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Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778.

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Zehnte Betr. Vom seeligmachenden
willen, alle meine Sünden vergeben, daß er mei-
ne Unwürdigkeit nicht ansehen, daß er nur vielmehr
seine über alles schätzbare Gewogenheit wird ange-
deyhen laßen, wenn ich nur mit Reue und Be-
trübnis wegen des Vergangenen, und mit einem
Gott ergebenen Sinn, und redlichen Vorsatz für
das Zukünftige seine Gnade demüthig suche. Gott hat
ia allen, die ihr Unrecht erkennen und demüthig be-
reuen, um Jesu Christi willen Gnade zugesagt -- allen,
auch den grösten Sündern. Er kan und wird da-
her auch mich nicht verstoßen, so groß auch die
Menge meiner Sünden ist; denn sein Sohn Jesus
Christus ist auch für meine Sünden gestorben, und
da ich mit herzlicher Verabscheuung meines Un-
rechts, mit redlicher Seele seine Gnade verlange,
so wird er mir dieselbe nicht versagen, u. s. w.
So muß man sich die trostreiche Verheißung des
Evangeliums von der durch Jesum zu hoffenden
Vergebung der Sünden zueignen. Und wer denn
dieses gute Zutrauen zu Gott hat, der erlangt die
Vergebung aller seiner Sünden, wenn auch sein
Lebenswandel bisher noch so strafbar sollte gewesen
seyn. Denn so groß ist die Gnade und Erbarmung
Gottes gegen uns arme Menschen, daß er uns um
unsers großen Mittlers willen vollkommene Verzei-
hung will angedeyhen laßen, so bald wir nur uns
eines beßern besinnen, und mit redlichem Herzen
seine Gnade suchen. Wir sollen ihm seine Gnade
nicht erst auf eine mühsame Weise abverdienen,
oder uns mit ängstlichen Zweifeln martern, ob er
sich wohl unserer erbarmen werde, da wir bisher
noch nichts gethan haben, was ihm hätte gefallen

kön-

Zehnte Betr. Vom ſeeligmachenden
willen, alle meine Sünden vergeben, daß er mei-
ne Unwürdigkeit nicht anſehen, daß er nur vielmehr
ſeine über alles ſchätzbare Gewogenheit wird ange-
deyhen laßen, wenn ich nur mit Reue und Be-
trübnis wegen des Vergangenen, und mit einem
Gott ergebenen Sinn, und redlichen Vorſatz für
das Zukünftige ſeine Gnade demüthig ſuche. Gott hat
ia allen, die ihr Unrecht erkennen und demüthig be-
reuen, um Jeſu Chriſti willen Gnade zugeſagt — allen,
auch den gröſten Sündern. Er kan und wird da-
her auch mich nicht verſtoßen, ſo groß auch die
Menge meiner Sünden iſt; denn ſein Sohn Jeſus
Chriſtus iſt auch für meine Sünden geſtorben, und
da ich mit herzlicher Verabſcheuung meines Un-
rechts, mit redlicher Seele ſeine Gnade verlange,
ſo wird er mir dieſelbe nicht verſagen, u. ſ. w.
So muß man ſich die troſtreiche Verheißung des
Evangeliums von der durch Jeſum zu hoffenden
Vergebung der Sünden zueignen. Und wer denn
dieſes gute Zutrauen zu Gott hat, der erlangt die
Vergebung aller ſeiner Sünden, wenn auch ſein
Lebenswandel bisher noch ſo ſtrafbar ſollte geweſen
ſeyn. Denn ſo groß iſt die Gnade und Erbarmung
Gottes gegen uns arme Menſchen, daß er uns um
unſers großen Mittlers willen vollkommene Verzei-
hung will angedeyhen laßen, ſo bald wir nur uns
eines beßern beſinnen, und mit redlichem Herzen
ſeine Gnade ſuchen. Wir ſollen ihm ſeine Gnade
nicht erſt auf eine mühſame Weiſe abverdienen,
oder uns mit ängſtlichen Zweifeln martern, ob er
ſich wohl unſerer erbarmen werde, da wir bisher
noch nichts gethan haben, was ihm hätte gefallen

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[148/0160] Zehnte Betr. Vom ſeeligmachenden willen, alle meine Sünden vergeben, daß er mei- ne Unwürdigkeit nicht anſehen, daß er nur vielmehr ſeine über alles ſchätzbare Gewogenheit wird ange- deyhen laßen, wenn ich nur mit Reue und Be- trübnis wegen des Vergangenen, und mit einem Gott ergebenen Sinn, und redlichen Vorſatz für das Zukünftige ſeine Gnade demüthig ſuche. Gott hat ia allen, die ihr Unrecht erkennen und demüthig be- reuen, um Jeſu Chriſti willen Gnade zugeſagt — allen, auch den gröſten Sündern. Er kan und wird da- her auch mich nicht verſtoßen, ſo groß auch die Menge meiner Sünden iſt; denn ſein Sohn Jeſus Chriſtus iſt auch für meine Sünden geſtorben, und da ich mit herzlicher Verabſcheuung meines Un- rechts, mit redlicher Seele ſeine Gnade verlange, ſo wird er mir dieſelbe nicht verſagen, u. ſ. w. So muß man ſich die troſtreiche Verheißung des Evangeliums von der durch Jeſum zu hoffenden Vergebung der Sünden zueignen. Und wer denn dieſes gute Zutrauen zu Gott hat, der erlangt die Vergebung aller ſeiner Sünden, wenn auch ſein Lebenswandel bisher noch ſo ſtrafbar ſollte geweſen ſeyn. Denn ſo groß iſt die Gnade und Erbarmung Gottes gegen uns arme Menſchen, daß er uns um unſers großen Mittlers willen vollkommene Verzei- hung will angedeyhen laßen, ſo bald wir nur uns eines beßern beſinnen, und mit redlichem Herzen ſeine Gnade ſuchen. Wir ſollen ihm ſeine Gnade nicht erſt auf eine mühſame Weiſe abverdienen, oder uns mit ängſtlichen Zweifeln martern, ob er ſich wohl unſerer erbarmen werde, da wir bisher noch nichts gethan haben, was ihm hätte gefallen kön-

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Zitationshilfe: Rosenmüller, Johann Georg: Betrachtungen über auserlesene Stellen der Heil. Schrift zur häuslichen Erbauung. Nürnberg, 1778, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosenmueller_betrachtungen_1789/160>, abgerufen am 23.11.2024.