Röll, [Victor] von (Hrsg.): Enzyklopädie des Eisenbahnwesens. 2. Aufl. Bd. 6. Berlin, Wien, 1914.Die Station, auf der ein H. aufgestellt ist, hat sofort nach dem Bekanntwerden eines Unfalles mit größter Beschleunigung die Absendung des H. nach der Unfallstelle vorzubereiten. Für das Meldeverfahren und den Nachrichtendienst bei Unfällen bestehen in der Regel ausführliche Bestimmungen. Bei den preußischen und bei den sächsischen Staatsbahnen sind sie in den "Vorschriften für das Meldeverfahren und den Nachrichtendienst sowie für die Verwendung der H. und Hilfsgerätewagen bei Unfällen, Betriebsstörungen und außergewöhnlichen Ereignissen" zusammengestellt. Nach diesen Vorschriften soll der H. bei Tage spätestens 30 Minuten und bei Nacht spätestens 45 Minuten nach Eingang der telegraphischen Anforderung abfahren. Soweit die für den H. bestimmten Ärzte, Beamten und Arbeiter nicht ohne Zeitverlust durch Boten herbeigerufen werden können, sind Fernsprech- oder Weckereinrichtungen für diesen Zweck vorgesehen. Während die genannten Personen herbeigerufen werden, wird auch eine Lokomotive für den Zug herangeschafft, dieser selbst zusammengestellt und in das Abfahrgleis gebracht; inzwischen bereitet die Station den Fahrplan für die Sonderfahrt vor und gibt ihn soweit angängig, den beteiligten Stationen bis zur Unfallstelle telegraphisch bekannt. Durch solche bis ins einzelne ausgearbeitete Vorschriften und durch Schulung und Ausbildung des Personals ist es möglich geworden, in verhältnismäßig kurzer Zeit nach Eintritt eines Unfalles an der Unfallstelle tatkräftig einzugreifen, den Verletzten Hilfe zu bringen und die Arbeiten zur Wiederaufnahme des Betriebs mit Nachdruck zu fördern. Ähnliche Einrichtungen bestehen auf den übrigen deutschen Staatsbahnen. Die H. der badischen Staatsbahnen sind gebildet aus einem Arztwagen, einem Wagen mit den Geräten und Werkzeugen zum Beseitigen und Aufgleisen der beschädigten Betriebsmittel, dem Gerätewagen und einem dritten Fahrzeuge, das als Aufenthalts- und Ruheraum der mit der Räumung befaßten Beamten und Arbeiter dient und auch einen Küchenraum enthält, dem Mannschaftswagen. Im ganzen sind je sechs Geräte- und Mannschaftswagen sowie fünf Ärztewagen vorhanden und zu H. vereinigt auf geeigneten Bahnhöfen des Netzes bereitgestellt. Der leitende Gedanke war auch hier, daß bei leichten, ohne Schädigung von Menschenleben und nahe dem Standorte des H. verlaufenden Unfällen von voraussichtlich kurzer Dauer der Räumungsarbeiten nur der Gerätewagen auszurücken braucht, während bei schweren oder weiter vom Standort entfernten Unfällen auch der Mannschaftswagen mitgenommen wird. Der Arztwagen soll nur bei Unfällen verwendet werden, die Schädigung von Menschenleben zur Folge hatten. Sämtliche Fahrzeuge sind dreiachsig, mit in besonderen Gestellen verschiebbaren Mittelachsen gebaut. Vergleiche die ausführliche Beschreibung dieser H. und auch des Arztwagens der oldenburgischen Staatsbahnen, Bulletin, Januar 1913 sowie des Arztwagens der sächsischen Staatsbahnen, Zeitschr. für Bahn- und Bahnkassenärzte. Leipzig 1912, S. 300. Auf den österreichischen Staatsbahnen dienen zur Beförderung von Verletzten in der Regel bedeckte Güterwagen. Zur Sicherung einer möglichst raschen und zweckdienlichen Hilfeleistung bei Verletzungen von Personen infolge von Eisenbahnunfällen sind in allen Stationen, die mit einem Requisitenwagen dotiert sind, Sanitätswagen aufgestellt und überdies aus Bediensteten aller Kategorien zusammengesetzte von den Bahnärzten praktisch geschulte Sanitätskorps errichtet. Ende 1909 waren auf sämtlichen Linien der österr. Staatsbahnen insgesamt 47 Sanitätswagen zur Aufstellung gelangt und 49 Sanitätskorps organisiert, von welch letzteren 37 über Mannschaften von mindestens 20 Mann, die übrigen über solche von weniger als 20 Mann verfügten. Die Leitung und Einübung besorgten 49 Korpsärzte und 49 Korpsführer. Im Jahre 1912 belief sieh die Anzahl der Sanitätskorps auf 63. Auf den belgischen Eisenbahnen ist der Hilfsdienst durch eine Dienstvorschrift "Service de secours aux malades et aux blesses" geregelt. Auf 58 Stationen des Bahnnetzes befinden sich Hilfswagen, durch die die auf diesen Stationen vorrätig zu haltenden Hilfsmittel nach der Unfallstelle zu schaffen sind. Die Tragbahren für Verletzte können auf zweirädrigen Wagen fortbewegt und während der Eisenbahnfahrt in Abteilwagen 3. Klasse einerseits am Gepäcknetz, anderseits an der Rücklehne aufgehängt werden. In den Niederlanden wird die Bereithaltung von Arztwagen für die H. nicht für erforderlich gehalten. Man ist hier der Ansicht, daß Operationen weder an der Unfallstelle noch auf dem Wege zum Krankenhause oder zur Wohnung nötig sind. Wegen der dichten Bevölkerung wird angenommen, daß ein Unfall nie in größerer Entfernung von einem Krankenhause vorkommen kann. Vgl. Eisenbahnhygiene in den Niederlanden, kurze Übersicht von Dr. D. Romeyn, Eisenbahninspektor in Breda. In Rußland haben die Eisenbahnverwaltungen gleichfalls Einrichtungen für die Hilfeleistung bei Unfällen getroffen. So besitzt die Warschau-Wiener Bahn drei Hilfeleistungszüge, die aus je drei Wagen gebildet und zur Aufnahme von Ärzten, Handwerkern und Arbeitern sowie dem nötigen Gerät eingerichtet sind. Bei den englischen Eisenbahnen ist in jeder Hauptbetriebsstation eine Hilfsanlage vorgesehen, ausgerüstet mit einem mächtigen Kran mit hydraulischer Hebevorrichtung und allen Ausrüstungen, die für irgendeine Art von Unfällen nötig sind. Ferner ist hierzu vorgesehen eine Gruppe von Werkleuten, die zu jeder Stunde des Tages und der Nacht bereit sein müssen, den H. zu begleiten. Dieser besteht aus einer Lokomotive, einem Kranwagen mit Verankerung am Gleis, einem Werkzeug- und Verbandzeugwagen und je nach Erfordernis 1-3 Güterwagen. Die Mannschaft nimmt im Werkzeugwagen Platz. Eine gute Beleuchtung der Unfallstelle ist für die Förderung der Aufräumungsarbeiten außerordentlich förderlich. Sie wird jetzt meist durch Laternen erreicht, die mit Azetylengas gespeist werden und die in verschiedenen Größen als Hand- und Standlaternen im H. mitgeführt werden. Die Zubereitung des Gases erfolgt bei den Handlaternen ähnlich wie bei den für Fahrräder und Automobile gebräuchlichen Laternen, während die Standlaternen auf größeren Behältern zur Aufnahme von Karbid und Wasser angebracht sind. - Ein weiteres wichtiges Gerät bilden besonders hergerichtete förmige Rillenschienen, die neben den Fahrschienen befestigt, einen rampenartigen Aufstieg zu den letzteren bilden und das Eingleisen von Die Station, auf der ein H. aufgestellt ist, hat sofort nach dem Bekanntwerden eines Unfalles mit größter Beschleunigung die Absendung des H. nach der Unfallstelle vorzubereiten. Für das Meldeverfahren und den Nachrichtendienst bei Unfällen bestehen in der Regel ausführliche Bestimmungen. Bei den preußischen und bei den sächsischen Staatsbahnen sind sie in den „Vorschriften für das Meldeverfahren und den Nachrichtendienst sowie für die Verwendung der H. und Hilfsgerätewagen bei Unfällen, Betriebsstörungen und außergewöhnlichen Ereignissen“ zusammengestellt. Nach diesen Vorschriften soll der H. bei Tage spätestens 30 Minuten und bei Nacht spätestens 45 Minuten nach Eingang der telegraphischen Anforderung abfahren. Soweit die für den H. bestimmten Ärzte, Beamten und Arbeiter nicht ohne Zeitverlust durch Boten herbeigerufen werden können, sind Fernsprech- oder Weckereinrichtungen für diesen Zweck vorgesehen. Während die genannten Personen herbeigerufen werden, wird auch eine Lokomotive für den Zug herangeschafft, dieser selbst zusammengestellt und in das Abfahrgleis gebracht; inzwischen bereitet die Station den Fahrplan für die Sonderfahrt vor und gibt ihn soweit angängig, den beteiligten Stationen bis zur Unfallstelle telegraphisch bekannt. Durch solche bis ins einzelne ausgearbeitete Vorschriften und durch Schulung und Ausbildung des Personals ist es möglich geworden, in verhältnismäßig kurzer Zeit nach Eintritt eines Unfalles an der Unfallstelle tatkräftig einzugreifen, den Verletzten Hilfe zu bringen und die Arbeiten zur Wiederaufnahme des Betriebs mit Nachdruck zu fördern. Ähnliche Einrichtungen bestehen auf den übrigen deutschen Staatsbahnen. Die H. der badischen Staatsbahnen sind gebildet aus einem Arztwagen, einem Wagen mit den Geräten und Werkzeugen zum Beseitigen und Aufgleisen der beschädigten Betriebsmittel, dem Gerätewagen und einem dritten Fahrzeuge, das als Aufenthalts- und Ruheraum der mit der Räumung befaßten Beamten und Arbeiter dient und auch einen Küchenraum enthält, dem Mannschaftswagen. Im ganzen sind je sechs Geräte- und Mannschaftswagen sowie fünf Ärztewagen vorhanden und zu H. vereinigt auf geeigneten Bahnhöfen des Netzes bereitgestellt. Der leitende Gedanke war auch hier, daß bei leichten, ohne Schädigung von Menschenleben und nahe dem Standorte des H. verlaufenden Unfällen von voraussichtlich kurzer Dauer der Räumungsarbeiten nur der Gerätewagen auszurücken braucht, während bei schweren oder weiter vom Standort entfernten Unfällen auch der Mannschaftswagen mitgenommen wird. Der Arztwagen soll nur bei Unfällen verwendet werden, die Schädigung von Menschenleben zur Folge hatten. Sämtliche Fahrzeuge sind dreiachsig, mit in besonderen Gestellen verschiebbaren Mittelachsen gebaut. Vergleiche die ausführliche Beschreibung dieser H. und auch des Arztwagens der oldenburgischen Staatsbahnen, Bulletin, Januar 1913 sowie des Arztwagens der sächsischen Staatsbahnen, Zeitschr. für Bahn- und Bahnkassenärzte. Leipzig 1912, S. 300. Auf den österreichischen Staatsbahnen dienen zur Beförderung von Verletzten in der Regel bedeckte Güterwagen. Zur Sicherung einer möglichst raschen und zweckdienlichen Hilfeleistung bei Verletzungen von Personen infolge von Eisenbahnunfällen sind in allen Stationen, die mit einem Requisitenwagen dotiert sind, Sanitätswagen aufgestellt und überdies aus Bediensteten aller Kategorien zusammengesetzte von den Bahnärzten praktisch geschulte Sanitätskorps errichtet. Ende 1909 waren auf sämtlichen Linien der österr. Staatsbahnen insgesamt 47 Sanitätswagen zur Aufstellung gelangt und 49 Sanitätskorps organisiert, von welch letzteren 37 über Mannschaften von mindestens 20 Mann, die übrigen über solche von weniger als 20 Mann verfügten. Die Leitung und Einübung besorgten 49 Korpsärzte und 49 Korpsführer. Im Jahre 1912 belief sieh die Anzahl der Sanitätskorps auf 63. Auf den belgischen Eisenbahnen ist der Hilfsdienst durch eine Dienstvorschrift „Service de secours aux malades et aux blessés“ geregelt. Auf 58 Stationen des Bahnnetzes befinden sich Hilfswagen, durch die die auf diesen Stationen vorrätig zu haltenden Hilfsmittel nach der Unfallstelle zu schaffen sind. Die Tragbahren für Verletzte können auf zweirädrigen Wagen fortbewegt und während der Eisenbahnfahrt in Abteilwagen 3. Klasse einerseits am Gepäcknetz, anderseits an der Rücklehne aufgehängt werden. In den Niederlanden wird die Bereithaltung von Arztwagen für die H. nicht für erforderlich gehalten. Man ist hier der Ansicht, daß Operationen weder an der Unfallstelle noch auf dem Wege zum Krankenhause oder zur Wohnung nötig sind. Wegen der dichten Bevölkerung wird angenommen, daß ein Unfall nie in größerer Entfernung von einem Krankenhause vorkommen kann. Vgl. Eisenbahnhygiene in den Niederlanden, kurze Übersicht von Dr. D. Romeyn, Eisenbahninspektor in Breda. In Rußland haben die Eisenbahnverwaltungen gleichfalls Einrichtungen für die Hilfeleistung bei Unfällen getroffen. So besitzt die Warschau-Wiener Bahn drei Hilfeleistungszüge, die aus je drei Wagen gebildet und zur Aufnahme von Ärzten, Handwerkern und Arbeitern sowie dem nötigen Gerät eingerichtet sind. Bei den englischen Eisenbahnen ist in jeder Hauptbetriebsstation eine Hilfsanlage vorgesehen, ausgerüstet mit einem mächtigen Kran mit hydraulischer Hebevorrichtung und allen Ausrüstungen, die für irgendeine Art von Unfällen nötig sind. Ferner ist hierzu vorgesehen eine Gruppe von Werkleuten, die zu jeder Stunde des Tages und der Nacht bereit sein müssen, den H. zu begleiten. Dieser besteht aus einer Lokomotive, einem Kranwagen mit Verankerung am Gleis, einem Werkzeug- und Verbandzeugwagen und je nach Erfordernis 1–3 Güterwagen. Die Mannschaft nimmt im Werkzeugwagen Platz. Eine gute Beleuchtung der Unfallstelle ist für die Förderung der Aufräumungsarbeiten außerordentlich förderlich. Sie wird jetzt meist durch Laternen erreicht, die mit Azetylengas gespeist werden und die in verschiedenen Größen als Hand- und Standlaternen im H. mitgeführt werden. Die Zubereitung des Gases erfolgt bei den Handlaternen ähnlich wie bei den für Fahrräder und Automobile gebräuchlichen Laternen, während die Standlaternen auf größeren Behältern zur Aufnahme von Karbid und Wasser angebracht sind. – Ein weiteres wichtiges Gerät bilden besonders hergerichtete förmige Rillenschienen, die neben den Fahrschienen befestigt, einen rampenartigen Aufstieg zu den letzteren bilden und das Eingleisen von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="lexiconEntry" n="2"> <p> <pb facs="#f0210" n="196"/> </p><lb/> <p>Die Station, auf der ein H. aufgestellt ist, hat sofort nach dem Bekanntwerden eines Unfalles mit größter Beschleunigung die Absendung des H. nach der Unfallstelle vorzubereiten. Für das Meldeverfahren und den Nachrichtendienst bei Unfällen bestehen in der Regel ausführliche Bestimmungen. Bei den preußischen und bei den sächsischen Staatsbahnen sind sie in den „Vorschriften für das Meldeverfahren und den Nachrichtendienst sowie für die Verwendung der H. und Hilfsgerätewagen bei Unfällen, Betriebsstörungen und außergewöhnlichen Ereignissen“ zusammengestellt. Nach diesen Vorschriften soll der H. bei Tage spätestens 30 Minuten und bei Nacht spätestens 45 Minuten nach Eingang der telegraphischen Anforderung abfahren. Soweit die für den H. bestimmten Ärzte, Beamten und Arbeiter nicht ohne Zeitverlust durch Boten herbeigerufen werden können, sind Fernsprech- oder Weckereinrichtungen für diesen Zweck vorgesehen. Während die genannten Personen herbeigerufen werden, wird auch eine Lokomotive für den Zug herangeschafft, dieser selbst zusammengestellt und in das Abfahrgleis gebracht; inzwischen bereitet die Station den Fahrplan für die Sonderfahrt vor und gibt ihn soweit angängig, den beteiligten Stationen bis zur Unfallstelle telegraphisch bekannt. Durch solche bis ins einzelne ausgearbeitete Vorschriften und durch Schulung und Ausbildung des Personals ist es möglich geworden, in verhältnismäßig kurzer Zeit nach Eintritt eines Unfalles an der Unfallstelle tatkräftig einzugreifen, den Verletzten Hilfe zu bringen und die Arbeiten zur Wiederaufnahme des Betriebs mit Nachdruck zu fördern.</p><lb/> <p>Ähnliche Einrichtungen bestehen auf den übrigen deutschen Staatsbahnen. Die H. der <hi rendition="#g">badischen</hi> Staatsbahnen sind gebildet aus einem <hi rendition="#g">Arztwagen</hi>, einem Wagen mit den Geräten und Werkzeugen zum Beseitigen und Aufgleisen der beschädigten Betriebsmittel, dem <hi rendition="#g">Gerätewagen</hi> und einem dritten Fahrzeuge, das als Aufenthalts- und Ruheraum der mit der Räumung befaßten Beamten und Arbeiter dient und auch einen Küchenraum enthält, dem <hi rendition="#g">Mannschaftswagen</hi>. 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Leipzig 1912, S. 300.</p><lb/> <p>Auf den <hi rendition="#g">österreichischen</hi> Staatsbahnen dienen zur Beförderung von Verletzten in der Regel bedeckte Güterwagen. Zur Sicherung einer möglichst raschen und zweckdienlichen Hilfeleistung bei Verletzungen von Personen infolge von Eisenbahnunfällen sind in allen Stationen, die mit einem Requisitenwagen dotiert sind, Sanitätswagen aufgestellt und überdies aus Bediensteten aller Kategorien zusammengesetzte von den Bahnärzten praktisch geschulte Sanitätskorps errichtet.</p><lb/> <p>Ende 1909 waren auf sämtlichen Linien der österr. Staatsbahnen insgesamt 47 Sanitätswagen zur Aufstellung gelangt und 49 Sanitätskorps organisiert, von welch letzteren 37 über Mannschaften von mindestens 20 Mann, die übrigen über solche von weniger als 20 Mann verfügten. 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Die Station, auf der ein H. aufgestellt ist, hat sofort nach dem Bekanntwerden eines Unfalles mit größter Beschleunigung die Absendung des H. nach der Unfallstelle vorzubereiten. Für das Meldeverfahren und den Nachrichtendienst bei Unfällen bestehen in der Regel ausführliche Bestimmungen. Bei den preußischen und bei den sächsischen Staatsbahnen sind sie in den „Vorschriften für das Meldeverfahren und den Nachrichtendienst sowie für die Verwendung der H. und Hilfsgerätewagen bei Unfällen, Betriebsstörungen und außergewöhnlichen Ereignissen“ zusammengestellt. Nach diesen Vorschriften soll der H. bei Tage spätestens 30 Minuten und bei Nacht spätestens 45 Minuten nach Eingang der telegraphischen Anforderung abfahren. Soweit die für den H. bestimmten Ärzte, Beamten und Arbeiter nicht ohne Zeitverlust durch Boten herbeigerufen werden können, sind Fernsprech- oder Weckereinrichtungen für diesen Zweck vorgesehen. Während die genannten Personen herbeigerufen werden, wird auch eine Lokomotive für den Zug herangeschafft, dieser selbst zusammengestellt und in das Abfahrgleis gebracht; inzwischen bereitet die Station den Fahrplan für die Sonderfahrt vor und gibt ihn soweit angängig, den beteiligten Stationen bis zur Unfallstelle telegraphisch bekannt. Durch solche bis ins einzelne ausgearbeitete Vorschriften und durch Schulung und Ausbildung des Personals ist es möglich geworden, in verhältnismäßig kurzer Zeit nach Eintritt eines Unfalles an der Unfallstelle tatkräftig einzugreifen, den Verletzten Hilfe zu bringen und die Arbeiten zur Wiederaufnahme des Betriebs mit Nachdruck zu fördern.
Ähnliche Einrichtungen bestehen auf den übrigen deutschen Staatsbahnen. Die H. der badischen Staatsbahnen sind gebildet aus einem Arztwagen, einem Wagen mit den Geräten und Werkzeugen zum Beseitigen und Aufgleisen der beschädigten Betriebsmittel, dem Gerätewagen und einem dritten Fahrzeuge, das als Aufenthalts- und Ruheraum der mit der Räumung befaßten Beamten und Arbeiter dient und auch einen Küchenraum enthält, dem Mannschaftswagen. Im ganzen sind je sechs Geräte- und Mannschaftswagen sowie fünf Ärztewagen vorhanden und zu H. vereinigt auf geeigneten Bahnhöfen des Netzes bereitgestellt. Der leitende Gedanke war auch hier, daß bei leichten, ohne Schädigung von Menschenleben und nahe dem Standorte des H. verlaufenden Unfällen von voraussichtlich kurzer Dauer der Räumungsarbeiten nur der Gerätewagen auszurücken braucht, während bei schweren oder weiter vom Standort entfernten Unfällen auch der Mannschaftswagen mitgenommen wird. Der Arztwagen soll nur bei Unfällen verwendet werden, die Schädigung von Menschenleben zur Folge hatten. Sämtliche Fahrzeuge sind dreiachsig, mit in besonderen Gestellen verschiebbaren Mittelachsen gebaut. Vergleiche die ausführliche Beschreibung dieser H. und auch des Arztwagens der oldenburgischen Staatsbahnen, Bulletin, Januar 1913 sowie des Arztwagens der sächsischen Staatsbahnen, Zeitschr. für Bahn- und Bahnkassenärzte. Leipzig 1912, S. 300.
Auf den österreichischen Staatsbahnen dienen zur Beförderung von Verletzten in der Regel bedeckte Güterwagen. Zur Sicherung einer möglichst raschen und zweckdienlichen Hilfeleistung bei Verletzungen von Personen infolge von Eisenbahnunfällen sind in allen Stationen, die mit einem Requisitenwagen dotiert sind, Sanitätswagen aufgestellt und überdies aus Bediensteten aller Kategorien zusammengesetzte von den Bahnärzten praktisch geschulte Sanitätskorps errichtet.
Ende 1909 waren auf sämtlichen Linien der österr. Staatsbahnen insgesamt 47 Sanitätswagen zur Aufstellung gelangt und 49 Sanitätskorps organisiert, von welch letzteren 37 über Mannschaften von mindestens 20 Mann, die übrigen über solche von weniger als 20 Mann verfügten. Die Leitung und Einübung besorgten 49 Korpsärzte und 49 Korpsführer.
Im Jahre 1912 belief sieh die Anzahl der Sanitätskorps auf 63.
Auf den belgischen Eisenbahnen ist der Hilfsdienst durch eine Dienstvorschrift „Service de secours aux malades et aux blessés“ geregelt. Auf 58 Stationen des Bahnnetzes befinden sich Hilfswagen, durch die die auf diesen Stationen vorrätig zu haltenden Hilfsmittel nach der Unfallstelle zu schaffen sind. Die Tragbahren für Verletzte können auf zweirädrigen Wagen fortbewegt und während der Eisenbahnfahrt in Abteilwagen 3. Klasse einerseits am Gepäcknetz, anderseits an der Rücklehne aufgehängt werden.
In den Niederlanden wird die Bereithaltung von Arztwagen für die H. nicht für erforderlich gehalten. Man ist hier der Ansicht, daß Operationen weder an der Unfallstelle noch auf dem Wege zum Krankenhause oder zur Wohnung nötig sind. Wegen der dichten Bevölkerung wird angenommen, daß ein Unfall nie in größerer Entfernung von einem Krankenhause vorkommen kann. Vgl. Eisenbahnhygiene in den Niederlanden, kurze Übersicht von Dr. D. Romeyn, Eisenbahninspektor in Breda.
In Rußland haben die Eisenbahnverwaltungen gleichfalls Einrichtungen für die Hilfeleistung bei Unfällen getroffen. So besitzt die Warschau-Wiener Bahn drei Hilfeleistungszüge, die aus je drei Wagen gebildet und zur Aufnahme von Ärzten, Handwerkern und Arbeitern sowie dem nötigen Gerät eingerichtet sind.
Bei den englischen Eisenbahnen ist in jeder Hauptbetriebsstation eine Hilfsanlage vorgesehen, ausgerüstet mit einem mächtigen Kran mit hydraulischer Hebevorrichtung und allen Ausrüstungen, die für irgendeine Art von Unfällen nötig sind. Ferner ist hierzu vorgesehen eine Gruppe von Werkleuten, die zu jeder Stunde des Tages und der Nacht bereit sein müssen, den H. zu begleiten. Dieser besteht aus einer Lokomotive, einem Kranwagen mit Verankerung am Gleis, einem Werkzeug- und Verbandzeugwagen und je nach Erfordernis 1–3 Güterwagen. Die Mannschaft nimmt im Werkzeugwagen Platz.
Eine gute Beleuchtung der Unfallstelle ist für die Förderung der Aufräumungsarbeiten außerordentlich förderlich. Sie wird jetzt meist durch Laternen erreicht, die mit Azetylengas gespeist werden und die in verschiedenen Größen als Hand- und Standlaternen im H. mitgeführt werden. Die Zubereitung des Gases erfolgt bei den Handlaternen ähnlich wie bei den für Fahrräder und Automobile gebräuchlichen Laternen, während die Standlaternen auf größeren Behältern zur Aufnahme von Karbid und Wasser angebracht sind. – Ein weiteres wichtiges Gerät bilden besonders hergerichtete
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förmige Rillenschienen, die neben den Fahrschienen befestigt, einen rampenartigen Aufstieg zu den letzteren bilden und das Eingleisen von
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