Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite
Beschreibung ungewöhnlich starker elek-
trischer Erscheinungen auf der Cheops-
Pyramide bei Cairo während des Wehens
des Chamsin.

(Poggendorff's Ann. d. Phys. u. Chem. Bd. 109 S. 355.)

1860.



Als ich am 14. April v. J. mit den mich zur Anlage der
Telegraphen-Linie durch das Rothe Meer begleitenden Ingenieu-
ren die Cheops-Pyramide erstieg, hatten wir Gelegenheit, eine
ungewöhnlich starke elektrische Erscheinung auf dem Gipfel der-
selben zu beobachten.

Als wir des Morgens früh Cairo verliessen, war der Himmel
wie gewöhnlich heiter und klar und kaum eine Luftbewegung
bemerkbar. Eine leichte blassrothe Färbung des südwestlichen
Horizonts schien aber meinen Eseltreiber zu beunruhigen. Er
deutete mehrfach nach jener Stelle hin und schien aus ihr den
Grund zu einer energischeren Antreibung meines Trägers zu
entnehmen.

Um 91/2 Uhr langten wir am Fusse der Pyramide an und
befanden uns etwa 20 Minuten später auf dem Gipfel derselben,
weniger in Folge eigener Anstrengung als der kräftigen Impulse,
die einem Jeden von uns durch drei kräftige Araber zu Theil
wurden, welche uns gleich Waaren-Ballen von einer Stufe auf
die andere warfen. Oben angekommen, empfanden wir eine
kalte, scharfe Luftbewegung. Die Röthung des südwestlichen
Horizonts war in eine bis zum Zenith ausgedehnte, farblose
Trübung übergegangen, so dass wir anstatt der gehofften Ueber-
sicht über das Nilthal und die Stadt Cairo nur schwache Um-
risse der nächstgelegenen Gegenstände wahrnehmen konnten.

15
Beschreibung ungewöhnlich starker elek-
trischer Erscheinungen auf der Cheops-
Pyramide bei Cairo während des Wehens
des Chamsin.

(Poggendorff’s Ann. d. Phys. u. Chem. Bd. 109 S. 355.)

1860.



Als ich am 14. April v. J. mit den mich zur Anlage der
Telegraphen-Linie durch das Rothe Meer begleitenden Ingenieu-
ren die Cheops-Pyramide erstieg, hatten wir Gelegenheit, eine
ungewöhnlich starke elektrische Erscheinung auf dem Gipfel der-
selben zu beobachten.

Als wir des Morgens früh Cairo verliessen, war der Himmel
wie gewöhnlich heiter und klar und kaum eine Luftbewegung
bemerkbar. Eine leichte blassrothe Färbung des südwestlichen
Horizonts schien aber meinen Eseltreiber zu beunruhigen. Er
deutete mehrfach nach jener Stelle hin und schien aus ihr den
Grund zu einer energischeren Antreibung meines Trägers zu
entnehmen.

Um 9½ Uhr langten wir am Fusse der Pyramide an und
befanden uns etwa 20 Minuten später auf dem Gipfel derselben,
weniger in Folge eigener Anstrengung als der kräftigen Impulse,
die einem Jeden von uns durch drei kräftige Araber zu Theil
wurden, welche uns gleich Waaren-Ballen von einer Stufe auf
die andere warfen. Oben angekommen, empfanden wir eine
kalte, scharfe Luftbewegung. Die Röthung des südwestlichen
Horizonts war in eine bis zum Zenith ausgedehnte, farblose
Trübung übergegangen, so dass wir anstatt der gehofften Ueber-
sicht über das Nilthal und die Stadt Cairo nur schwache Um-
risse der nächstgelegenen Gegenstände wahrnehmen konnten.

15
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0243" n="[225]"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Beschreibung ungewöhnlich starker elek-<lb/>
trischer Erscheinungen auf der Cheops-<lb/>
Pyramide bei Cairo während des Wehens<lb/>
des Chamsin.</hi> </head><lb/>
        <p> <hi rendition="#c">(Poggendorff&#x2019;s Ann. d. Phys. u. Chem. Bd. 109 S. 355.)</hi> </p><lb/>
        <p> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">1860.</hi> </hi> </p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">A</hi>ls ich am 14. April v. J. mit den mich zur Anlage der<lb/>
Telegraphen-Linie durch das Rothe Meer begleitenden Ingenieu-<lb/>
ren die Cheops-Pyramide erstieg, hatten wir Gelegenheit, eine<lb/>
ungewöhnlich starke elektrische Erscheinung auf dem Gipfel der-<lb/>
selben zu beobachten.</p><lb/>
        <p>Als wir des Morgens früh Cairo verliessen, war der Himmel<lb/>
wie gewöhnlich heiter und klar und kaum eine Luftbewegung<lb/>
bemerkbar. Eine leichte blassrothe Färbung des südwestlichen<lb/>
Horizonts schien aber meinen Eseltreiber zu beunruhigen. Er<lb/>
deutete mehrfach nach jener Stelle hin und schien aus ihr den<lb/>
Grund zu einer energischeren Antreibung meines Trägers zu<lb/>
entnehmen.</p><lb/>
        <p>Um 9½ Uhr langten wir am Fusse der Pyramide an und<lb/>
befanden uns etwa 20 Minuten später auf dem Gipfel derselben,<lb/>
weniger in Folge eigener Anstrengung als der kräftigen Impulse,<lb/>
die einem Jeden von uns durch drei kräftige Araber zu Theil<lb/>
wurden, welche uns gleich Waaren-Ballen von einer Stufe auf<lb/>
die andere warfen. Oben angekommen, empfanden wir eine<lb/>
kalte, scharfe Luftbewegung. Die Röthung des südwestlichen<lb/>
Horizonts war in eine bis zum Zenith ausgedehnte, farblose<lb/>
Trübung übergegangen, so dass wir anstatt der gehofften Ueber-<lb/>
sicht über das Nilthal und die Stadt Cairo nur schwache Um-<lb/>
risse der nächstgelegenen Gegenstände wahrnehmen konnten.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">15</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[225]/0243] Beschreibung ungewöhnlich starker elek- trischer Erscheinungen auf der Cheops- Pyramide bei Cairo während des Wehens des Chamsin. (Poggendorff’s Ann. d. Phys. u. Chem. Bd. 109 S. 355.) 1860. Als ich am 14. April v. J. mit den mich zur Anlage der Telegraphen-Linie durch das Rothe Meer begleitenden Ingenieu- ren die Cheops-Pyramide erstieg, hatten wir Gelegenheit, eine ungewöhnlich starke elektrische Erscheinung auf dem Gipfel der- selben zu beobachten. Als wir des Morgens früh Cairo verliessen, war der Himmel wie gewöhnlich heiter und klar und kaum eine Luftbewegung bemerkbar. Eine leichte blassrothe Färbung des südwestlichen Horizonts schien aber meinen Eseltreiber zu beunruhigen. Er deutete mehrfach nach jener Stelle hin und schien aus ihr den Grund zu einer energischeren Antreibung meines Trägers zu entnehmen. Um 9½ Uhr langten wir am Fusse der Pyramide an und befanden uns etwa 20 Minuten später auf dem Gipfel derselben, weniger in Folge eigener Anstrengung als der kräftigen Impulse, die einem Jeden von uns durch drei kräftige Araber zu Theil wurden, welche uns gleich Waaren-Ballen von einer Stufe auf die andere warfen. Oben angekommen, empfanden wir eine kalte, scharfe Luftbewegung. Die Röthung des südwestlichen Horizonts war in eine bis zum Zenith ausgedehnte, farblose Trübung übergegangen, so dass wir anstatt der gehofften Ueber- sicht über das Nilthal und die Stadt Cairo nur schwache Um- risse der nächstgelegenen Gegenstände wahrnehmen konnten. 15

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/243
Zitationshilfe: Siemens, Werner von: Gesammelte Abhandlungen und Vorträge. Berlin, 1881, S. [225]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/siemens_abhandlungen_1881/243>, abgerufen am 23.11.2024.