Spyri, Johanna: Heidi's Lehr- und Wanderjahre. Gotha, 1880.Bringet das beste Kleid her und zieht es ihm an und gebt "Ist denn das nicht eine schöne Geschichte, Großvater?" "Doch, Heidi, die Geschichte ist schön", sagte der Gro߬ Ein paar Stunden später, als Heidi längst im tiefen Bringet das beſte Kleid her und zieht es ihm an und gebt „Iſt denn das nicht eine ſchöne Geſchichte, Großvater?“ „Doch, Heidi, die Geſchichte iſt ſchön“, ſagte der Gro߬ Ein paar Stunden ſpäter, als Heidi längſt im tiefen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0240" n="230"/> Bringet das beſte Kleid her und zieht es ihm an und gebt<lb/> ihm einen Ring an ſeine Hand und Schuhe an die Füße,<lb/> und bringt das gemäſtete Kalb her und ſchlachtet es und<lb/> laßt uns eſſen und fröhlich ſein, denn dieſer mein Sohn<lb/> war todt und iſt wieder lebendig geworden und er war<lb/> verloren und iſt wieder gefunden worden. Und ſie fingen<lb/> an fröhlich zu ſein.‘</p><lb/> <p>„Iſt denn das nicht eine ſchöne Geſchichte, Großvater?“<lb/> fragte Heidi, als dieſer immer noch ſchweigend da ſaß und<lb/> es doch erwartet hatte, er werde ſich freuen und verwundern.</p><lb/> <p>„Doch, Heidi, die Geſchichte iſt ſchön“, ſagte der Gro߬<lb/> vater, aber ſein Geſicht war ſo ernſthaft, daß Heidi ganz<lb/> ſtille wurde und ſeine Bilder anſah. Leiſe ſchob es noch<lb/> einmal ſein Buch vor den Großvater hin und ſagte: „Sieh',<lb/> wie es ihm wohl iſt“, und zeigte mit ſeinem Finger auf<lb/> das Bild des Heimgekehrten, wie er im friſchen Kleid neben<lb/> dem Vater ſteht und wieder zu ihm gehört als ſein Sohn.</p><lb/> <p>Ein paar Stunden ſpäter, als Heidi längſt im tiefen<lb/> Schlafe lag, ſtieg der Großvater die kleine Leiter hinauf;<lb/> er ſtellte ſein Lämpchen neben Heidi's Lager hin, ſo daß<lb/> das Licht auf das ſchlafende Kind fiel. Es lag da mit<lb/> gefalteten Händen, denn zu beten hatte Heidi nicht ver¬<lb/> geſſen. Auf ſeinem roſigen Geſichtchen lag ein Ausdruck des<lb/> Friedens und ſeligen Vertrauens, der zu dem Großvater<lb/> reden mußte, denn lange, lange ſtand er da und rührte<lb/> ſich nicht und wandte kein Auge von dem ſchlafenden Kinde<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [230/0240]
Bringet das beſte Kleid her und zieht es ihm an und gebt
ihm einen Ring an ſeine Hand und Schuhe an die Füße,
und bringt das gemäſtete Kalb her und ſchlachtet es und
laßt uns eſſen und fröhlich ſein, denn dieſer mein Sohn
war todt und iſt wieder lebendig geworden und er war
verloren und iſt wieder gefunden worden. Und ſie fingen
an fröhlich zu ſein.‘
„Iſt denn das nicht eine ſchöne Geſchichte, Großvater?“
fragte Heidi, als dieſer immer noch ſchweigend da ſaß und
es doch erwartet hatte, er werde ſich freuen und verwundern.
„Doch, Heidi, die Geſchichte iſt ſchön“, ſagte der Gro߬
vater, aber ſein Geſicht war ſo ernſthaft, daß Heidi ganz
ſtille wurde und ſeine Bilder anſah. Leiſe ſchob es noch
einmal ſein Buch vor den Großvater hin und ſagte: „Sieh',
wie es ihm wohl iſt“, und zeigte mit ſeinem Finger auf
das Bild des Heimgekehrten, wie er im friſchen Kleid neben
dem Vater ſteht und wieder zu ihm gehört als ſein Sohn.
Ein paar Stunden ſpäter, als Heidi längſt im tiefen
Schlafe lag, ſtieg der Großvater die kleine Leiter hinauf;
er ſtellte ſein Lämpchen neben Heidi's Lager hin, ſo daß
das Licht auf das ſchlafende Kind fiel. Es lag da mit
gefalteten Händen, denn zu beten hatte Heidi nicht ver¬
geſſen. Auf ſeinem roſigen Geſichtchen lag ein Ausdruck des
Friedens und ſeligen Vertrauens, der zu dem Großvater
reden mußte, denn lange, lange ſtand er da und rührte
ſich nicht und wandte kein Auge von dem ſchlafenden Kinde
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