Er fiel mir in die Rede: Und ich mich nie deinen thörichten Einfällen/ Clarissa Har- lowe. Laß mich nicht eben den Verdruß erfahren, den alle erfahren, die gegen das Frauenvolck gütig sind. Denn je mehr wir nachgeben, je mehr wi- dersprecht ihr uns.
Sie wissen, mein Schatz, daß mein Vater eben so wenig als mein Bruder eine gute Meinung von dem Frauenzimmer hat, obgleich meine Mut- ter so viel nachgibt, als schwerlich eine Frau in der Welt thun wird.
Jch wollte ihm eben Versicherungen von mei- nem Gehorsam geben. Er uuterbrach mich. Keine Versicherungen, Mädchen! Keine Worte! Jch liebe kein Geschwätz. Du solt mir gehorchen.
Jch habe kein Kind. Jch will kein Kind ha- ben, wenn es nicht gehorsam ist.
Jch hoffe, sie haben nicht Ursach gehabt - -
Sage mir nicht, was ich nicht gehabt habe: sondern was ich jetzt habe, und haben soll.
Hören sie mich doch aus: Jch fürchte mein Bruder und meine Schwester - -.
Nichts gegen deinen Bruder und gegen deine Schwester! Die Ehre der Familie liegt ihnen am Hertzen.
Jch hoffe auch - -.
Hoffe nichts Mädchen. Sage mir nicht, was du hoffest, sondern was du thust. Jch fodere nichts von dir, als was du thun kanst, und thun mußt.
Jch will mich gern bequemen, aber ich hoffe sie werden so gütig seyn - -.
Keine
Die Geſchichte
Er fiel mir in die Rede: Und ich mich nie deinen thoͤrichten Einfaͤllen/ Clariſſa Har- lowe. Laß mich nicht eben den Verdruß erfahren, den alle erfahren, die gegen das Frauenvolck guͤtig ſind. Denn je mehr wir nachgeben, je mehr wi- derſprecht ihr uns.
Sie wiſſen, mein Schatz, daß mein Vater eben ſo wenig als mein Bruder eine gute Meinung von dem Frauenzimmer hat, obgleich meine Mut- ter ſo viel nachgibt, als ſchwerlich eine Frau in der Welt thun wird.
Jch wollte ihm eben Verſicherungen von mei- nem Gehorſam geben. Er uuterbrach mich. Keine Verſicherungen, Maͤdchen! Keine Worte! Jch liebe kein Geſchwaͤtz. Du ſolt mir gehorchen.
Jch habe kein Kind. Jch will kein Kind ha- ben, wenn es nicht gehorſam iſt.
Jch hoffe, ſie haben nicht Urſach gehabt ‒ ‒
Sage mir nicht, was ich nicht gehabt habe: ſondern was ich jetzt habe, und haben ſoll.
Hoͤren ſie mich doch aus: Jch fuͤrchte mein Bruder und meine Schweſter ‒ ‒.
Nichts gegen deinen Bruder und gegen deine Schweſter! Die Ehre der Familie liegt ihnen am Hertzen.
Jch hoffe auch ‒ ‒.
Hoffe nichts Maͤdchen. Sage mir nicht, was du hoffeſt, ſondern was du thuſt. Jch fodere nichts von dir, als was du thun kanſt, und thun mußt.
Jch will mich gern bequemen, aber ich hoffe ſie werden ſo guͤtig ſeyn ‒ ‒.
Keine
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Die Geſchichte
Er fiel mir in die Rede: Und ich mich nie
deinen thoͤrichten Einfaͤllen/ Clariſſa Har-
lowe. Laß mich nicht eben den Verdruß erfahren,
den alle erfahren, die gegen das Frauenvolck guͤtig
ſind. Denn je mehr wir nachgeben, je mehr wi-
derſprecht ihr uns.
Sie wiſſen, mein Schatz, daß mein Vater
eben ſo wenig als mein Bruder eine gute Meinung
von dem Frauenzimmer hat, obgleich meine Mut-
ter ſo viel nachgibt, als ſchwerlich eine Frau in der
Welt thun wird.
Jch wollte ihm eben Verſicherungen von mei-
nem Gehorſam geben. Er uuterbrach mich.
Keine Verſicherungen, Maͤdchen! Keine Worte!
Jch liebe kein Geſchwaͤtz. Du ſolt mir gehorchen.
Jch habe kein Kind. Jch will kein Kind ha-
ben, wenn es nicht gehorſam iſt.
Jch hoffe, ſie haben nicht Urſach gehabt ‒ ‒
Sage mir nicht, was ich nicht gehabt habe:
ſondern was ich jetzt habe, und haben ſoll.
Hoͤren ſie mich doch aus: Jch fuͤrchte mein
Bruder und meine Schweſter ‒ ‒.
Nichts gegen deinen Bruder und gegen deine
Schweſter! Die Ehre der Familie liegt ihnen am
Hertzen.
Jch hoffe auch ‒ ‒.
Hoffe nichts Maͤdchen. Sage mir nicht, was
du hoffeſt, ſondern was du thuſt. Jch fodere nichts
von dir, als was du thun kanſt, und thun mußt.
Jch will mich gern bequemen, aber ich hoffe ſie
werden ſo guͤtig ſeyn ‒ ‒.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/100>, abgerufen am 23.11.2024.
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