Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

Bild:
<< vorherige Seite

auflärmte, das konnte ich nicht entnehmen. Einige andere außerthalische Gestalten waren da und dort zwischen die Bauern eingestreut.

Die zwei Wirthe, der weitgereiste Viehhändler und der bayerische Herr saßen beisammen und unterhielten sich geschmackvoll über verschiedene Gegenstände, bis auf einem andern Tische das Singen anhob. Dabei nahmen Theil der Wirth, das Duxer Maidele, und Ferdinand Mariacher, der Organist, des Schulmeisters Bruder, der aber erst aus dem Bette hatte geholt werden müssen.

Der Wirth von Lannersbach, Georg Stock, den die Duxer schlecht und recht Jörgel heißen, ist eigentlich ein geborner Zillerthaler und hat aus seinem Mutterländchen eine Statur hereingeheurathet, wie sie von den Duxern so hoch und ansehnlich keiner aufzuweisen hat. Dabei trägt er ein heiteres, väterliches Gesicht von erzgesunder Farbe und bewahrt immer eine ruhige, aber gute Laune. Da er auch sonst ein verständiger Mann, so kann er mit den Thälerern alles ausrichten und ist nicht ohne Grund ihr Hauptmann, der Capitän der Duxer Schützencompagnie. Bei dem Feste, welches 1822 zu Innsbruck gefeiert wurde, marschirte er an der Spitze seiner Mannschaft an den Kaisern von Oesterreich und Rußland vorüber und machte dabei aus dem Stegreife so herrliche Sprünge und ich glaube sogar Buzigagelen (Burzelbäume), daß ihn der gerührte Franz zu Tische zog. Auch dabei verursachte er den beiden Potentaten unendliches Vergnügen, und er erzählt mit Offenheit, wie sie das Lachen gar nicht mehr halten konnten, wenn er bei Tafel hin und wieder eine unhöfische Alpenmanier heraustreten ließ, oder wenn er etwas sagte, was den beiden andern nicht gescheidt genug vorkam. Kaiser Alexander drückte ihm damals den Wunsch aus, er möchte wohl auch ein halbes Tausend solcher Schneebauern haben, worauf ihm Jörgel, ich weiß nicht welches Compliment sagte. Durch seinen eigenen Werth und durch die Auszeichnungen die ihm damals die zwei Monarchen angedeihen ließen, ist Jörgel eine im ganzen Lande bekannte Person geworden und der Wirth von Lannersbach genießt durchweg

auflärmte, das konnte ich nicht entnehmen. Einige andere außerthalische Gestalten waren da und dort zwischen die Bauern eingestreut.

Die zwei Wirthe, der weitgereiste Viehhändler und der bayerische Herr saßen beisammen und unterhielten sich geschmackvoll über verschiedene Gegenstände, bis auf einem andern Tische das Singen anhob. Dabei nahmen Theil der Wirth, das Duxer Maidele, und Ferdinand Mariacher, der Organist, des Schulmeisters Bruder, der aber erst aus dem Bette hatte geholt werden müssen.

Der Wirth von Lannersbach, Georg Stock, den die Duxer schlecht und recht Jörgel heißen, ist eigentlich ein geborner Zillerthaler und hat aus seinem Mutterländchen eine Statur hereingeheurathet, wie sie von den Duxern so hoch und ansehnlich keiner aufzuweisen hat. Dabei trägt er ein heiteres, väterliches Gesicht von erzgesunder Farbe und bewahrt immer eine ruhige, aber gute Laune. Da er auch sonst ein verständiger Mann, so kann er mit den Thälerern alles ausrichten und ist nicht ohne Grund ihr Hauptmann, der Capitän der Duxer Schützencompagnie. Bei dem Feste, welches 1822 zu Innsbruck gefeiert wurde, marschirte er an der Spitze seiner Mannschaft an den Kaisern von Oesterreich und Rußland vorüber und machte dabei aus dem Stegreife so herrliche Sprünge und ich glaube sogar Buzigagelen (Burzelbäume), daß ihn der gerührte Franz zu Tische zog. Auch dabei verursachte er den beiden Potentaten unendliches Vergnügen, und er erzählt mit Offenheit, wie sie das Lachen gar nicht mehr halten konnten, wenn er bei Tafel hin und wieder eine unhöfische Alpenmanier heraustreten ließ, oder wenn er etwas sagte, was den beiden andern nicht gescheidt genug vorkam. Kaiser Alexander drückte ihm damals den Wunsch aus, er möchte wohl auch ein halbes Tausend solcher Schneebauern haben, worauf ihm Jörgel, ich weiß nicht welches Compliment sagte. Durch seinen eigenen Werth und durch die Auszeichnungen die ihm damals die zwei Monarchen angedeihen ließen, ist Jörgel eine im ganzen Lande bekannte Person geworden und der Wirth von Lannersbach genießt durchweg

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0523" n="519"/>
auflärmte, das konnte ich nicht entnehmen. Einige andere außerthalische Gestalten waren da und dort zwischen die Bauern eingestreut.</p>
        <p>Die zwei Wirthe, der weitgereiste Viehhändler und der bayerische Herr saßen beisammen und unterhielten sich geschmackvoll über verschiedene Gegenstände, bis auf einem andern Tische das Singen anhob. Dabei nahmen Theil der Wirth, das Duxer Maidele, und Ferdinand Mariacher, der Organist, des Schulmeisters Bruder, der aber erst aus dem Bette hatte geholt werden müssen.</p>
        <p>Der Wirth von Lannersbach, Georg Stock, den die Duxer schlecht und recht Jörgel heißen, ist eigentlich ein geborner Zillerthaler und hat aus seinem Mutterländchen eine Statur hereingeheurathet, wie sie von den Duxern so hoch und ansehnlich keiner aufzuweisen hat. Dabei trägt er ein heiteres, väterliches Gesicht von erzgesunder Farbe und bewahrt immer eine ruhige, aber gute Laune. Da er auch sonst ein verständiger Mann, so kann er mit den Thälerern alles ausrichten und ist nicht ohne Grund ihr Hauptmann, der Capitän der Duxer Schützencompagnie. Bei dem Feste, welches 1822 zu Innsbruck gefeiert wurde, marschirte er an der Spitze seiner Mannschaft an den Kaisern von Oesterreich und Rußland vorüber und machte dabei aus dem Stegreife so herrliche Sprünge und ich glaube sogar <hi rendition="#g">Buzigagelen</hi> (Burzelbäume), daß ihn der gerührte Franz zu Tische zog. Auch dabei verursachte er den beiden Potentaten unendliches Vergnügen, und er erzählt mit Offenheit, wie sie das Lachen gar nicht mehr halten konnten, wenn er bei Tafel hin und wieder eine unhöfische Alpenmanier heraustreten ließ, oder wenn er etwas sagte, was den beiden andern nicht gescheidt genug vorkam. Kaiser Alexander drückte ihm damals den Wunsch aus, er möchte wohl auch ein halbes Tausend solcher Schneebauern haben, worauf ihm Jörgel, ich weiß nicht welches Compliment sagte. Durch seinen eigenen Werth und durch die Auszeichnungen die ihm damals die zwei Monarchen angedeihen ließen, ist Jörgel eine im ganzen Lande bekannte Person geworden und der Wirth von Lannersbach genießt durchweg
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[519/0523] auflärmte, das konnte ich nicht entnehmen. Einige andere außerthalische Gestalten waren da und dort zwischen die Bauern eingestreut. Die zwei Wirthe, der weitgereiste Viehhändler und der bayerische Herr saßen beisammen und unterhielten sich geschmackvoll über verschiedene Gegenstände, bis auf einem andern Tische das Singen anhob. Dabei nahmen Theil der Wirth, das Duxer Maidele, und Ferdinand Mariacher, der Organist, des Schulmeisters Bruder, der aber erst aus dem Bette hatte geholt werden müssen. Der Wirth von Lannersbach, Georg Stock, den die Duxer schlecht und recht Jörgel heißen, ist eigentlich ein geborner Zillerthaler und hat aus seinem Mutterländchen eine Statur hereingeheurathet, wie sie von den Duxern so hoch und ansehnlich keiner aufzuweisen hat. Dabei trägt er ein heiteres, väterliches Gesicht von erzgesunder Farbe und bewahrt immer eine ruhige, aber gute Laune. Da er auch sonst ein verständiger Mann, so kann er mit den Thälerern alles ausrichten und ist nicht ohne Grund ihr Hauptmann, der Capitän der Duxer Schützencompagnie. Bei dem Feste, welches 1822 zu Innsbruck gefeiert wurde, marschirte er an der Spitze seiner Mannschaft an den Kaisern von Oesterreich und Rußland vorüber und machte dabei aus dem Stegreife so herrliche Sprünge und ich glaube sogar Buzigagelen (Burzelbäume), daß ihn der gerührte Franz zu Tische zog. Auch dabei verursachte er den beiden Potentaten unendliches Vergnügen, und er erzählt mit Offenheit, wie sie das Lachen gar nicht mehr halten konnten, wenn er bei Tafel hin und wieder eine unhöfische Alpenmanier heraustreten ließ, oder wenn er etwas sagte, was den beiden andern nicht gescheidt genug vorkam. Kaiser Alexander drückte ihm damals den Wunsch aus, er möchte wohl auch ein halbes Tausend solcher Schneebauern haben, worauf ihm Jörgel, ich weiß nicht welches Compliment sagte. Durch seinen eigenen Werth und durch die Auszeichnungen die ihm damals die zwei Monarchen angedeihen ließen, ist Jörgel eine im ganzen Lande bekannte Person geworden und der Wirth von Lannersbach genießt durchweg

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-05T13:27:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-05T13:27:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-05T13:27:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Geviertstriche werden als Halbgeviertstriche wiedergegeben.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/523
Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 519. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/523>, abgerufen am 23.11.2024.