Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

Bild:
<< vorherige Seite

Bibel: und obwol nicht alle Geheimnüssen
darinn mit kunstworten außgedrucket (und
daher so viele Fragebüchlein/ wegen der von
ketzern herrührender tägl. neuerungen/ hinzu
gethan) werden; so seye doch/ für von schulen
nicht gelehrte/ so viel grund darinn/ daß sie
falsche und erdichtete lehren leicht erkennen
mögen. Quae materia pulcre & jucunde
per exempla tractari potest.

2. Die Bibel seye gnug/ allen zweifel/ der
die Haupt- oder Seligkeit betreffende Arti-
ckel berühret/ zu entscheiden; wann ein ein-
fältiger Christ/ nach vorhergehendem Gebet/
dieselbe/ mit einem solchen fleiß/ wie ein ehrli-
cher Bidermann/ eines grossen und ihme ge-
bietenden Herrn/ mit einem Mandat insi-
nuir
tes Testament/ dessen inhalt er begreiffen
und in offentlichem derhör hersagen solte/
thun wurde/ lese.

3. Wo dieser einfältige kinderrath der be-
ste: (a) Er gedencke nur nit/ er müsse unter ei-
nem jeden Bibelworte/ weil es geistes worte
sind/ einen tiefverborgenen verstand/ und
weit andere meynung suchen/ als die buch-
staben zeigen: sondern bilde ihm feste ein/ ja
seye ja/ nein nein/ etc. wie auff der gassen/ z. e.
Gen. 1. pr. ist und bleibet anfang anfang: Er-

schaffen/

Bibel: und obwol nicht alle Geheimnuͤſſen
darinn mit kunſtworten außgedrucket (und
daher ſo viele Fragebuͤchlein/ wegen der von
ketzern herruͤhrender taͤgl. neuerungen/ hinzu
gethan) werden; ſo ſeye doch/ fuͤr von ſchulen
nicht gelehrte/ ſo viel grund darinn/ daß ſie
falſche und erdichtete lehren leicht erkennen
moͤgen. Quæ materia pulcrè & jucundè
per exempla tractari poteſt.

2. Die Bibel ſeye gnug/ allen zweifel/ der
die Haupt- oder Seligkeit betreffende Arti-
ckel beruͤhret/ zu entſcheiden; wann ein ein-
faͤltiger Chꝛiſt/ nach voꝛheꝛgehendem Gebet/
dieſelbe/ mit einem ſolchen fleiß/ wie ein ehrli-
cher Bidermann/ eines groſſen und ihme ge-
bietenden Herꝛn/ mit einem Mandat inſi-
nuir
tes Teſtament/ deſſen inhalt er begreiffen
und in offentlichem derhoͤr herſagen ſolte/
thun wůrde/ leſe.

3. Wo dieſer einfaͤltige kinderrath der be-
ſte: (a) Er gedencke nur nit/ er muͤſſe unter ei-
nem jeden Bibelworte/ weil es geiſtes worte
ſind/ einen tiefverborgenen verſtand/ und
weit andere meynung ſuchen/ als die buch-
ſtaben zeigen: ſondern bilde ihm feſte ein/ ja
ſeye ja/ nein nein/ ꝛc. wie auff der gaſſen/ z. e.
Gen. 1. pr. iſt und bleibet anfang anfang: Er-

ſchaffen/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0358" n="332"/>
Bibel: und obwol nicht alle Geheimnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
darinn mit kun&#x017F;tworten außgedrucket (und<lb/>
daher &#x017F;o viele Fragebu&#x0364;chlein/ wegen der von<lb/>
ketzern herru&#x0364;hrender ta&#x0364;gl. neuerungen/ hinzu<lb/>
gethan) werden; &#x017F;o &#x017F;eye doch/ fu&#x0364;r von &#x017F;chulen<lb/>
nicht gelehrte/ &#x017F;o viel grund darinn/ daß &#x017F;ie<lb/>
fal&#x017F;che und erdichtete lehren leicht erkennen<lb/>
mo&#x0364;gen. <hi rendition="#aq">Quæ materia pulcrè &amp; jucundè<lb/>
per exempla tractari pote&#x017F;t.</hi></p><lb/>
        <p>2. Die Bibel &#x017F;eye gnug/ allen zweifel/ der<lb/>
die Haupt- oder Seligkeit betreffende Arti-<lb/>
ckel beru&#x0364;hret/ zu ent&#x017F;cheiden; wann ein ein-<lb/>
fa&#x0364;ltiger Ch&#xA75B;i&#x017F;t/ nach vo&#xA75B;he&#xA75B;gehendem Gebet/<lb/>
die&#x017F;elbe/ mit einem &#x017F;olchen fleiß/ wie ein ehrli-<lb/>
cher Bidermann/ eines gro&#x017F;&#x017F;en und ihme ge-<lb/>
bietenden Her&#xA75B;n/ mit einem <hi rendition="#aq">Mandat in&#x017F;i-<lb/>
nuir</hi>tes Te&#x017F;tament/ de&#x017F;&#x017F;en inhalt er begreiffen<lb/>
und in offentlichem derho&#x0364;r her&#x017F;agen &#x017F;olte/<lb/>
thun w&#x016F;rde/ le&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>3. Wo die&#x017F;er einfa&#x0364;ltige kinderrath der be-<lb/>
&#x017F;te: <hi rendition="#aq">(a)</hi> Er gedencke nur nit/ er mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e unter ei-<lb/>
nem jeden Bibelworte/ weil es gei&#x017F;tes worte<lb/>
&#x017F;ind/ einen tiefverborgenen ver&#x017F;tand/ und<lb/>
weit andere meynung &#x017F;uchen/ als die buch-<lb/>
&#x017F;taben zeigen: &#x017F;ondern bilde ihm fe&#x017F;te ein/ ja<lb/>
&#x017F;eye ja/ nein nein/ &#xA75B;c. wie auff der ga&#x017F;&#x017F;en/ z. e.<lb/><hi rendition="#aq">Gen. 1. pr.</hi> i&#x017F;t und bleibet anfang anfang: Er-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chaffen/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[332/0358] Bibel: und obwol nicht alle Geheimnuͤſſen darinn mit kunſtworten außgedrucket (und daher ſo viele Fragebuͤchlein/ wegen der von ketzern herruͤhrender taͤgl. neuerungen/ hinzu gethan) werden; ſo ſeye doch/ fuͤr von ſchulen nicht gelehrte/ ſo viel grund darinn/ daß ſie falſche und erdichtete lehren leicht erkennen moͤgen. Quæ materia pulcrè & jucundè per exempla tractari poteſt. 2. Die Bibel ſeye gnug/ allen zweifel/ der die Haupt- oder Seligkeit betreffende Arti- ckel beruͤhret/ zu entſcheiden; wann ein ein- faͤltiger Chꝛiſt/ nach voꝛheꝛgehendem Gebet/ dieſelbe/ mit einem ſolchen fleiß/ wie ein ehrli- cher Bidermann/ eines groſſen und ihme ge- bietenden Herꝛn/ mit einem Mandat inſi- nuirtes Teſtament/ deſſen inhalt er begreiffen und in offentlichem derhoͤr herſagen ſolte/ thun wůrde/ leſe. 3. Wo dieſer einfaͤltige kinderrath der be- ſte: (a) Er gedencke nur nit/ er muͤſſe unter ei- nem jeden Bibelworte/ weil es geiſtes worte ſind/ einen tiefverborgenen verſtand/ und weit andere meynung ſuchen/ als die buch- ſtaben zeigen: ſondern bilde ihm feſte ein/ ja ſeye ja/ nein nein/ ꝛc. wie auff der gaſſen/ z. e. Gen. 1. pr. iſt und bleibet anfang anfang: Er- ſchaffen/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/358
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/358>, abgerufen am 23.11.2024.