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Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

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hohen alter (nach dem zeugnüß Hieronymi
in Epist. ad Gal. L. 3. c. 6.) nichts mehr fast
pflegen zu sagen zu seinen Jüngern/ als
Kindlein liebet euch unter einander;
so gar/ daß seine Jünger und Zuhörer end-
lich verdrossen worden/ immer einerley zu
hören/ und ihn gefragt/ warumb er allezeit
ihnen einerley vorspreche/ aber zur antwort
bekommen/ weil es der befehl deß
HErrn ist/ und so der geschiehet ists
genug.
Freylich bestehet eines glaubigen
und durch den glauben seligen menschen
gantzes leben und erfüllung der Göttlichen
Gebotte in der Liebe.

Deß wegen wann wir eine inbrünstige Lie-
be unter unsern Christen erstlich gegen ein-
ander/ nachmal gegen alle menschen (welche
beyde/ brüderliche und gemeine Liebe/
müssen auff einander folgen/ 2. Pet. 1/ 7.)
erwecken/ und in die übung bringen kön-
nen/ so ist fast alles was wir verlangen auß-
gerichtet. Dann darinnen bestehen alle
Gebott/ Rom. 13/ 9. Wäre demnach nicht
nur den leuten fleissig hiervon zu sagen/ die
vortreflichkeit der liebe deß nechsten/ und hin-
gegen die grosse gefährlichkeit und schaden

der

hohen alter (nach dem zeugnuͤß Hieronymi
in Epiſt. ad Gal. L. 3. c. 6.) nichts mehr faſt
pflegen zu ſagen zu ſeinen Juͤngern/ als
Kindlein liebet euch unter einander;
ſo gar/ daß ſeine Juͤnger und Zuhoͤrer end-
lich verdroſſen worden/ immer einerley zu
hoͤren/ und ihn gefragt/ warumb er allezeit
ihnen einerley vorſpreche/ aber zur antwort
bekommen/ weil es der befehl deß
HErꝛn iſt/ und ſo der geſchiehet iſts
genug.
Freylich beſtehet eines glaubigen
und durch den glauben ſeligen menſchen
gantzes leben und erfuͤllung der Goͤttlichen
Gebotte in der Liebe.

Deß wegen wann wir eine inbruͤnſtige Lie-
be unter unſern Chriſten erſtlich gegen ein-
ander/ nachmal gegen alle menſchen (welche
beyde/ bruͤderliche und gemeine Liebe/
muͤſſen auff einander folgen/ 2. Pet. 1/ 7.)
erwecken/ und in die übung bringen koͤn-
nen/ ſo iſt faſt alles was wir verlangen auß-
gerichtet. Dann darinnen beſtehen alle
Gebott/ Rom. 13/ 9. Waͤre demnach nicht
nur den leuten fleiſſig hiervon zu ſagen/ die
vortreflichkeit der liebe deß nechſten/ und hin-
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[111/0137] hohen alter (nach dem zeugnuͤß Hieronymi in Epiſt. ad Gal. L. 3. c. 6.) nichts mehr faſt pflegen zu ſagen zu ſeinen Juͤngern/ als Kindlein liebet euch unter einander; ſo gar/ daß ſeine Juͤnger und Zuhoͤrer end- lich verdroſſen worden/ immer einerley zu hoͤren/ und ihn gefragt/ warumb er allezeit ihnen einerley vorſpreche/ aber zur antwort bekommen/ weil es der befehl deß HErꝛn iſt/ und ſo der geſchiehet iſts genug. Freylich beſtehet eines glaubigen und durch den glauben ſeligen menſchen gantzes leben und erfuͤllung der Goͤttlichen Gebotte in der Liebe. Deß wegen wann wir eine inbruͤnſtige Lie- be unter unſern Chriſten erſtlich gegen ein- ander/ nachmal gegen alle menſchen (welche beyde/ bruͤderliche und gemeine Liebe/ muͤſſen auff einander folgen/ 2. Pet. 1/ 7.) erwecken/ und in die übung bringen koͤn- nen/ ſo iſt faſt alles was wir verlangen auß- gerichtet. Dann darinnen beſtehen alle Gebott/ Rom. 13/ 9. Waͤre demnach nicht nur den leuten fleiſſig hiervon zu ſagen/ die vortreflichkeit der liebe deß nechſten/ und hin- gegen die groſſe gefaͤhrlichkeit und ſchaden der

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/137>, abgerufen am 23.11.2024.