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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Lärchenwald ein und begünstigt ein träumerisches Lustwandeln, bis der Pilger auf der Höhe über Zwischenwasser, wo der Raubach in die Gader stürzt, aus dem Dunkel des Waldes hervortretend, jählings eine wundervolle Aussicht vor sich hat, zumal wenn er noch ein Stück über den Weg hinaufklettert. Da sah ich rechts ins Rauthal, wo aus fichtendunkeln Hügeln, die sich tief hinein in unbewohnte Wildniß verloren, gigantische Felsmassen, roth und blau, schier senkrecht aufstiegen, zwischen denen die Morgensonne ihre Strahlen seltsam gebrochen ins stille Alpenland hineinsandte, das noch Bären und Wölfe beherbergt. Die Häuser von St. Vigil steckten in leichtem blaulichem Duft, durch den sich die Rauchsäulen aus den Schornsteinen keck emporwanden. Ueber St. Vigil, dem Gerichtssitze, erhoben sich steile ragende Hügel, weitaus mit Korn bebaut und über sie hin zogen in geschäftigem Zug mit Roß und Pflug die ackernden Landleute bis ganz nahe an die Wälder hinauf, die ihre langen Schatten über diese Vorberge warfen. Auf einsamer Höhe liegt St. Maria, "die Pfarre," mit schönem gothischem Kirchthurm und ein paar bedeutsamen Häusern, wovon eines, ehedem ein adeliger Ansitz, jetzt ein Wirthshaus ist. Auf einer andern nahen Halde, auch rings umgeben von steilen Kornfeldern, prangt die Burg Asch, das Stammhaus der Ritter von Prack, ein dreistöckiges, hochgiebeliges Haus, mit vier Eckthürmen wohl bewehrt. Und wieder nicht weit von Asch zeigen sich auf steinichter Wand Kirche und Häuser von Plaiken. So ist die Gegend diesseits des Baches. Ueber dem allem aber, hoch oben auf dem steilen Gehänge, wo breite Ackerflächen mit finstern Wäldern abwechseln, ist die Kirche von Wälschellen hingeheftet, sammt den weitzerstreuten Häuschen, die sich am schwindelnden Berghang mühsam zu halten scheinen. Ueber diesem Hochlandsdörfchen steht roth und weiß, zerrissen und zerklüftet, steil und überhängend der Col de la Vedla, der Berg der Vettel, ein grauses dolomitisches Ungethüm, das aber dennoch vom Peitlerkofel, der hinten im schönen Seitenthälchen von Untermoi aufschießt, noch an Höhe und an Wildheit übertroffen wird. Diese beiden Hörner, der Col de la Vedla und der Puthia

Lärchenwald ein und begünstigt ein träumerisches Lustwandeln, bis der Pilger auf der Höhe über Zwischenwasser, wo der Raubach in die Gader stürzt, aus dem Dunkel des Waldes hervortretend, jählings eine wundervolle Aussicht vor sich hat, zumal wenn er noch ein Stück über den Weg hinaufklettert. Da sah ich rechts ins Rauthal, wo aus fichtendunkeln Hügeln, die sich tief hinein in unbewohnte Wildniß verloren, gigantische Felsmassen, roth und blau, schier senkrecht aufstiegen, zwischen denen die Morgensonne ihre Strahlen seltsam gebrochen ins stille Alpenland hineinsandte, das noch Bären und Wölfe beherbergt. Die Häuser von St. Vigil steckten in leichtem blaulichem Duft, durch den sich die Rauchsäulen aus den Schornsteinen keck emporwanden. Ueber St. Vigil, dem Gerichtssitze, erhoben sich steile ragende Hügel, weitaus mit Korn bebaut und über sie hin zogen in geschäftigem Zug mit Roß und Pflug die ackernden Landleute bis ganz nahe an die Wälder hinauf, die ihre langen Schatten über diese Vorberge warfen. Auf einsamer Höhe liegt St. Maria, „die Pfarre,“ mit schönem gothischem Kirchthurm und ein paar bedeutsamen Häusern, wovon eines, ehedem ein adeliger Ansitz, jetzt ein Wirthshaus ist. Auf einer andern nahen Halde, auch rings umgeben von steilen Kornfeldern, prangt die Burg Asch, das Stammhaus der Ritter von Prack, ein dreistöckiges, hochgiebeliges Haus, mit vier Eckthürmen wohl bewehrt. Und wieder nicht weit von Asch zeigen sich auf steinichter Wand Kirche und Häuser von Plaiken. So ist die Gegend diesseits des Baches. Ueber dem allem aber, hoch oben auf dem steilen Gehänge, wo breite Ackerflächen mit finstern Wäldern abwechseln, ist die Kirche von Wälschellen hingeheftet, sammt den weitzerstreuten Häuschen, die sich am schwindelnden Berghang mühsam zu halten scheinen. Ueber diesem Hochlandsdörfchen steht roth und weiß, zerrissen und zerklüftet, steil und überhängend der Col de la Vedla, der Berg der Vettel, ein grauses dolomitisches Ungethüm, das aber dennoch vom Peitlerkofel, der hinten im schönen Seitenthälchen von Untermoi aufschießt, noch an Höhe und an Wildheit übertroffen wird. Diese beiden Hörner, der Col de la Vedla und der Puthia

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Lärchenwald ein und begünstigt ein träumerisches Lustwandeln, bis der Pilger auf der Höhe über Zwischenwasser, wo der Raubach in die Gader stürzt, aus dem Dunkel des Waldes hervortretend, jählings eine wundervolle Aussicht vor sich hat, zumal wenn er noch ein Stück über den Weg hinaufklettert. Da sah ich rechts ins Rauthal, wo aus fichtendunkeln Hügeln, die sich tief hinein in unbewohnte Wildniß verloren, gigantische Felsmassen, roth und blau, schier senkrecht aufstiegen, zwischen denen die Morgensonne ihre Strahlen seltsam gebrochen ins stille Alpenland hineinsandte, das noch Bären und Wölfe beherbergt. Die Häuser von St. Vigil steckten in leichtem blaulichem Duft, durch den sich die Rauchsäulen aus den Schornsteinen keck emporwanden. Ueber St. Vigil, dem Gerichtssitze, erhoben sich steile ragende Hügel, weitaus mit Korn bebaut und über sie hin zogen in geschäftigem Zug mit Roß und Pflug die ackernden Landleute bis ganz nahe an die Wälder hinauf, die ihre langen Schatten über diese Vorberge warfen. Auf einsamer Höhe liegt St. Maria, &#x201E;die Pfarre,&#x201C; mit schönem gothischem Kirchthurm und ein paar bedeutsamen Häusern, wovon eines, ehedem ein adeliger Ansitz, jetzt ein Wirthshaus ist. Auf einer andern nahen Halde, auch rings umgeben <choice><sic>vnn</sic><corr>von</corr></choice> steilen Kornfeldern, prangt die Burg Asch, das Stammhaus der Ritter von Prack, ein dreistöckiges, hochgiebeliges Haus, mit vier Eckthürmen wohl bewehrt. Und wieder nicht weit von Asch zeigen sich auf steinichter Wand Kirche und Häuser von Plaiken. So ist die Gegend diesseits des Baches. Ueber dem allem aber, hoch oben auf dem steilen Gehänge, wo breite Ackerflächen mit finstern Wäldern abwechseln, ist die Kirche von Wälschellen hingeheftet, sammt den weitzerstreuten Häuschen, die sich am schwindelnden Berghang mühsam zu halten scheinen. Ueber diesem Hochlandsdörfchen steht roth und weiß, zerrissen und zerklüftet, steil und überhängend der Col de la Vedla, der Berg der Vettel, ein grauses dolomitisches Ungethüm, das aber dennoch vom Peitlerkofel, der hinten im schönen Seitenthälchen von Untermoi aufschießt, noch an Höhe und an Wildheit übertroffen wird. Diese beiden Hörner, der Col de la Vedla und der Puthia
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[466/0470] Lärchenwald ein und begünstigt ein träumerisches Lustwandeln, bis der Pilger auf der Höhe über Zwischenwasser, wo der Raubach in die Gader stürzt, aus dem Dunkel des Waldes hervortretend, jählings eine wundervolle Aussicht vor sich hat, zumal wenn er noch ein Stück über den Weg hinaufklettert. Da sah ich rechts ins Rauthal, wo aus fichtendunkeln Hügeln, die sich tief hinein in unbewohnte Wildniß verloren, gigantische Felsmassen, roth und blau, schier senkrecht aufstiegen, zwischen denen die Morgensonne ihre Strahlen seltsam gebrochen ins stille Alpenland hineinsandte, das noch Bären und Wölfe beherbergt. Die Häuser von St. Vigil steckten in leichtem blaulichem Duft, durch den sich die Rauchsäulen aus den Schornsteinen keck emporwanden. Ueber St. Vigil, dem Gerichtssitze, erhoben sich steile ragende Hügel, weitaus mit Korn bebaut und über sie hin zogen in geschäftigem Zug mit Roß und Pflug die ackernden Landleute bis ganz nahe an die Wälder hinauf, die ihre langen Schatten über diese Vorberge warfen. Auf einsamer Höhe liegt St. Maria, „die Pfarre,“ mit schönem gothischem Kirchthurm und ein paar bedeutsamen Häusern, wovon eines, ehedem ein adeliger Ansitz, jetzt ein Wirthshaus ist. Auf einer andern nahen Halde, auch rings umgeben von steilen Kornfeldern, prangt die Burg Asch, das Stammhaus der Ritter von Prack, ein dreistöckiges, hochgiebeliges Haus, mit vier Eckthürmen wohl bewehrt. Und wieder nicht weit von Asch zeigen sich auf steinichter Wand Kirche und Häuser von Plaiken. So ist die Gegend diesseits des Baches. Ueber dem allem aber, hoch oben auf dem steilen Gehänge, wo breite Ackerflächen mit finstern Wäldern abwechseln, ist die Kirche von Wälschellen hingeheftet, sammt den weitzerstreuten Häuschen, die sich am schwindelnden Berghang mühsam zu halten scheinen. Ueber diesem Hochlandsdörfchen steht roth und weiß, zerrissen und zerklüftet, steil und überhängend der Col de la Vedla, der Berg der Vettel, ein grauses dolomitisches Ungethüm, das aber dennoch vom Peitlerkofel, der hinten im schönen Seitenthälchen von Untermoi aufschießt, noch an Höhe und an Wildheit übertroffen wird. Diese beiden Hörner, der Col de la Vedla und der Puthia

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/470>, abgerufen am 23.11.2024.