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Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

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der mit einem Flecken behafftete Augen hat/ oder die Augen mit Gewalt zudrücket/ auch das helleste Sonnen-Licht nicht erblicken.

V. Werden doch in der H. Schrifft solche schwere und wichtige Sachen fürgetragen und gehandelt/ welche mit Menschlichem Verstand unerforschlich/ und der Vernunfft zu wider lauffen.

Antwort. Ob wohl viele Sachen in der Schrift höher seyen als die menschliche Vernunfft / und selbige übersteigen/ so lauffen sie dannoch der Vernunfft und dem Glauben nicht zu wider: und ob sie schon an sich selbsten schwer und unverständlich seyen/ so werden sie doch nicht schwer und unverständlich fürgetragen: mag also der Vernunfft etwas zu hoch seyen/ aber nicht ists zu hoch dem Glauben/ davon die Epistel zun Hebräern Cap. II. v. 3. spricht: Durch den Glauben mercken wir/ daß die Welt durch GOttes Wort fertig ist / daß alles/ das man stehet/ aus nichtes worden ist. Wie dann daselbsten viel vergleichen Exempel des Glaubens angezogen werden.

VI. Es wird zwar die Heil. Schrifft genennet ein Licht Prov. 6. v. 23. Ps. 119. v. 105. aber damit diß Licht recht möge gesehen werden von der Welt/ muß es aus einen Leuchter gesetzet werden/ welches geschicht/ wann der Pabst dem verfinsterten Verstand der Menschen das Wort GOttes auslegt und erkläret.

Antwort. Weilen Christus selbsten sagt: Niemand zündet ein Licht an/ und setzet es an einen heimlichen Ort/ auch nicht unter einen Scheffel/ sondern auf den Leuchter/ auf daß/ wer hinein gehet/ das Licht sehe/ Luc. II. v. 33. So wird ja wohl Christus sein eigen Licht nicht unter einen Scheffel/ sondern auf einen Leuchter klar genug für gestellet haben: daß demnach/ wann einer ohne dem Pabst das Licht des Göttlichen Worts nicht sehen kan/ es eben so viel ist/ als wann einer/ der gesunde Augen hat/ das Sonnen-Licht nicht sehen könnte/ er hohle dann zu Rom vom Pabst die Brillen.

VII. Bittet doch David von GOtt: O HErr eröffene mir die Augen/ daß ich sehe die Wunder an deinem Gesetze! Ps. 119. v. 18. das ist ja ein Zeichen/ daß die Schrifft dunckel seye: sonsten hätte David keine Ursach gehabt erleuchtete Augen von GOtt zu begehren.

Antwort. Wie der Context daselbst ausweiset/ begehret David von Gott/ daß er möge durch die Gnade und Erleuchtung Gottes immerhin im Tugend-Wandel und Haltung seines Gesatzes fortschreiten: daraus folget keinesweges/ daß die Schrifft in Sachen/ so die Seeligkeit betreffen/ dunckel und unverständlich seye. Zudem/ weilen denen/ die verstockte Sinne haben/ die Schrift dunckel ist/ davon S. Paulus spricht: Ihre Sinne seynd verstocket / und die Decke henget für ihren Hertzen 2. Cor. 3. v. 14. 15. Drum bittet billig David von GOtt/ er solle mit seiner Decke seine Sinne nicht verfinstert lassen. Bleibt also die Schrift an sich selbsten hell und klar/ und bedarff des Pabstes Erläuterung im geringsten nicht.

VIII. Haben doch die Christen in der ersten Kirchen etliche Gebräuch gehabt/ welche uns auf den heutigen Tag unbekandt seyen: als da ist gewesen derer/ so sich über den Todten haben tauffen lassen I. Cor. 15. v. 29.

Antwort: Die Christen haben sich lassen tauffen auf den Gröberen der todten Christen / sich dardurch aufzumunteren zur Standhafftigkeit in/ dem

der mit einem Flecken behafftete Augen hat/ oder die Augen mit Gewalt zudrücket/ auch das helleste Sonnen-Licht nicht erblicken.

V. Werden doch in der H. Schrifft solche schwere und wichtige Sachen fürgetragen und gehandelt/ welche mit Menschlichem Verstand unerforschlich/ und der Vernunfft zu wider lauffen.

Antwort. Ob wohl viele Sachen in der Schrift höher seyen als die menschliche Vernunfft / und selbige übersteigen/ so lauffen sie dannoch der Vernunfft und dem Glauben nicht zu wider: und ob sie schon an sich selbsten schwer und unverständlich seyen/ so werden sie doch nicht schwer und unverständlich fürgetragen: mag also der Vernunfft etwas zu hoch seyen/ aber nicht ists zu hoch dem Glauben/ davon die Epistel zun Hebräern Cap. II. v. 3. spricht: Durch den Glauben mercken wir/ daß die Welt durch GOttes Wort fertig ist / daß alles/ das man stehet/ aus nichtes worden ist. Wie dann daselbsten viel vergleichen Exempel des Glaubens angezogen werden.

VI. Es wird zwar die Heil. Schrifft genennet ein Licht Prov. 6. v. 23. Ps. 119. v. 105. aber damit diß Licht recht möge gesehen werden von der Welt/ muß es aus einen Leuchter gesetzet werden/ welches geschicht/ wann der Pabst dem verfinsterten Verstand der Menschen das Wort GOttes auslegt und erkläret.

Antwort. Weilen Christus selbsten sagt: Niemand zündet ein Licht an/ und setzet es an einen heimlichen Ort/ auch nicht unter einen Scheffel/ sondern auf den Leuchter/ auf daß/ wer hinein gehet/ das Licht sehe/ Luc. II. v. 33. So wird ja wohl Christus sein eigen Licht nicht unter einen Scheffel/ sondern auf einen Leuchter klar genug für gestellet haben: daß demnach/ wann einer ohne dem Pabst das Licht des Göttlichen Worts nicht sehen kan/ es eben so viel ist/ als wann einer/ der gesunde Augen hat/ das Sonnen-Licht nicht sehen könnte/ er hohle dann zu Rom vom Pabst die Brillen.

VII. Bittet doch David von GOtt: O HErr eröffene mir die Augen/ daß ich sehe die Wunder an deinem Gesetze! Ps. 119. v. 18. das ist ja ein Zeichen/ daß die Schrifft dunckel seye: sonsten hätte David keine Ursach gehabt erleuchtete Augen von GOtt zu begehren.

Antwort. Wie der Context daselbst ausweiset/ begehret David von Gott/ daß er möge durch die Gnade und Erleuchtung Gottes immerhin im Tugend-Wandel und Haltung seines Gesatzes fortschreiten: daraus folget keinesweges/ daß die Schrifft in Sachen/ so die Seeligkeit betreffen/ dunckel und unverständlich seye. Zudem/ weilen denen/ die verstockte Sinne haben/ die Schrift dunckel ist/ davon S. Paulus spricht: Ihre Sinne seynd verstocket / und die Decke henget für ihren Hertzen 2. Cor. 3. v. 14. 15. Drum bittet billig David von GOtt/ er solle mit seiner Decke seine Sinne nicht verfinstert lassen. Bleibt also die Schrift an sich selbsten hell und klar/ und bedarff des Pabstes Erläuterung im geringsten nicht.

VIII. Haben doch die Christen in der ersten Kirchen etliche Gebräuch gehabt/ welche uns auf den heutigen Tag unbekandt seyen: als da ist gewesen derer/ so sich über den Todten haben tauffen lassen I. Cor. 15. v. 29.

Antwort: Die Christen haben sich lassen tauffen auf den Gröberen der todten Christen / sich dardurch aufzumunteren zur Standhafftigkeit in/ dem

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        <p>VII. Bittet doch David von GOtt: O HErr eröffene mir die Augen/ daß ich sehe die Wunder            an deinem Gesetze! Ps. 119. v. 18. das ist ja ein Zeichen/ daß die Schrifft dunckel seye:            sonsten hätte David keine Ursach gehabt erleuchtete Augen von GOtt zu begehren.</p>
        <p>Antwort. Wie der Context daselbst ausweiset/ begehret David von Gott/ daß er möge durch            die Gnade und Erleuchtung Gottes immerhin im Tugend-Wandel und Haltung seines Gesatzes            fortschreiten: daraus folget keinesweges/ daß die Schrifft in Sachen/ so die Seeligkeit            betreffen/ dunckel und unverständlich seye. Zudem/ weilen denen/ die verstockte Sinne            haben/ die Schrift dunckel ist/ davon S. Paulus spricht: Ihre Sinne seynd verstocket /            und die Decke henget für ihren Hertzen 2. Cor. 3. v. 14. 15. Drum bittet billig David von            GOtt/ er solle mit seiner Decke seine Sinne nicht verfinstert lassen. Bleibt also die            Schrift an sich selbsten hell und klar/ und bedarff des Pabstes Erläuterung im geringsten            nicht.</p>
        <p>VIII. Haben doch die Christen in der ersten Kirchen etliche Gebräuch gehabt/ welche uns            auf den heutigen Tag unbekandt seyen: als da ist gewesen derer/ so sich über den Todten            haben tauffen lassen I. Cor. 15. v. 29.</p>
        <p>Antwort: Die Christen haben sich lassen tauffen auf den Gröberen der todten Christen /            sich dardurch aufzumunteren zur Standhafftigkeit in/ dem
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[47/0067] der mit einem Flecken behafftete Augen hat/ oder die Augen mit Gewalt zudrücket/ auch das helleste Sonnen-Licht nicht erblicken. V. Werden doch in der H. Schrifft solche schwere und wichtige Sachen fürgetragen und gehandelt/ welche mit Menschlichem Verstand unerforschlich/ und der Vernunfft zu wider lauffen. Antwort. Ob wohl viele Sachen in der Schrift höher seyen als die menschliche Vernunfft / und selbige übersteigen/ so lauffen sie dannoch der Vernunfft und dem Glauben nicht zu wider: und ob sie schon an sich selbsten schwer und unverständlich seyen/ so werden sie doch nicht schwer und unverständlich fürgetragen: mag also der Vernunfft etwas zu hoch seyen/ aber nicht ists zu hoch dem Glauben/ davon die Epistel zun Hebräern Cap. II. v. 3. spricht: Durch den Glauben mercken wir/ daß die Welt durch GOttes Wort fertig ist / daß alles/ das man stehet/ aus nichtes worden ist. Wie dann daselbsten viel vergleichen Exempel des Glaubens angezogen werden. VI. Es wird zwar die Heil. Schrifft genennet ein Licht Prov. 6. v. 23. Ps. 119. v. 105. aber damit diß Licht recht möge gesehen werden von der Welt/ muß es aus einen Leuchter gesetzet werden/ welches geschicht/ wann der Pabst dem verfinsterten Verstand der Menschen das Wort GOttes auslegt und erkläret. Antwort. Weilen Christus selbsten sagt: Niemand zündet ein Licht an/ und setzet es an einen heimlichen Ort/ auch nicht unter einen Scheffel/ sondern auf den Leuchter/ auf daß/ wer hinein gehet/ das Licht sehe/ Luc. II. v. 33. So wird ja wohl Christus sein eigen Licht nicht unter einen Scheffel/ sondern auf einen Leuchter klar genug für gestellet haben: daß demnach/ wann einer ohne dem Pabst das Licht des Göttlichen Worts nicht sehen kan/ es eben so viel ist/ als wann einer/ der gesunde Augen hat/ das Sonnen-Licht nicht sehen könnte/ er hohle dann zu Rom vom Pabst die Brillen. VII. Bittet doch David von GOtt: O HErr eröffene mir die Augen/ daß ich sehe die Wunder an deinem Gesetze! Ps. 119. v. 18. das ist ja ein Zeichen/ daß die Schrifft dunckel seye: sonsten hätte David keine Ursach gehabt erleuchtete Augen von GOtt zu begehren. Antwort. Wie der Context daselbst ausweiset/ begehret David von Gott/ daß er möge durch die Gnade und Erleuchtung Gottes immerhin im Tugend-Wandel und Haltung seines Gesatzes fortschreiten: daraus folget keinesweges/ daß die Schrifft in Sachen/ so die Seeligkeit betreffen/ dunckel und unverständlich seye. Zudem/ weilen denen/ die verstockte Sinne haben/ die Schrift dunckel ist/ davon S. Paulus spricht: Ihre Sinne seynd verstocket / und die Decke henget für ihren Hertzen 2. Cor. 3. v. 14. 15. Drum bittet billig David von GOtt/ er solle mit seiner Decke seine Sinne nicht verfinstert lassen. Bleibt also die Schrift an sich selbsten hell und klar/ und bedarff des Pabstes Erläuterung im geringsten nicht. VIII. Haben doch die Christen in der ersten Kirchen etliche Gebräuch gehabt/ welche uns auf den heutigen Tag unbekandt seyen: als da ist gewesen derer/ so sich über den Todten haben tauffen lassen I. Cor. 15. v. 29. Antwort: Die Christen haben sich lassen tauffen auf den Gröberen der todten Christen / sich dardurch aufzumunteren zur Standhafftigkeit in/ dem

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Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/67>, abgerufen am 23.11.2024.