Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.rechten Ton zu treffen. Der Bereich der poetischen Anschauung, Styl und Worte der Darstellung sind so genau abgegränzt, daß es für den Sachverständigen leicht ist, ein herrisches Schnaderhüpfel von einem bäurischen zu unterscheiden. Jedennoch mag allen bojoarischen Herren und Frauen wenigstens der Versuch gestattet seyn, sich in der Dichtweise ihrer Hirten und Bauern zu ergehen, und unser trefflicher Landsmann Franz von Kobell hat darin einen Preis verdient; andersstammigen deutschen Poeten aber möchten wir dringend rathen, sich nie in dieses heikle Gebiet zu verlieren. Es kann nichts ärmlicher klingen, als ein in der Anschauung und im Ausdrucke gleich verfehltes Schnaderhüpfel, wie wir deren schon hie und da bei solchen gefunden haben. Eine längere Reihe ächter Schnaderhüpfel zu geben ist nun nicht unsere Absicht - wir fürchten das Achselzucken süddeutscher Leser, die nicht hundertmal Gehörtes hier als Neuigkeit wieder zu finden begehren. Doch wollen wir wagen, aus den Anmerkungen welche J. Strolz seiner Sammlung beigefügt hat, einiges herauszuheben, was den Leser allenfalls anziehen könnte, wenn auch vieles davon Antiquität ist. Zu dem bekannten G'sangel: A Büchsel zun Schießen Und an Stoßring zun Schlagn Und a Dienal zun Liebn Muß a frischa Bue habn! zu diesem auch von Immermann aufgenommenen Liedchen, welches obgleich schon 1807 gewiß nicht mehr ganz neu, noch immer gehört wird, sagt der Verfasser Folgendes: Stoßringe oder Schlagringe sind die gewöhnlichen Waffen der Raufer, dienen aber auch dem ländlichen Mannsvolke zur Zierde. Sie bestehen aus eisernen, messingnen oder silbernen Reifen mit einem großen darauf gelötheten Knopfe von gleichem Metalle. Geprüfte Robler bedienen sich dieser Ringe höchst selten, da ihnen die geballte Faust die nämlichen Dienste leistet. - Dieses Liedchen gibt übrigens die Hauptzüge des Volkscharakters im Unterinnthale sehr deutlich zu erkennen. Ein leidenschaftlicher und gleichsam angeborner Hang zur Jagd rechten Ton zu treffen. Der Bereich der poetischen Anschauung, Styl und Worte der Darstellung sind so genau abgegränzt, daß es für den Sachverständigen leicht ist, ein herrisches Schnaderhüpfel von einem bäurischen zu unterscheiden. Jedennoch mag allen bojoarischen Herren und Frauen wenigstens der Versuch gestattet seyn, sich in der Dichtweise ihrer Hirten und Bauern zu ergehen, und unser trefflicher Landsmann Franz von Kobell hat darin einen Preis verdient; andersstammigen deutschen Poeten aber möchten wir dringend rathen, sich nie in dieses heikle Gebiet zu verlieren. Es kann nichts ärmlicher klingen, als ein in der Anschauung und im Ausdrucke gleich verfehltes Schnaderhüpfel, wie wir deren schon hie und da bei solchen gefunden haben. Eine längere Reihe ächter Schnaderhüpfel zu geben ist nun nicht unsere Absicht – wir fürchten das Achselzucken süddeutscher Leser, die nicht hundertmal Gehörtes hier als Neuigkeit wieder zu finden begehren. Doch wollen wir wagen, aus den Anmerkungen welche J. Strolz seiner Sammlung beigefügt hat, einiges herauszuheben, was den Leser allenfalls anziehen könnte, wenn auch vieles davon Antiquität ist. Zu dem bekannten G’sangel: A Büchsel zun Schießen Und an Stoßring zun Schlagn Und a Dienal zun Liebn Muß a frischa Bue habn! zu diesem auch von Immermann aufgenommenen Liedchen, welches obgleich schon 1807 gewiß nicht mehr ganz neu, noch immer gehört wird, sagt der Verfasser Folgendes: Stoßringe oder Schlagringe sind die gewöhnlichen Waffen der Raufer, dienen aber auch dem ländlichen Mannsvolke zur Zierde. Sie bestehen aus eisernen, messingnen oder silbernen Reifen mit einem großen darauf gelötheten Knopfe von gleichem Metalle. Geprüfte Robler bedienen sich dieser Ringe höchst selten, da ihnen die geballte Faust die nämlichen Dienste leistet. – Dieses Liedchen gibt übrigens die Hauptzüge des Volkscharakters im Unterinnthale sehr deutlich zu erkennen. Ein leidenschaftlicher und gleichsam angeborner Hang zur Jagd <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0569" n="565"/> rechten Ton zu treffen. Der Bereich der poetischen Anschauung, Styl und Worte der Darstellung sind so genau abgegränzt, daß es für den Sachverständigen leicht ist, ein herrisches Schnaderhüpfel von einem bäurischen zu unterscheiden. Jedennoch mag allen bojoarischen Herren und Frauen wenigstens der Versuch gestattet seyn, sich in der Dichtweise ihrer Hirten und Bauern zu ergehen, und unser trefflicher Landsmann Franz von Kobell hat darin einen Preis verdient; andersstammigen deutschen Poeten aber möchten wir dringend rathen, sich nie in dieses heikle Gebiet zu verlieren. Es kann nichts ärmlicher klingen, als ein in der Anschauung und im Ausdrucke gleich verfehltes Schnaderhüpfel, wie wir deren schon hie und da bei solchen gefunden haben.</p> <p xml:id="p-0569a" next="p-0569b">Eine längere Reihe ächter Schnaderhüpfel zu geben ist nun nicht unsere Absicht – wir fürchten das Achselzucken süddeutscher Leser, die nicht hundertmal Gehörtes hier als Neuigkeit wieder zu finden begehren. Doch wollen wir wagen, aus den Anmerkungen welche J. Strolz seiner Sammlung beigefügt hat, einiges herauszuheben, was den Leser allenfalls anziehen könnte, wenn auch vieles davon Antiquität ist. 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rechten Ton zu treffen. Der Bereich der poetischen Anschauung, Styl und Worte der Darstellung sind so genau abgegränzt, daß es für den Sachverständigen leicht ist, ein herrisches Schnaderhüpfel von einem bäurischen zu unterscheiden. Jedennoch mag allen bojoarischen Herren und Frauen wenigstens der Versuch gestattet seyn, sich in der Dichtweise ihrer Hirten und Bauern zu ergehen, und unser trefflicher Landsmann Franz von Kobell hat darin einen Preis verdient; andersstammigen deutschen Poeten aber möchten wir dringend rathen, sich nie in dieses heikle Gebiet zu verlieren. Es kann nichts ärmlicher klingen, als ein in der Anschauung und im Ausdrucke gleich verfehltes Schnaderhüpfel, wie wir deren schon hie und da bei solchen gefunden haben.
Eine längere Reihe ächter Schnaderhüpfel zu geben ist nun nicht unsere Absicht – wir fürchten das Achselzucken süddeutscher Leser, die nicht hundertmal Gehörtes hier als Neuigkeit wieder zu finden begehren. Doch wollen wir wagen, aus den Anmerkungen welche J. Strolz seiner Sammlung beigefügt hat, einiges herauszuheben, was den Leser allenfalls anziehen könnte, wenn auch vieles davon Antiquität ist. Zu dem bekannten G’sangel:
A Büchsel zun Schießen
Und an Stoßring zun Schlagn
Und a Dienal zun Liebn
Muß a frischa Bue habn!
zu diesem auch von Immermann aufgenommenen Liedchen, welches obgleich schon 1807 gewiß nicht mehr ganz neu, noch immer gehört wird, sagt der Verfasser Folgendes:
Stoßringe oder Schlagringe sind die gewöhnlichen Waffen der Raufer, dienen aber auch dem ländlichen Mannsvolke zur Zierde. Sie bestehen aus eisernen, messingnen oder silbernen Reifen mit einem großen darauf gelötheten Knopfe von gleichem Metalle. Geprüfte Robler bedienen sich dieser Ringe höchst selten, da ihnen die geballte Faust die nämlichen Dienste leistet. – Dieses Liedchen gibt übrigens die Hauptzüge des Volkscharakters im Unterinnthale sehr deutlich zu erkennen. Ein leidenschaftlicher und gleichsam angeborner Hang zur Jagd
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