Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.als ein Mensch leichtlich in Irrthum gerahten und in Zerrüttung des Gemühts sich selbsten verwirren kan; immassen dan auch S. Petrus selbsten geirret/ und gegen die Warheit sich verstossen hat Gal. 2. Zum andern: so wissen wir aus Heil. Schrifft/ daß Christus allein seye das Haubt seiner Kirchen: GOtt hat ihn gesetzet zum Haubt der Gemeine über alles Eph. I. v. 22. Lasset uns wachsen in allen Stücken/ an dem/ der das Haubt ist Christus Eph. 4. v. 15. Zum dritten: so hat uns der himmlische Vater befohlen/ daß wir Christum hören sollen Matt. 17. v. 5. da war Petrus zugegen: aber von ihm geschahe im geringsten keine Meldung. Einrede der Papisten. I. Gleichwie einem Fürsten/ wan er aus seinem Land hinweg reiset/ vonnöhten thut/ daß er einen bevollmächtigten Stadthalter verordne/ welcher in dessen Abwesenheit alles in des Fürsten Nahmen versehe/ und verrichte: also ist glaublich/ daß Christus gethan habe / als er gen Himmel fahren und seine leibliche Gegenwart seiner Kirchen hat entziehen wollen. Antwort. Das ist gar ein unartig/ und lächerlichs argument: dan erstlich so kan man mit Gleichnüssen nichts beweisen: sondern man pflegt sie nur um besseren Verstands willen einer Sachen einzuführen. Zum andern/ gesetzet: daß Christus einen Stadthalter über seine Kirche verordnet hätte: muß es dan eben der Pabst und kein ander seyn? Wo hat er seine Vollmachts- und Bestellungs-Briefe? Uber das so ist auch kein Fürst so närrisch/ daß er seinem Stadthalter einen solchen völligen Gewalt (wie der Pabst ihm selbsten anmasset) gestatte/ und übergebe: sondern er setzet demselbigen gewisse Ziel und Maaß/ wie weit er sich erstrecken solle. Der Pabst aber erkennet keine Schrancken. II. Es wird doch die Christliche Kirch genennet ein Königreich Dan. 2. v. 44. ein Schaffstall Joh. 10. v. 16. ein wohlgeordnetes Krieges-heer Cant. 6. v. 9. ein Hauß I. Tim. 3. v. 5. ein Schiff oder Arcke I. Pet. 3. v. 20. so muß ja auch in der Kirchen seyn ein König/ ein Hirte/ ein Heers-führer/ ein Haus-vater/ ein Schiff-herr. Summa es muß einer seyn/ der für die gantze Christenheit sorge/ und wache; sonsten heißt es: da keine Obrigkeit und Rahtsgeber ist/ da geht das Volck unter/ prov. II. v. 14. Antwort. Es ist einer der heist Christus/ welcher nicht schläfft noch schlummert Ps. 121. v. 4. sondern für die gantze Christenheit gar fleissig wachet/ und beständige Obsicht hält/ auch alle diese Aemter gantz vollkommentlich kan verrichten: welches doch einem blossen Menschen gantz und gar zu thun unmöglich fiehle. Dieser Christus spricht selbsten: Sihe ich bin bey euch alle Tage biß ans Ende der Welt Matt. 28. v. 20. Untersteht sich also der Pabst vergeblich unmögliche Dinge ins Werck zu richten. III. Hat doch GOtt im alten Testament den Hohen-priester darhin geordnet/ und befohlen / daß er an seiner statt fürfallende streitige Sachen entscheiden/ und darinnen das Urtheil fällen solle Deut. 17. v. 8. Warum solte dan solches nicht auch im Neuen Testament statt haben? Antwort. Der Hohe-priester ist ein Fürbild gewesen auf Christum, und nicht auf den Pabst: welches Fürbild dan in Christo seine Endschafft erreichet hat/ und verloschen ist. Derowegen ist es ein vergeblich gezwungenes Unternehmen/ daß man mit demjenigen/ so schon längst verloschen ist/ den Pabst als ein Mensch leichtlich in Irrthum gerahten und in Zerrüttung des Gemühts sich selbsten verwirren kan; immassen dan auch S. Petrus selbsten geirret/ und gegen die Warheit sich verstossen hat Gal. 2. Zum andern: so wissen wir aus Heil. Schrifft/ daß Christus allein seye das Haubt seiner Kirchen: GOtt hat ihn gesetzet zum Haubt der Gemeine über alles Eph. I. v. 22. Lasset uns wachsen in allen Stücken/ an dem/ der das Haubt ist Christus Eph. 4. v. 15. Zum dritten: so hat uns der himmlische Vater befohlen/ daß wir Christum hören sollen Matt. 17. v. 5. da war Petrus zugegen: aber von ihm geschahe im geringsten keine Meldung. Einrede der Papisten. I. Gleichwie einem Fürsten/ wan er aus seinem Land hinweg reiset/ vonnöhten thut/ daß er einen bevollmächtigten Stadthalter verordne/ welcher in dessen Abwesenheit alles in des Fürsten Nahmen versehe/ und verrichte: also ist glaublich/ daß Christus gethan habe / als er gen Himmel fahren und seine leibliche Gegenwart seiner Kirchen hat entziehen wollen. Antwort. Das ist gar ein unartig/ und lächerlichs argument: dan erstlich so kan man mit Gleichnüssen nichts beweisen: sondern man pflegt sie nur um besseren Verstands willen einer Sachen einzuführen. Zum andern/ gesetzet: daß Christus einen Stadthalter über seine Kirche verordnet hätte: muß es dan eben der Pabst und kein ander seyn? Wo hat er seine Vollmachts- und Bestellungs-Briefe? Uber das so ist auch kein Fürst so närrisch/ daß er seinem Stadthalter einen solchen völligen Gewalt (wie der Pabst ihm selbsten anmasset) gestatte/ und übergebe: sondern er setzet demselbigen gewisse Ziel und Maaß/ wie weit er sich erstrecken solle. Der Pabst aber erkennet keine Schrancken. II. Es wird doch die Christliche Kirch genennet ein Königreich Dan. 2. v. 44. ein Schaffstall Joh. 10. v. 16. ein wohlgeordnetes Krieges-heer Cant. 6. v. 9. ein Hauß I. Tim. 3. v. 5. ein Schiff oder Arcke I. Pet. 3. v. 20. so muß ja auch in der Kirchen seyn ein König/ ein Hirte/ ein Heers-führer/ ein Haus-vater/ ein Schiff-herr. Summa es muß einer seyn/ der für die gantze Christenheit sorge/ und wache; sonsten heißt es: da keine Obrigkeit und Rahtsgeber ist/ da geht das Volck unter/ prov. II. v. 14. Antwort. Es ist einer der heist Christus/ welcher nicht schläfft noch schlummert Ps. 121. v. 4. sondern für die gantze Christenheit gar fleissig wachet/ und beständige Obsicht hält/ auch alle diese Aemter gantz vollkommentlich kan verrichten: welches doch einem blossen Menschen gantz und gar zu thun unmöglich fiehle. Dieser Christus spricht selbsten: Sihe ich bin bey euch alle Tage biß ans Ende der Welt Matt. 28. v. 20. Untersteht sich also der Pabst vergeblich unmögliche Dinge ins Werck zu richten. III. Hat doch GOtt im alten Testament den Hohen-priester darhin geordnet/ und befohlen / daß er an seiner statt fürfallende streitige Sachen entscheiden/ und darinnen das Urtheil fällen solle Deut. 17. v. 8. Warum solte dan solches nicht auch im Neuen Testament statt haben? Antwort. Der Hohe-priester ist ein Fürbild gewesen auf Christum, und nicht auf den Pabst: welches Fürbild dan in Christo seine Endschafft erreichet hat/ und verloschen ist. 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Gleichwie einem Fürsten/ wan er aus seinem Land hinweg reiset/ vonnöhten thut/ daß er einen bevollmächtigten Stadthalter verordne/ welcher in dessen Abwesenheit alles in des Fürsten Nahmen versehe/ und verrichte: also ist glaublich/ daß Christus gethan habe / als er gen Himmel fahren und seine leibliche Gegenwart seiner Kirchen hat entziehen wollen.</p> <p>Antwort. Das ist gar ein unartig/ und lächerlichs argument: dan erstlich so kan man mit Gleichnüssen nichts beweisen: sondern man pflegt sie nur um besseren Verstands willen einer Sachen einzuführen. Zum andern/ gesetzet: daß Christus einen Stadthalter über seine Kirche verordnet hätte: muß es dan eben der Pabst und kein ander seyn? Wo hat er seine Vollmachts- und Bestellungs-Briefe? Uber das so ist auch kein Fürst so närrisch/ daß er seinem Stadthalter einen solchen völligen Gewalt (wie der Pabst ihm selbsten anmasset) gestatte/ und übergebe: sondern er setzet demselbigen gewisse Ziel und Maaß/ wie weit er sich erstrecken solle. Der Pabst aber erkennet keine Schrancken.</p> <p>II. Es wird doch die Christliche Kirch genennet ein Königreich Dan. 2. v. 44. ein Schaffstall Joh. 10. v. 16. ein wohlgeordnetes Krieges-heer Cant. 6. v. 9. ein Hauß I. Tim. 3. v. 5. ein Schiff oder Arcke I. Pet. 3. v. 20. so muß ja auch in der Kirchen seyn ein König/ ein Hirte/ ein Heers-führer/ ein Haus-vater/ ein Schiff-herr. Summa es muß einer seyn/ der für die gantze Christenheit sorge/ und wache; sonsten heißt es: da keine Obrigkeit und Rahtsgeber ist/ da geht das Volck unter/ prov. II. v. 14.</p> <p>Antwort. Es ist einer der heist Christus/ welcher nicht schläfft noch schlummert Ps. 121. v. 4. sondern für die gantze Christenheit gar fleissig wachet/ und beständige Obsicht hält/ auch alle diese Aemter gantz vollkommentlich kan verrichten: welches doch einem blossen Menschen gantz und gar zu thun unmöglich fiehle. Dieser Christus spricht selbsten: Sihe ich bin bey euch alle Tage biß ans Ende der Welt Matt. 28. v. 20. Untersteht sich also der Pabst vergeblich unmögliche Dinge ins Werck zu richten.</p> <p>III. Hat doch GOtt im alten Testament den Hohen-priester darhin geordnet/ und befohlen / daß er an seiner statt fürfallende streitige Sachen entscheiden/ und darinnen das Urtheil fällen solle Deut. 17. v. 8. Warum solte dan solches nicht auch im Neuen Testament statt haben?</p> <p>Antwort. Der Hohe-priester ist ein Fürbild gewesen auf Christum, und nicht auf den Pabst: welches Fürbild dan in Christo seine Endschafft erreichet hat/ und verloschen ist. Derowegen ist es ein vergeblich gezwungenes Unternehmen/ daß man mit demjenigen/ so schon längst verloschen ist/ den Pabst </p> </div> </body> </text> </TEI> [77/0097]
als ein Mensch leichtlich in Irrthum gerahten und in Zerrüttung des Gemühts sich selbsten verwirren kan; immassen dan auch S. Petrus selbsten geirret/ und gegen die Warheit sich verstossen hat Gal. 2.
Zum andern: so wissen wir aus Heil. Schrifft/ daß Christus allein seye das Haubt seiner Kirchen: GOtt hat ihn gesetzet zum Haubt der Gemeine über alles Eph. I. v. 22. Lasset uns wachsen in allen Stücken/ an dem/ der das Haubt ist Christus Eph. 4. v. 15.
Zum dritten: so hat uns der himmlische Vater befohlen/ daß wir Christum hören sollen Matt. 17. v. 5. da war Petrus zugegen: aber von ihm geschahe im geringsten keine Meldung.
Einrede der Papisten.
I. Gleichwie einem Fürsten/ wan er aus seinem Land hinweg reiset/ vonnöhten thut/ daß er einen bevollmächtigten Stadthalter verordne/ welcher in dessen Abwesenheit alles in des Fürsten Nahmen versehe/ und verrichte: also ist glaublich/ daß Christus gethan habe / als er gen Himmel fahren und seine leibliche Gegenwart seiner Kirchen hat entziehen wollen.
Antwort. Das ist gar ein unartig/ und lächerlichs argument: dan erstlich so kan man mit Gleichnüssen nichts beweisen: sondern man pflegt sie nur um besseren Verstands willen einer Sachen einzuführen. Zum andern/ gesetzet: daß Christus einen Stadthalter über seine Kirche verordnet hätte: muß es dan eben der Pabst und kein ander seyn? Wo hat er seine Vollmachts- und Bestellungs-Briefe? Uber das so ist auch kein Fürst so närrisch/ daß er seinem Stadthalter einen solchen völligen Gewalt (wie der Pabst ihm selbsten anmasset) gestatte/ und übergebe: sondern er setzet demselbigen gewisse Ziel und Maaß/ wie weit er sich erstrecken solle. Der Pabst aber erkennet keine Schrancken.
II. Es wird doch die Christliche Kirch genennet ein Königreich Dan. 2. v. 44. ein Schaffstall Joh. 10. v. 16. ein wohlgeordnetes Krieges-heer Cant. 6. v. 9. ein Hauß I. Tim. 3. v. 5. ein Schiff oder Arcke I. Pet. 3. v. 20. so muß ja auch in der Kirchen seyn ein König/ ein Hirte/ ein Heers-führer/ ein Haus-vater/ ein Schiff-herr. Summa es muß einer seyn/ der für die gantze Christenheit sorge/ und wache; sonsten heißt es: da keine Obrigkeit und Rahtsgeber ist/ da geht das Volck unter/ prov. II. v. 14.
Antwort. Es ist einer der heist Christus/ welcher nicht schläfft noch schlummert Ps. 121. v. 4. sondern für die gantze Christenheit gar fleissig wachet/ und beständige Obsicht hält/ auch alle diese Aemter gantz vollkommentlich kan verrichten: welches doch einem blossen Menschen gantz und gar zu thun unmöglich fiehle. Dieser Christus spricht selbsten: Sihe ich bin bey euch alle Tage biß ans Ende der Welt Matt. 28. v. 20. Untersteht sich also der Pabst vergeblich unmögliche Dinge ins Werck zu richten.
III. Hat doch GOtt im alten Testament den Hohen-priester darhin geordnet/ und befohlen / daß er an seiner statt fürfallende streitige Sachen entscheiden/ und darinnen das Urtheil fällen solle Deut. 17. v. 8. Warum solte dan solches nicht auch im Neuen Testament statt haben?
Antwort. Der Hohe-priester ist ein Fürbild gewesen auf Christum, und nicht auf den Pabst: welches Fürbild dan in Christo seine Endschafft erreichet hat/ und verloschen ist. Derowegen ist es ein vergeblich gezwungenes Unternehmen/ daß man mit demjenigen/ so schon längst verloschen ist/ den Pabst
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