Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite
Goethe's natürliche Tochter. --
Madame Guachet.


Mit lebhaftem Antheil ersehen wir, daß die Memoiren
der Stephanie Louise von Bourbon-Conti, welche den
Stoff zu Goethe's Eugenie geliefert haben, jetzt eben
in einer neuen deutschen Uebersetzung oder vielmehr Be¬
arbeitung erschienen sind. Eines der wunderbarsten
tragischen Geschicke breitet sich hier vor unsern Augen
aus, und gewährt die anregendsten Betrachtungen. Der
Stoff war es werth, von Goethe'n ergriffen zu werden,
und es bleibt ewig zu bedauern, daß er ihn nicht bis
zum Schlusse verarbeitet hat. Einem mächtigen und
glänzenden Königsgeschlechte blutsverwandt zu sein,
jedoch von allen Vortheilen dieses Verhältnisses ausge¬
schlossen zu bleiben, dann ihretwegen verfolgt und in
niedres Unglück verstoßen zu werden, aus diesem aber
nur aufzutauchen und den Königlichen Verwandten sich
wieder anzuschließen in dem Augenblicke, da diese selber
schrecklich zu Grunde gehen: diese Verwicklung hegt in

Goethe's natürliche Tochter. —
Madame Guachet.


Mit lebhaftem Antheil erſehen wir, daß die Memoiren
der Stephanie Louiſe von Bourbon-Conti, welche den
Stoff zu Goethe's Eugenie geliefert haben, jetzt eben
in einer neuen deutſchen Ueberſetzung oder vielmehr Be¬
arbeitung erſchienen ſind. Eines der wunderbarſten
tragiſchen Geſchicke breitet ſich hier vor unſern Augen
aus, und gewaͤhrt die anregendſten Betrachtungen. Der
Stoff war es werth, von Goethe'n ergriffen zu werden,
und es bleibt ewig zu bedauern, daß er ihn nicht bis
zum Schluſſe verarbeitet hat. Einem maͤchtigen und
glaͤnzenden Koͤnigsgeſchlechte blutsverwandt zu ſein,
jedoch von allen Vortheilen dieſes Verhaͤltniſſes ausge¬
ſchloſſen zu bleiben, dann ihretwegen verfolgt und in
niedres Ungluͤck verſtoßen zu werden, aus dieſem aber
nur aufzutauchen und den Koͤniglichen Verwandten ſich
wieder anzuſchließen in dem Augenblicke, da dieſe ſelber
ſchrecklich zu Grunde gehen: dieſe Verwicklung hegt in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0458" n="[444]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Goethe's natürliche Tochter. &#x2014;<lb/>
Madame Guachet.</hi><lb/>
          </head>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p><hi rendition="#in">M</hi>it lebhaftem Antheil er&#x017F;ehen wir, daß die Memoiren<lb/>
der Stephanie Loui&#x017F;e von Bourbon-Conti, welche den<lb/>
Stoff zu Goethe's Eugenie geliefert haben, jetzt eben<lb/>
in einer neuen deut&#x017F;chen Ueber&#x017F;etzung oder vielmehr Be¬<lb/>
arbeitung er&#x017F;chienen &#x017F;ind. Eines der wunderbar&#x017F;ten<lb/>
tragi&#x017F;chen Ge&#x017F;chicke breitet &#x017F;ich hier vor un&#x017F;ern Augen<lb/>
aus, und gewa&#x0364;hrt die anregend&#x017F;ten Betrachtungen. Der<lb/>
Stoff war es werth, von Goethe'n ergriffen zu werden,<lb/>
und es bleibt ewig zu bedauern, daß er ihn nicht bis<lb/>
zum Schlu&#x017F;&#x017F;e verarbeitet hat. Einem ma&#x0364;chtigen und<lb/>
gla&#x0364;nzenden Ko&#x0364;nigsge&#x017F;chlechte blutsverwandt zu &#x017F;ein,<lb/>
jedoch von allen Vortheilen die&#x017F;es Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;es ausge¬<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en zu bleiben, dann ihretwegen verfolgt und in<lb/>
niedres Unglu&#x0364;ck ver&#x017F;toßen zu werden, aus die&#x017F;em aber<lb/>
nur aufzutauchen und den Ko&#x0364;niglichen Verwandten &#x017F;ich<lb/>
wieder anzu&#x017F;chließen in dem Augenblicke, da die&#x017F;e &#x017F;elber<lb/>
&#x017F;chrecklich zu Grunde gehen: die&#x017F;e Verwicklung hegt in<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[444]/0458] Goethe's natürliche Tochter. — Madame Guachet. Mit lebhaftem Antheil erſehen wir, daß die Memoiren der Stephanie Louiſe von Bourbon-Conti, welche den Stoff zu Goethe's Eugenie geliefert haben, jetzt eben in einer neuen deutſchen Ueberſetzung oder vielmehr Be¬ arbeitung erſchienen ſind. Eines der wunderbarſten tragiſchen Geſchicke breitet ſich hier vor unſern Augen aus, und gewaͤhrt die anregendſten Betrachtungen. Der Stoff war es werth, von Goethe'n ergriffen zu werden, und es bleibt ewig zu bedauern, daß er ihn nicht bis zum Schluſſe verarbeitet hat. Einem maͤchtigen und glaͤnzenden Koͤnigsgeſchlechte blutsverwandt zu ſein, jedoch von allen Vortheilen dieſes Verhaͤltniſſes ausge¬ ſchloſſen zu bleiben, dann ihretwegen verfolgt und in niedres Ungluͤck verſtoßen zu werden, aus dieſem aber nur aufzutauchen und den Koͤniglichen Verwandten ſich wieder anzuſchließen in dem Augenblicke, da dieſe ſelber ſchrecklich zu Grunde gehen: dieſe Verwicklung hegt in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/458
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. [444]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/458>, abgerufen am 23.11.2024.