat-Geist bauen die Papisten.</p> <p>XX. Wan man sich in Glaubens-sachen nicht zum Sinn des Pabstes als Ober-Richters will bequemen/ so gibts nohtwendig allerley Ketzereyen: Dan wie der H. Augustinus l. 7. de gen. ad litteram c. 9. schreibt: Alle Ketzer lesen die Catholische Schrifft/ und seynd Keiner anderen Ursachen halber Ketzer/ als weil sie selbige übel verstehen/ und ihre falsche Meinungen wider dero Warheit halstarrig verthätigen. Womit überein stimmet Vincentius Lerinensis in seinem commonitorio cap. 35. 36. 37. da er schreibt: Alle und jede Ketzer-meister behaupten ihre Ketzer-Lehr aus den Zeugnüssen der H. Schrifft. Das scriptum est, es ist geschrieben/ ist die gemeine Ketzer-Lose: Die H. Schrifft ist das gelinde Schaffs-kleyd/ in welches sich die reissende Seelen-Wölff verstecken: sie ist der annehmliche wohlriechende Balsam/ mit welchem sie ihr ketzerich Gestäncke/ ihre unflätige stinck ende ketzerische Lehren beschmieren. Dan (wie obgemelter Vincentius cap. 2. schreibt: Auf eine andere Weise versteht die Schrifft der Novatianus, auf eine andere Weise legt die Schrifft aus Arius, auf eine andere Weise Nestorius.</p> <p>Antwort. Setzet auch hinzu: Auf eine andere Weise legt die Schrifft aus der Pabst: Und folgens seynd nach Meinung Augustini und Vincentii alle diejenige Päbste so ihren Kopff nicht mit Christlicher Demuht und Auffrichtigkeit nach dem klaren Wort Gottes: sondern das Wort Gottes durch Hochmuht nach ihrem eigenen Kopff und privat-Geist richten/ und nach Belieben schwermen/ auch andere zur Folge ihres privat-Geistes wider das klare Wort Gottes anstrengen wollen/ ja so gar dem klaren Wort Gottes gäntzlich hindan gesetzet mit eigenen Schwärmereyen und aberglaubischen Greuelen Christi Erbschafft verwüsten/ die grösseste Ketzer-meister.</p> <p>XXI. Die H. Schrifft lebt nicht/ und ist sprach-loß: so kan sie auch kein Richter seyn in Glaubens-sachen/ noch einen Ausspruch machen zwischen streitenden Partheien: folgens muß der Pabst seyn der eintzige Richter/ bey dessen Ausspruch man es muß dewenden lassen.</p> <p>Antwort. Es ist gnug/ daß Christus das Wort des himmlischen Vaters und eintziges Haubt der Kirchen/ so durch die Heil. Schrifft redet/ lebe: davon die Epistel zun Hebraeern cap. 4. v. 12. spricht: Das Wort GOttes ist lebendig und kräfftig/ und schärffer als ein zweyschneidig Schwerdt/ und durchtringend biß es zerschneidet Seele und Geist/ auch Marck und Bein/ und ist ein Richter der Gedancken und Sinnen des Hertzens. Daß aber auch die H. Schrifft in gewisser Maaß ein lebendiger Richter seye bezeuget Esaias cap. 2. v. 3. da er spricht: Von Sion wird das Gesetz ausgehen/ und des HErrn Wort von Jerusalem/ und richten die Heyden/ und straffen viele Völcker. So spricht auch Christus Joh. 5. v. 45. Ihr solt nicht dar für halten/ daß ich euch für den Vater verklagen werde: es ist einer der euch verklaget der Moyses: das ist das Gesetz Moysis. So spricht auch Nicodemus Joh. 7. v. 51. Richtet auch unser Gesetz einen Menschen/ ehe man ihn verhört hat? Item Joh. 12. v. 48. spricht Christus: Die Rede welche ich geredet habe/ die wird ihn richten am jüngsten Tage. Item S. Paulus spricht Rom. 2. v. 12. Die/ welche im Gesetz gesündiget haben/ werden durchs Gesetz verurtheilt werden. So wird auch Christus an je- </p> </div> </body> </text> </TEI> [83/0103]
Antwort. Zwischen sagen und thun ist ein grosser Unterscheid. Folget doch keiner mehr seinen privat-Geist als der Pabst/ und auf dessen privat-Geist bauen die Papisten.
XX. Wan man sich in Glaubens-sachen nicht zum Sinn des Pabstes als Ober-Richters will bequemen/ so gibts nohtwendig allerley Ketzereyen: Dan wie der H. Augustinus l. 7. de gen. ad litteram c. 9. schreibt: Alle Ketzer lesen die Catholische Schrifft/ und seynd Keiner anderen Ursachen halber Ketzer/ als weil sie selbige übel verstehen/ und ihre falsche Meinungen wider dero Warheit halstarrig verthätigen. Womit überein stimmet Vincentius Lerinensis in seinem commonitorio cap. 35. 36. 37. da er schreibt: Alle und jede Ketzer-meister behaupten ihre Ketzer-Lehr aus den Zeugnüssen der H. Schrifft. Das scriptum est, es ist geschrieben/ ist die gemeine Ketzer-Lose: Die H. Schrifft ist das gelinde Schaffs-kleyd/ in welches sich die reissende Seelen-Wölff verstecken: sie ist der annehmliche wohlriechende Balsam/ mit welchem sie ihr ketzerich Gestäncke/ ihre unflätige stinck ende ketzerische Lehren beschmieren. Dan (wie obgemelter Vincentius cap. 2. schreibt: Auf eine andere Weise versteht die Schrifft der Novatianus, auf eine andere Weise legt die Schrifft aus Arius, auf eine andere Weise Nestorius.
Antwort. Setzet auch hinzu: Auf eine andere Weise legt die Schrifft aus der Pabst: Und folgens seynd nach Meinung Augustini und Vincentii alle diejenige Päbste so ihren Kopff nicht mit Christlicher Demuht und Auffrichtigkeit nach dem klaren Wort Gottes: sondern das Wort Gottes durch Hochmuht nach ihrem eigenen Kopff und privat-Geist richten/ und nach Belieben schwermen/ auch andere zur Folge ihres privat-Geistes wider das klare Wort Gottes anstrengen wollen/ ja so gar dem klaren Wort Gottes gäntzlich hindan gesetzet mit eigenen Schwärmereyen und aberglaubischen Greuelen Christi Erbschafft verwüsten/ die grösseste Ketzer-meister.
XXI. Die H. Schrifft lebt nicht/ und ist sprach-loß: so kan sie auch kein Richter seyn in Glaubens-sachen/ noch einen Ausspruch machen zwischen streitenden Partheien: folgens muß der Pabst seyn der eintzige Richter/ bey dessen Ausspruch man es muß dewenden lassen.
Antwort. Es ist gnug/ daß Christus das Wort des himmlischen Vaters und eintziges Haubt der Kirchen/ so durch die Heil. Schrifft redet/ lebe: davon die Epistel zun Hebraeern cap. 4. v. 12. spricht: Das Wort GOttes ist lebendig und kräfftig/ und schärffer als ein zweyschneidig Schwerdt/ und durchtringend biß es zerschneidet Seele und Geist/ auch Marck und Bein/ und ist ein Richter der Gedancken und Sinnen des Hertzens. Daß aber auch die H. Schrifft in gewisser Maaß ein lebendiger Richter seye bezeuget Esaias cap. 2. v. 3. da er spricht: Von Sion wird das Gesetz ausgehen/ und des HErrn Wort von Jerusalem/ und richten die Heyden/ und straffen viele Völcker. So spricht auch Christus Joh. 5. v. 45. Ihr solt nicht dar für halten/ daß ich euch für den Vater verklagen werde: es ist einer der euch verklaget der Moyses: das ist das Gesetz Moysis. So spricht auch Nicodemus Joh. 7. v. 51. Richtet auch unser Gesetz einen Menschen/ ehe man ihn verhört hat? Item Joh. 12. v. 48. spricht Christus: Die Rede welche ich geredet habe/ die wird ihn richten am jüngsten Tage. Item S. Paulus spricht Rom. 2. v. 12. Die/ welche im Gesetz gesündiget haben/ werden durchs Gesetz verurtheilt werden. So wird auch Christus an je-
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