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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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lautete diese eher günstig. Ich wollte mir daher den Weg nur beschreiben lassen und keinen Führer mitnehmen, aber Hans Krapf, der Schaffner zu Lisens, hatte die Barmherzigkeit, hievon keine Notiz zu nehmen und mich fast wider meinen Willen zu begleiten, was mir später auch keineswegs leid war.

Der erste Aufweg ging über Wiesengrund. Schön war die Ansicht des Ferners, dessen Auslauf bald zu unsern Füßen lag. Als wir etwa anderthalb Stunden gestiegen waren, wurde die Landschaft öde, hochjochartig, tauernmäßig. Wir sahen auf den fernen Grat und auf die Schneefelder, die darum herlagen. Lange Zeit traten wir auf steilangelagertes rutschendes Gerölle, auf braune Platten, die nach Umständen übereinander fortschossen, unter den Tritten aber zusammen knackten.

Nachdem der lange mühsame Gang über diese knatternden Kacheln zurückgelegt, kamen wir auf körnigen Sand, der sich in jäher Halde zum Joche hinaufzog. Diese letzte Strecke erachtete ich für das unliebste Gehen, das mir bis dahin im Gebirge zur Aufgabe geworden. Der Sand gab bei jedem Schritte nach und wer einmal ins Gleiten kam, dem war wohl schwer zu helfen. Hans Krapf sah auch meine Noth und trat vorausgehend mit Behutsamkeit die Schritte in den Sand; manchmal reichte er mir auch die Hand, und wenn's ihm dünkte, daß von unten besser zu wirken sey, so kehrte er um und schob mich aufwärts. In dieser Art kamen wir denn doch zuletzt glücklich auf das Joch, einen schmalen, zwischen wilde Höhen eingekerbten Sattel, der so schneidig ist, daß man sich darauf setzen und die Füße beiderseits rittlings zu Thale hängen kann. Die Aussicht ist nicht zu rühmen; sie geht nicht in die Tiefen von Stubei und von der Thalebene von Lisens ist gar nichts mehr sichtbar. Das Horn, das sich in nächster Nähe nördlich erhebt, ist die Villerspitze, die vor Zeiten, als man die Berge noch mit dem Auge und nicht mit dem Barometer maß, für eine der drei höchsten im Lande galt, wie der alte Reim besagt:

lautete diese eher günstig. Ich wollte mir daher den Weg nur beschreiben lassen und keinen Führer mitnehmen, aber Hans Krapf, der Schaffner zu Lisens, hatte die Barmherzigkeit, hievon keine Notiz zu nehmen und mich fast wider meinen Willen zu begleiten, was mir später auch keineswegs leid war.

Der erste Aufweg ging über Wiesengrund. Schön war die Ansicht des Ferners, dessen Auslauf bald zu unsern Füßen lag. Als wir etwa anderthalb Stunden gestiegen waren, wurde die Landschaft öde, hochjochartig, tauernmäßig. Wir sahen auf den fernen Grat und auf die Schneefelder, die darum herlagen. Lange Zeit traten wir auf steilangelagertes rutschendes Gerölle, auf braune Platten, die nach Umständen übereinander fortschossen, unter den Tritten aber zusammen knackten.

Nachdem der lange mühsame Gang über diese knatternden Kacheln zurückgelegt, kamen wir auf körnigen Sand, der sich in jäher Halde zum Joche hinaufzog. Diese letzte Strecke erachtete ich für das unliebste Gehen, das mir bis dahin im Gebirge zur Aufgabe geworden. Der Sand gab bei jedem Schritte nach und wer einmal ins Gleiten kam, dem war wohl schwer zu helfen. Hans Krapf sah auch meine Noth und trat vorausgehend mit Behutsamkeit die Schritte in den Sand; manchmal reichte er mir auch die Hand, und wenn’s ihm dünkte, daß von unten besser zu wirken sey, so kehrte er um und schob mich aufwärts. In dieser Art kamen wir denn doch zuletzt glücklich auf das Joch, einen schmalen, zwischen wilde Höhen eingekerbten Sattel, der so schneidig ist, daß man sich darauf setzen und die Füße beiderseits rittlings zu Thale hängen kann. Die Aussicht ist nicht zu rühmen; sie geht nicht in die Tiefen von Stubei und von der Thalebene von Lisens ist gar nichts mehr sichtbar. Das Horn, das sich in nächster Nähe nördlich erhebt, ist die Villerspitze, die vor Zeiten, als man die Berge noch mit dem Auge und nicht mit dem Barometer maß, für eine der drei höchsten im Lande galt, wie der alte Reim besagt:

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        <p>Nachdem der lange mühsame Gang über diese knatternden Kacheln zurückgelegt, kamen wir auf körnigen Sand, der sich in jäher Halde zum Joche hinaufzog. Diese letzte Strecke erachtete ich für das unliebste Gehen, das mir bis dahin im Gebirge zur Aufgabe geworden. Der Sand gab bei jedem Schritte nach und wer einmal ins Gleiten kam, dem war wohl schwer zu helfen. Hans Krapf sah auch meine Noth und trat vorausgehend mit Behutsamkeit die Schritte in den Sand; manchmal reichte er mir auch die Hand, und wenn&#x2019;s ihm dünkte, daß von unten besser zu wirken sey, so kehrte er um und schob mich aufwärts. In dieser Art kamen wir denn doch zuletzt glücklich auf das Joch, einen schmalen, zwischen wilde Höhen eingekerbten Sattel, der so schneidig ist, daß man sich darauf setzen und die Füße beiderseits rittlings zu Thale hängen kann. Die Aussicht ist nicht zu rühmen; sie geht nicht in die Tiefen von Stubei und von der Thalebene von Lisens ist gar nichts mehr sichtbar. Das Horn, das sich in nächster Nähe nördlich erhebt, ist die Villerspitze, die vor Zeiten, als man die Berge noch mit dem Auge und nicht mit dem Barometer maß, für eine der drei höchsten im Lande galt, wie der alte Reim besagt:</p>
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[485/0489] lautete diese eher günstig. Ich wollte mir daher den Weg nur beschreiben lassen und keinen Führer mitnehmen, aber Hans Krapf, der Schaffner zu Lisens, hatte die Barmherzigkeit, hievon keine Notiz zu nehmen und mich fast wider meinen Willen zu begleiten, was mir später auch keineswegs leid war. Der erste Aufweg ging über Wiesengrund. Schön war die Ansicht des Ferners, dessen Auslauf bald zu unsern Füßen lag. Als wir etwa anderthalb Stunden gestiegen waren, wurde die Landschaft öde, hochjochartig, tauernmäßig. Wir sahen auf den fernen Grat und auf die Schneefelder, die darum herlagen. Lange Zeit traten wir auf steilangelagertes rutschendes Gerölle, auf braune Platten, die nach Umständen übereinander fortschossen, unter den Tritten aber zusammen knackten. Nachdem der lange mühsame Gang über diese knatternden Kacheln zurückgelegt, kamen wir auf körnigen Sand, der sich in jäher Halde zum Joche hinaufzog. Diese letzte Strecke erachtete ich für das unliebste Gehen, das mir bis dahin im Gebirge zur Aufgabe geworden. Der Sand gab bei jedem Schritte nach und wer einmal ins Gleiten kam, dem war wohl schwer zu helfen. Hans Krapf sah auch meine Noth und trat vorausgehend mit Behutsamkeit die Schritte in den Sand; manchmal reichte er mir auch die Hand, und wenn’s ihm dünkte, daß von unten besser zu wirken sey, so kehrte er um und schob mich aufwärts. In dieser Art kamen wir denn doch zuletzt glücklich auf das Joch, einen schmalen, zwischen wilde Höhen eingekerbten Sattel, der so schneidig ist, daß man sich darauf setzen und die Füße beiderseits rittlings zu Thale hängen kann. Die Aussicht ist nicht zu rühmen; sie geht nicht in die Tiefen von Stubei und von der Thalebene von Lisens ist gar nichts mehr sichtbar. Das Horn, das sich in nächster Nähe nördlich erhebt, ist die Villerspitze, die vor Zeiten, als man die Berge noch mit dem Auge und nicht mit dem Barometer maß, für eine der drei höchsten im Lande galt, wie der alte Reim besagt:

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 485. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/489>, abgerufen am 23.11.2024.