Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.Aufgebot zum Mahle. Die Hochzeiten werden meistens im Winter gefeiert und so gleiten die Gäste in prächtig bespannten Rennschlitten heran, mit Geschirr und Zeug, das wegen seiner Kostbarkeit als Familienkleinod vom Vater auf den Sohn vererbt wird. Nachdem die Trauung in der Kirche vorüber, geht der Zug ins Wirthshaus zum Tanze. Dort warten schon vor dem Thore die mit Kränzen und weißen Schürzen geschmückten Mädchen auf die Jungen, welche sie wählen und zum Tanze führen sollen. Gerade so wird's bekanntlich auch in Bayern, im Gebirge wie in der Ebene gehalten und gilt nirgends als eine Versündigung gegen den Anstand. Ueberhaupt scheint der Tanzstadel in Enneberg und alles was damit zusammenhängt, ein deutsches Gewächs zu seyn, das vom Pusterthale aus in die günstige ladinische Luft hinein rankte. Die Ritter von Prack, deren Stammburg jenes Asch bei St. Maria ist, waren seit alten Zeiten begütert im Enneberger Thal. Jenes hartherzigen Gabriels von Prack haben wir schon gedacht, wir müssen aber noch des kühnen Ritters Franz Wilhelm Prack zu Asch erwähnen, der der Nationalheld der Enneberger geworden ist. Sie erzählen viel von ihm, und nach ihren Mähren hatte er lebenslänglichen Unfrieden mit den Kolzen, war dabei ein trefflicher Armbrustschütze und verwegener Reiter. Einmal sah er von der Burg zu Asch aus einen der Kolzen aus dem hohen Plaieswalde heranreiten, spannte schnell den Bogen und schoß über das Thal hinüber in ungeheure Ferne gegen den Todfeind. Den traf nun zwar der Bolzen nicht, aber der Sattelknopf erklang von seinem Anprall. Ein schönes Wagstück gelang ihm einst, als er mit den Ampezzanern Fehde hatte. Damals machte er einem Fräulein den Hof, das auf dem Schloß zu Peutelstein verweilte. Eines Tags hatten nun die Ampezzaner, um ihm den Heimweg zu verlegen, die Brücke abgetragen, die über den schauerlich tiefen Abgrund der Tavernanza führt. Franz Wilhelm von Prack ritt seiner Liebe froh des besten Muthes von Peutelstein herab und kam an den Wildbach, sah aber keine Brücke mehr, sondern einen Haufen Bewaffneter, die Aufgebot zum Mahle. Die Hochzeiten werden meistens im Winter gefeiert und so gleiten die Gäste in prächtig bespannten Rennschlitten heran, mit Geschirr und Zeug, das wegen seiner Kostbarkeit als Familienkleinod vom Vater auf den Sohn vererbt wird. Nachdem die Trauung in der Kirche vorüber, geht der Zug ins Wirthshaus zum Tanze. Dort warten schon vor dem Thore die mit Kränzen und weißen Schürzen geschmückten Mädchen auf die Jungen, welche sie wählen und zum Tanze führen sollen. Gerade so wird’s bekanntlich auch in Bayern, im Gebirge wie in der Ebene gehalten und gilt nirgends als eine Versündigung gegen den Anstand. Ueberhaupt scheint der Tanzstadel in Enneberg und alles was damit zusammenhängt, ein deutsches Gewächs zu seyn, das vom Pusterthale aus in die günstige ladinische Luft hinein rankte. Die Ritter von Prack, deren Stammburg jenes Asch bei St. Maria ist, waren seit alten Zeiten begütert im Enneberger Thal. Jenes hartherzigen Gabriels von Prack haben wir schon gedacht, wir müssen aber noch des kühnen Ritters Franz Wilhelm Prack zu Asch erwähnen, der der Nationalheld der Enneberger geworden ist. Sie erzählen viel von ihm, und nach ihren Mähren hatte er lebenslänglichen Unfrieden mit den Kolzen, war dabei ein trefflicher Armbrustschütze und verwegener Reiter. Einmal sah er von der Burg zu Asch aus einen der Kolzen aus dem hohen Plaieswalde heranreiten, spannte schnell den Bogen und schoß über das Thal hinüber in ungeheure Ferne gegen den Todfeind. Den traf nun zwar der Bolzen nicht, aber der Sattelknopf erklang von seinem Anprall. Ein schönes Wagstück gelang ihm einst, als er mit den Ampezzanern Fehde hatte. Damals machte er einem Fräulein den Hof, das auf dem Schloß zu Peutelstein verweilte. Eines Tags hatten nun die Ampezzaner, um ihm den Heimweg zu verlegen, die Brücke abgetragen, die über den schauerlich tiefen Abgrund der Tavernanza führt. Franz Wilhelm von Prack ritt seiner Liebe froh des besten Muthes von Peutelstein herab und kam an den Wildbach, sah aber keine Brücke mehr, sondern einen Haufen Bewaffneter, die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0473" n="469"/> Aufgebot zum Mahle. Die Hochzeiten werden meistens im Winter gefeiert und so gleiten die Gäste in prächtig bespannten Rennschlitten heran, mit Geschirr und Zeug, das wegen seiner Kostbarkeit als Familienkleinod vom Vater auf den Sohn vererbt wird. Nachdem die Trauung in der Kirche vorüber, geht der Zug ins Wirthshaus zum Tanze. Dort warten schon vor dem Thore die mit Kränzen und weißen Schürzen geschmückten Mädchen auf die Jungen, welche sie wählen und zum Tanze führen sollen. Gerade so wird’s bekanntlich auch in Bayern, im Gebirge wie in der Ebene gehalten und gilt nirgends als eine Versündigung gegen den Anstand. Ueberhaupt scheint der Tanzstadel in Enneberg und alles was damit zusammenhängt, ein deutsches Gewächs zu seyn, das vom Pusterthale aus in die günstige ladinische Luft hinein rankte.</p> <p>Die Ritter von Prack, deren Stammburg jenes Asch bei St. Maria ist, waren seit alten Zeiten begütert im Enneberger Thal. Jenes hartherzigen Gabriels von Prack haben wir schon gedacht, wir müssen aber noch des kühnen Ritters Franz Wilhelm Prack zu Asch erwähnen, der der Nationalheld der <choice><sic>Ennebergerge</sic><corr>Enneberger</corr></choice> geworden ist. Sie erzählen viel von ihm, und nach ihren Mähren hatte er lebenslänglichen Unfrieden mit den Kolzen, war dabei ein trefflicher Armbrustschütze und verwegener Reiter. Einmal sah er von der Burg zu Asch aus einen der Kolzen aus dem hohen Plaieswalde heranreiten, spannte schnell den Bogen und schoß über das Thal hinüber in ungeheure Ferne gegen den Todfeind. Den traf nun zwar der Bolzen nicht, aber der Sattelknopf erklang von seinem Anprall. Ein schönes Wagstück gelang ihm einst, als er mit den Ampezzanern Fehde hatte. Damals machte er einem Fräulein den Hof, das auf dem Schloß zu Peutelstein verweilte. Eines Tags hatten nun die Ampezzaner, um ihm den Heimweg zu verlegen, die Brücke abgetragen, die über den schauerlich tiefen Abgrund der Tavernanza führt. Franz Wilhelm von Prack ritt seiner Liebe froh des besten Muthes von Peutelstein herab und kam an den Wildbach, sah aber keine Brücke mehr, sondern einen Haufen Bewaffneter, die </p> </div> </body> </text> </TEI> [469/0473]
Aufgebot zum Mahle. Die Hochzeiten werden meistens im Winter gefeiert und so gleiten die Gäste in prächtig bespannten Rennschlitten heran, mit Geschirr und Zeug, das wegen seiner Kostbarkeit als Familienkleinod vom Vater auf den Sohn vererbt wird. Nachdem die Trauung in der Kirche vorüber, geht der Zug ins Wirthshaus zum Tanze. Dort warten schon vor dem Thore die mit Kränzen und weißen Schürzen geschmückten Mädchen auf die Jungen, welche sie wählen und zum Tanze führen sollen. Gerade so wird’s bekanntlich auch in Bayern, im Gebirge wie in der Ebene gehalten und gilt nirgends als eine Versündigung gegen den Anstand. Ueberhaupt scheint der Tanzstadel in Enneberg und alles was damit zusammenhängt, ein deutsches Gewächs zu seyn, das vom Pusterthale aus in die günstige ladinische Luft hinein rankte.
Die Ritter von Prack, deren Stammburg jenes Asch bei St. Maria ist, waren seit alten Zeiten begütert im Enneberger Thal. Jenes hartherzigen Gabriels von Prack haben wir schon gedacht, wir müssen aber noch des kühnen Ritters Franz Wilhelm Prack zu Asch erwähnen, der der Nationalheld der Enneberger geworden ist. Sie erzählen viel von ihm, und nach ihren Mähren hatte er lebenslänglichen Unfrieden mit den Kolzen, war dabei ein trefflicher Armbrustschütze und verwegener Reiter. Einmal sah er von der Burg zu Asch aus einen der Kolzen aus dem hohen Plaieswalde heranreiten, spannte schnell den Bogen und schoß über das Thal hinüber in ungeheure Ferne gegen den Todfeind. Den traf nun zwar der Bolzen nicht, aber der Sattelknopf erklang von seinem Anprall. Ein schönes Wagstück gelang ihm einst, als er mit den Ampezzanern Fehde hatte. Damals machte er einem Fräulein den Hof, das auf dem Schloß zu Peutelstein verweilte. Eines Tags hatten nun die Ampezzaner, um ihm den Heimweg zu verlegen, die Brücke abgetragen, die über den schauerlich tiefen Abgrund der Tavernanza führt. Franz Wilhelm von Prack ritt seiner Liebe froh des besten Muthes von Peutelstein herab und kam an den Wildbach, sah aber keine Brücke mehr, sondern einen Haufen Bewaffneter, die
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