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Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846.

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Theil seines Capitals. Indessen wird selbst diese Anlage den Abnehmern zu Liebe kunstmäßig ausgebildet und mit dieser Ausbildung sind denn auch schrittweise die Anforderungen gestiegen, die man im deutschen Reiche, zumal in seinen nördlichen Gegenden an einen ächten Tiroler macht. Bis aber die zwanzig Tausend Duzend Handschuhe, welche diese Bursche jährlich verschleppen, in schwatzhaftem Kaufe an Mann und Frau gebracht sind, ist auch leicht zu lernen was das Ausland eigentlich prätendirt. Der Zillerthaler gibt sich daher draußen ganz anders als zu Hause, wo er sich zwar frisch, lebendig und nicht schüchtern zeigt, aber höflich, gescheid und schicklich; während er dort den naiven, den quecksilberigen Schalksnarren, den alpenhaft derben Rüpel spielt und zur Beglaubigung seiner Aechtheit auch Jedermann dutzt, was so zu sagen eine Hauptsache ist. Liebhabern solch anmuthiger Vertraulichkeit können wir die Versicherung geben, daß diese improvisirte Bruderschaft nur ein Opfer ist, welches der Handschuhhändler seinem Gewerbe bringt, und daß der Gedutzte allen Grund hat sich zugleich auch für den Gefoppten zu halten. Es ist in ganz Tirol kein Ort mehr, wo nicht schon die reifere Jugend recht gut und fertig mit dem Sie oder doch mit dem Ihr (Es) umzugehen vermöchte. Es wills weder der Curat noch der Schullehrer leiden, daß man sie unehrerbietig dutze, und die Tiroler kehren daher zu diesem primitiven Zustand nur zurück, wenn sie einmal über der Gränze sind. Jeder, der die interessante Bekanntschaft des drolligen Handschuhhändlers auf einem deutschen Markte gemacht, wird sich verwundern, wenn er ihn in seiner Heimath wieder findet, wie er da ohne Aufhebens seinen häuslichen Arbeiten nachgeht. Indessen sind die Erfahrungen, welche in der Fremde gewonnen werden, nicht für alle ganz verloren; es gibt immerhin solche gereiste Schelme, welche beim Erscheinen eines fremden Alpenfreundes sich von freien Stücken in die Airs versetzen, die, wie sie wissen, jener für national hält. Sie beginnen also im tiefsten Frieden mit den Füßen zu stampfen, mit den Fingern zu schnalzen, in die Höhe zu hüpfen, Schnaderhaggen zu singen und idyllische Albernheiten

Theil seines Capitals. Indessen wird selbst diese Anlage den Abnehmern zu Liebe kunstmäßig ausgebildet und mit dieser Ausbildung sind denn auch schrittweise die Anforderungen gestiegen, die man im deutschen Reiche, zumal in seinen nördlichen Gegenden an einen ächten Tiroler macht. Bis aber die zwanzig Tausend Duzend Handschuhe, welche diese Bursche jährlich verschleppen, in schwatzhaftem Kaufe an Mann und Frau gebracht sind, ist auch leicht zu lernen was das Ausland eigentlich prätendirt. Der Zillerthaler gibt sich daher draußen ganz anders als zu Hause, wo er sich zwar frisch, lebendig und nicht schüchtern zeigt, aber höflich, gescheid und schicklich; während er dort den naiven, den quecksilberigen Schalksnarren, den alpenhaft derben Rüpel spielt und zur Beglaubigung seiner Aechtheit auch Jedermann dutzt, was so zu sagen eine Hauptsache ist. Liebhabern solch anmuthiger Vertraulichkeit können wir die Versicherung geben, daß diese improvisirte Bruderschaft nur ein Opfer ist, welches der Handschuhhändler seinem Gewerbe bringt, und daß der Gedutzte allen Grund hat sich zugleich auch für den Gefoppten zu halten. Es ist in ganz Tirol kein Ort mehr, wo nicht schon die reifere Jugend recht gut und fertig mit dem Sie oder doch mit dem Ihr (Es) umzugehen vermöchte. Es wills weder der Curat noch der Schullehrer leiden, daß man sie unehrerbietig dutze, und die Tiroler kehren daher zu diesem primitiven Zustand nur zurück, wenn sie einmal über der Gränze sind. Jeder, der die interessante Bekanntschaft des drolligen Handschuhhändlers auf einem deutschen Markte gemacht, wird sich verwundern, wenn er ihn in seiner Heimath wieder findet, wie er da ohne Aufhebens seinen häuslichen Arbeiten nachgeht. Indessen sind die Erfahrungen, welche in der Fremde gewonnen werden, nicht für alle ganz verloren; es gibt immerhin solche gereiste Schelme, welche beim Erscheinen eines fremden Alpenfreundes sich von freien Stücken in die Airs versetzen, die, wie sie wissen, jener für national hält. Sie beginnen also im tiefsten Frieden mit den Füßen zu stampfen, mit den Fingern zu schnalzen, in die Höhe zu hüpfen, Schnaderhaggen zu singen und idyllische Albernheiten

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Theil seines Capitals. Indessen wird selbst diese Anlage den Abnehmern zu Liebe kunstmäßig ausgebildet und mit dieser Ausbildung sind denn auch schrittweise die Anforderungen gestiegen, die man im deutschen Reiche, zumal in seinen nördlichen Gegenden an einen ächten Tiroler macht. Bis aber die zwanzig Tausend Duzend Handschuhe, welche diese Bursche jährlich verschleppen, in schwatzhaftem Kaufe an Mann und Frau gebracht sind, ist auch leicht zu lernen was das Ausland eigentlich prätendirt. Der Zillerthaler gibt sich daher draußen ganz anders als zu Hause, wo er sich zwar frisch, lebendig und nicht schüchtern zeigt, aber höflich, gescheid und schicklich; während er dort den naiven, den quecksilberigen Schalksnarren, den alpenhaft derben Rüpel spielt und zur Beglaubigung seiner Aechtheit auch Jedermann dutzt, was so zu sagen eine Hauptsache ist. Liebhabern solch anmuthiger Vertraulichkeit können wir die Versicherung geben, daß diese improvisirte Bruderschaft nur ein Opfer ist, welches der Handschuhhändler seinem Gewerbe bringt, und daß der Gedutzte allen Grund hat sich zugleich auch für den Gefoppten zu halten. Es ist in ganz Tirol kein Ort mehr, wo nicht schon die reifere Jugend recht gut und fertig mit dem <hi rendition="#g">Sie</hi> oder doch mit dem <hi rendition="#g">Ihr</hi> (Es) umzugehen vermöchte. Es wills weder der Curat noch der Schullehrer leiden, daß man sie unehrerbietig dutze, und die Tiroler kehren daher zu diesem primitiven Zustand nur zurück, wenn sie einmal über der Gränze sind. Jeder, der die interessante Bekanntschaft des drolligen Handschuhhändlers auf einem deutschen Markte gemacht, wird sich verwundern, wenn er ihn in seiner Heimath wieder findet, wie er da ohne Aufhebens seinen häuslichen Arbeiten nachgeht. Indessen sind die Erfahrungen, welche in der Fremde gewonnen werden, nicht für alle ganz verloren; es gibt immerhin solche gereiste Schelme, welche beim Erscheinen eines fremden Alpenfreundes sich von freien Stücken in die Airs versetzen, die, wie sie wissen, jener für national hält. Sie beginnen also im tiefsten Frieden mit den Füßen zu stampfen, mit den Fingern zu schnalzen, in die Höhe zu hüpfen, Schnaderhaggen zu singen und idyllische Albernheiten
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[575/0579] Theil seines Capitals. Indessen wird selbst diese Anlage den Abnehmern zu Liebe kunstmäßig ausgebildet und mit dieser Ausbildung sind denn auch schrittweise die Anforderungen gestiegen, die man im deutschen Reiche, zumal in seinen nördlichen Gegenden an einen ächten Tiroler macht. Bis aber die zwanzig Tausend Duzend Handschuhe, welche diese Bursche jährlich verschleppen, in schwatzhaftem Kaufe an Mann und Frau gebracht sind, ist auch leicht zu lernen was das Ausland eigentlich prätendirt. Der Zillerthaler gibt sich daher draußen ganz anders als zu Hause, wo er sich zwar frisch, lebendig und nicht schüchtern zeigt, aber höflich, gescheid und schicklich; während er dort den naiven, den quecksilberigen Schalksnarren, den alpenhaft derben Rüpel spielt und zur Beglaubigung seiner Aechtheit auch Jedermann dutzt, was so zu sagen eine Hauptsache ist. Liebhabern solch anmuthiger Vertraulichkeit können wir die Versicherung geben, daß diese improvisirte Bruderschaft nur ein Opfer ist, welches der Handschuhhändler seinem Gewerbe bringt, und daß der Gedutzte allen Grund hat sich zugleich auch für den Gefoppten zu halten. Es ist in ganz Tirol kein Ort mehr, wo nicht schon die reifere Jugend recht gut und fertig mit dem Sie oder doch mit dem Ihr (Es) umzugehen vermöchte. Es wills weder der Curat noch der Schullehrer leiden, daß man sie unehrerbietig dutze, und die Tiroler kehren daher zu diesem primitiven Zustand nur zurück, wenn sie einmal über der Gränze sind. Jeder, der die interessante Bekanntschaft des drolligen Handschuhhändlers auf einem deutschen Markte gemacht, wird sich verwundern, wenn er ihn in seiner Heimath wieder findet, wie er da ohne Aufhebens seinen häuslichen Arbeiten nachgeht. Indessen sind die Erfahrungen, welche in der Fremde gewonnen werden, nicht für alle ganz verloren; es gibt immerhin solche gereiste Schelme, welche beim Erscheinen eines fremden Alpenfreundes sich von freien Stücken in die Airs versetzen, die, wie sie wissen, jener für national hält. Sie beginnen also im tiefsten Frieden mit den Füßen zu stampfen, mit den Fingern zu schnalzen, in die Höhe zu hüpfen, Schnaderhaggen zu singen und idyllische Albernheiten

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Zitationshilfe: Steub, Ludwig: Drei Sommer in Tirol. München, 1846, S. 575. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/steub_tirol_1846/579>, abgerufen am 23.11.2024.