Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857.

Bild:
<< vorherige Seite

sträuche mehr sichtbar, auch schaute ich mehr nach
ihnen aus als bei meiner ersten Ankunft, da ich jezt
bereits von ihnen wußte. Ich sah mehrere zum Auf¬
stecken von Kernen dienende Gitter, von denen mir
mein Gastfreund erzählt hatte.

Ich betrachtete auch die Zweige. Die Knospen
der Blätter und der Blüthen waren schon sehr ge¬
schwollen, und harrten der Zeit, in welcher sie auf¬
brechen würden.

Ich stieg bis zu dem großen Kirschbaume empor,
und sah über den Garten über das Haus und auf die
Berge. Eine ganz heitere dunkelblaue Luft war über
alles ausgegossen. Dieser schöne Tag, deren es in
der frühen Jahreszeit noch ziemlich wenige gibt, war
es auch, der meinen Gastfreund bewog, so viele Ar¬
beiten in dem Garten zu veranlassen. Unter der hei¬
teren Luft lag die Erde noch in bedeutender Öde.
Ich wollte auch zu der Felderrast hinüber gehen; al¬
lein der Weg, der am Morgen gefroren gewesen sein
mochte, war jezt weich und tief durchfeuchtet, daß das
Gehen auf ihm sehr unangenehm und verunreinigend
gewesen wäre. Ich sah die dunkeln Wintersaaten und
die nackten Schollen der neben ihnen liegenden Felder
eine Weile an, und ging dann wieder hinab.

ſträuche mehr ſichtbar, auch ſchaute ich mehr nach
ihnen aus als bei meiner erſten Ankunft, da ich jezt
bereits von ihnen wußte. Ich ſah mehrere zum Auf¬
ſtecken von Kernen dienende Gitter, von denen mir
mein Gaſtfreund erzählt hatte.

Ich betrachtete auch die Zweige. Die Knospen
der Blätter und der Blüthen waren ſchon ſehr ge¬
ſchwollen, und harrten der Zeit, in welcher ſie auf¬
brechen würden.

Ich ſtieg bis zu dem großen Kirſchbaume empor,
und ſah über den Garten über das Haus und auf die
Berge. Eine ganz heitere dunkelblaue Luft war über
alles ausgegoſſen. Dieſer ſchöne Tag, deren es in
der frühen Jahreszeit noch ziemlich wenige gibt, war
es auch, der meinen Gaſtfreund bewog, ſo viele Ar¬
beiten in dem Garten zu veranlaſſen. Unter der hei¬
teren Luft lag die Erde noch in bedeutender Öde.
Ich wollte auch zu der Felderraſt hinüber gehen; al¬
lein der Weg, der am Morgen gefroren geweſen ſein
mochte, war jezt weich und tief durchfeuchtet, daß das
Gehen auf ihm ſehr unangenehm und verunreinigend
geweſen wäre. Ich ſah die dunkeln Winterſaaten und
die nackten Schollen der neben ihnen liegenden Felder
eine Weile an, und ging dann wieder hinab.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0343" n="329"/>
&#x017F;träuche mehr &#x017F;ichtbar, auch &#x017F;chaute ich mehr nach<lb/>
ihnen aus als bei meiner er&#x017F;ten Ankunft, da ich jezt<lb/>
bereits von ihnen wußte. Ich &#x017F;ah mehrere zum Auf¬<lb/>
&#x017F;tecken von Kernen dienende Gitter, von denen mir<lb/>
mein Ga&#x017F;tfreund erzählt hatte.</p><lb/>
        <p>Ich betrachtete auch die Zweige. Die Knospen<lb/>
der Blätter und der Blüthen waren &#x017F;chon &#x017F;ehr ge¬<lb/>
&#x017F;chwollen, und harrten der Zeit, in welcher &#x017F;ie auf¬<lb/>
brechen würden.</p><lb/>
        <p>Ich &#x017F;tieg bis zu dem großen Kir&#x017F;chbaume empor,<lb/>
und &#x017F;ah über den Garten über das Haus und auf die<lb/>
Berge. Eine ganz heitere dunkelblaue Luft war über<lb/>
alles ausgego&#x017F;&#x017F;en. Die&#x017F;er &#x017F;chöne Tag, deren es in<lb/>
der frühen Jahreszeit noch ziemlich wenige gibt, war<lb/>
es auch, der meinen Ga&#x017F;tfreund bewog, &#x017F;o viele Ar¬<lb/>
beiten in dem Garten zu veranla&#x017F;&#x017F;en. Unter der hei¬<lb/>
teren Luft lag die Erde noch in bedeutender Öde.<lb/>
Ich wollte auch zu der Felderra&#x017F;t hinüber gehen; al¬<lb/>
lein der Weg, der am Morgen gefroren gewe&#x017F;en &#x017F;ein<lb/>
mochte, war jezt weich und tief durchfeuchtet, daß das<lb/>
Gehen auf ihm &#x017F;ehr unangenehm und verunreinigend<lb/>
gewe&#x017F;en wäre. Ich &#x017F;ah die dunkeln Winter&#x017F;aaten und<lb/>
die nackten Schollen der neben ihnen liegenden Felder<lb/>
eine Weile an, und ging dann wieder hinab.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0343] ſträuche mehr ſichtbar, auch ſchaute ich mehr nach ihnen aus als bei meiner erſten Ankunft, da ich jezt bereits von ihnen wußte. Ich ſah mehrere zum Auf¬ ſtecken von Kernen dienende Gitter, von denen mir mein Gaſtfreund erzählt hatte. Ich betrachtete auch die Zweige. Die Knospen der Blätter und der Blüthen waren ſchon ſehr ge¬ ſchwollen, und harrten der Zeit, in welcher ſie auf¬ brechen würden. Ich ſtieg bis zu dem großen Kirſchbaume empor, und ſah über den Garten über das Haus und auf die Berge. Eine ganz heitere dunkelblaue Luft war über alles ausgegoſſen. Dieſer ſchöne Tag, deren es in der frühen Jahreszeit noch ziemlich wenige gibt, war es auch, der meinen Gaſtfreund bewog, ſo viele Ar¬ beiten in dem Garten zu veranlaſſen. Unter der hei¬ teren Luft lag die Erde noch in bedeutender Öde. Ich wollte auch zu der Felderraſt hinüber gehen; al¬ lein der Weg, der am Morgen gefroren geweſen ſein mochte, war jezt weich und tief durchfeuchtet, daß das Gehen auf ihm ſehr unangenehm und verunreinigend geweſen wäre. Ich ſah die dunkeln Winterſaaten und die nackten Schollen der neben ihnen liegenden Felder eine Weile an, und ging dann wieder hinab.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/343
Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 1. Pesth, 1857, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer01_1857/343>, abgerufen am 23.11.2024.