Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

Bild:
<< vorherige Seite

von allen Artickeln zu lesen vorzulegen/ und
ihnen die Orte selbst aufzuschlagen/ biß sie sie
außwendig können. Jch weiß noch ein
Hauß/ darinn lex familiae ist/ daß die Kinder
den gantzen Psalter lernen müssen. So
weiß ich/ die den Sirach außwendig gekont.
Welches ein Pracht; jedoch ein beweiß ist/
wieviel die Jugend behalten könte/ und das
neben ihren libris Catecheticis, die diese
dabey hatten.

[2.] So würde/ freylich/ bey allen Alteren
und Geschlechten hochfruchtbar seyn/ wann
man die Jsraelitische und Apostolische Lehr-
art in den Vesperpredigten/ da die Leute
sonst gerne schlaffen/ imitirte, p. 8. die Bibel
läse/ und offen behielte/ eine glossam q. inter-
linearem
machete; dann ein Zeichen gebe/
daß man nach der nothdurfft fragen dürff-
te: kurtz antwortete/ und dann wieder fort
führe.

So machtens/ bey anfang der Reforma-
tion, Zellius, Bucerus, &c.
zu Straß-
burg im Münster; sassen/ wo jetzt Lore[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]-
tzen Capelle ist/ bey einem Tisch/ und [hi]el-
ten da Lectionen.

Dann so lange predigen wird bleiben eine
Rhetorische Kunst/ so lange wird die andacht

seyn

von allen Artickeln zu leſen vorzulegen/ und
ihnen die Orte ſelbſt aufzuſchlagen/ biß ſie ſie
außwendig koͤnnen. Jch weiß noch ein
Hauß/ darinn lex familiæ iſt/ daß die Kinder
den gantzen Pſalter lernen muͤſſen. So
weiß ich/ die den Sirach außwendig gekont.
Welches ein Pracht; jedoch ein beweiß iſt/
wieviel die Jugend behalten koͤnte/ und das
neben ihren libris Catecheticis, die dieſe
dabey hatten.

[2.] So wuͤrde/ freylich/ bey allen Alteren
und Geſchlechten hochfruchtbar ſeyn/ wann
man die Jſraelitiſche und Apoſtoliſche Lehr-
art in den Veſperpredigten/ da die Leute
ſonſt gerne ſchlaffen/ imitirte, p. 8. die Bibel
laͤſe/ und offen behielte/ eine gloſſam q. inter-
linearem
machete; dann ein Zeichen gebe/
daß man nach der nothdurfft fragen duͤrff-
te: kurtz antwortete/ und dann wieder fort
fuͤhre.

So machtens/ bey anfang der Reforma-
tion, Zellius, Bucerus, &c.
zu Straß-
burg im Muͤnſter; ſaſſen/ wo jetzt Lore[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]-
tzen Capelle iſt/ bey einem Tiſch/ und [hi]el-
ten da Lectionen.

Dann ſo lange predigen wird bleiben eine
Rhetoriſche Kunſt/ ſo lange wird die andacht

ſeyn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0352" n="326"/>
von allen Artickeln zu le&#x017F;en vorzulegen/ und<lb/>
ihnen die Orte &#x017F;elb&#x017F;t aufzu&#x017F;chlagen/ biß &#x017F;ie &#x017F;ie<lb/>
außwendig ko&#x0364;nnen. Jch weiß noch ein<lb/>
Hauß/ darinn <hi rendition="#aq">lex familiæ</hi> i&#x017F;t/ daß die Kinder<lb/>
den gantzen P&#x017F;alter lernen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. So<lb/>
weiß ich/ die den Sirach außwendig gekont.<lb/>
Welches ein Pracht; jedoch ein beweiß i&#x017F;t/<lb/>
wieviel die Jugend behalten ko&#x0364;nte/ und das<lb/>
neben ihren <hi rendition="#aq">libris Catecheticis,</hi> die die&#x017F;e<lb/>
dabey hatten.</p><lb/>
        <p>[2.] So wu&#x0364;rde/ freylich/ bey allen Alteren<lb/>
und Ge&#x017F;chlechten hochfruchtbar &#x017F;eyn/ wann<lb/>
man die J&#x017F;raeliti&#x017F;che und Apo&#x017F;toli&#x017F;che Lehr-<lb/>
art in den Ve&#x017F;perpredigten/ da die Leute<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t gerne &#x017F;chlaffen/ <hi rendition="#aq">imitirte, p.</hi> 8. die Bibel<lb/>
la&#x0364;&#x017F;e/ und offen behielte/ eine <hi rendition="#aq">glo&#x017F;&#x017F;am q. inter-<lb/>
linearem</hi> machete; dann ein Zeichen gebe/<lb/>
daß man nach der nothdurfft fragen du&#x0364;rff-<lb/>
te: kurtz antwortete/ und dann wieder fort<lb/>
fu&#x0364;hre.</p><lb/>
        <p>So machtens/ bey anfang der <hi rendition="#aq">Reforma-<lb/>
tion, Zellius, Bucerus, &amp;c.</hi> zu Straß-<lb/>
burg im Mu&#x0364;n&#x017F;ter; &#x017F;a&#x017F;&#x017F;en/ wo jetzt Lore<gap reason="illegible" unit="chars" quantity="1"/>-<lb/>
tzen Capelle i&#x017F;t/ bey einem Ti&#x017F;ch/ und <supplied>hi</supplied>el-<lb/>
ten da <hi rendition="#aq">Lectio</hi>nen.</p><lb/>
        <p>Dann &#x017F;o lange predigen wird bleiben eine<lb/>
Rhetori&#x017F;che Kun&#x017F;t/ &#x017F;o lange wird die andacht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;eyn</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[326/0352] von allen Artickeln zu leſen vorzulegen/ und ihnen die Orte ſelbſt aufzuſchlagen/ biß ſie ſie außwendig koͤnnen. Jch weiß noch ein Hauß/ darinn lex familiæ iſt/ daß die Kinder den gantzen Pſalter lernen muͤſſen. So weiß ich/ die den Sirach außwendig gekont. Welches ein Pracht; jedoch ein beweiß iſt/ wieviel die Jugend behalten koͤnte/ und das neben ihren libris Catecheticis, die dieſe dabey hatten. [2.] So wuͤrde/ freylich/ bey allen Alteren und Geſchlechten hochfruchtbar ſeyn/ wann man die Jſraelitiſche und Apoſtoliſche Lehr- art in den Veſperpredigten/ da die Leute ſonſt gerne ſchlaffen/ imitirte, p. 8. die Bibel laͤſe/ und offen behielte/ eine gloſſam q. inter- linearem machete; dann ein Zeichen gebe/ daß man nach der nothdurfft fragen duͤrff- te: kurtz antwortete/ und dann wieder fort fuͤhre. So machtens/ bey anfang der Reforma- tion, Zellius, Bucerus, &c. zu Straß- burg im Muͤnſter; ſaſſen/ wo jetzt Lore_- tzen Capelle iſt/ bey einem Tiſch/ und hiel- ten da Lectionen. Dann ſo lange predigen wird bleiben eine Rhetoriſche Kunſt/ ſo lange wird die andacht ſeyn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/352
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/352>, abgerufen am 23.11.2024.