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Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874.

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geflochten, und mit Federn bedeckt waren, welche der Adel, mit Gold- und andern Verzierungen beladen, besonders bei feierlichen Gelegenheiten trug. Man konnte sie zusammenbiegen und unter den Arm nehmen.


Chinesen (Religion der). Es ist kaum möglich, von einer Religion in diesem ungeheuer ausgedehnten Lande zu sprechen; deutlich unterscheidbar, wenn auch zum Theil nahe mit einander verwandt, sind vier Haupt-Religionen. Die reinste ist die des Kon-fu-tse (Confucius); sie wird von den Gelehrten bekennt, und ist mehr ein philosophisches Moralsystem, als eine Religion zu nennen. Die zweite ist die des Lao-tse oder Lao kyun, deren Priester durch Weissagungen und Gaukeleien viel Einflüsse auf das Volk haben, daher sie auch die eigentliche Volksreligion ist. Die dritte pflegt man die des Fo zu nennen, obwohl sie besser die des Buddha hiesse, denn es ist eine auf chinesische Weise modificirte Buddha-Religion: beide sind jünger als Kon-fu-tse. Die eigentliche Hofreligion ist die des Lama, welche auch von den Mandschuren oder Tataren allgemein angenommen ist. Alle diese Secten haben eine äusserst zahlreiche Priesterschaft, welche sich in Summa auf mehr als eine Million beläuft; sie leben meistentheils in Klöstern vereint, erkennen in diesen obere und untere Beamte, Bischöfe, einen Papst, und bilden eine eigene Hierarchie, welche von der Staatsregierung ganz getrennt scheint; sie führen ein müssiges Leben, und sind desshalb dort, wo Arbeiten eine Schande ist, sehr geehrt; doch haben sie fast gar keine Funktionen, die in das Leben eingreifen, werden weder bei der Geburt, noch bei der Namengebung eines Kindes, weder bei Ehen, noch bei Begräbnissen gebraucht. (Vergl. Kon-fu-tse, Lao-Kyun, Fo und Lama.)


Chione (Gr. M.), 1) Tochter des Boreas und der Orithyia (einer Tochter des Erechtheus und der Diogenia), Geliebte des Neptun und von ihm Mutter des Eumolpus. Um der Schande zu entgehen, warf Ch. das Kind in's Meer, doch Neptun rettete dasselbe, brachte es nach Aethiopien und gab es seiner Tochter Benthesicyme zur Erziehung. - 2) Ch., Tochter des Dädalion, welche zweien Göttern, dem Apollo und dem Mercur, zugleich Gehör gab, und von dem Erstern den Philammon, von Mercur aber den Autolycus gebar, welcher letztere sich seines Vaters durch ausgezeichnete Klugheit würdig zeigte. Ch., sich rühmend, dass sie schöner sei, als Diana, ward von dieser Göttin durch einen Pfeil getödtet.


Chios (Gr. M.), Sohn des Neptun und einer Nymphe, erhielt diesen Namen, weil bei seiner Geburt gerade Schnee (chion) fiel. Nach ihm soll die gleichnamige Insel benannt sein. Auch wird eine gleichnamige Tochter des Oceanus angeführt, von welcher ebenfalls die Insel benannt sein soll.


Chipana (Rel. der Andesvölker), bei den Peruanern ein goldenes Medaillon, das die Inka's mit einem Armbande an das Handgelenk befestigten, nach dem Stande der Person verschieden. Der Oberpriester trug es am grössten, minder gross der König, noch kleiner die Feldherren etc. Da es inwendig ausgehöhlt und hell polirt war, so entzündete es Zunder, und mit diesem Feuer wurden am Sonnenfeste die Opfer angezündet, daher es für ein unglückbedeutendes Zeichen angesehen ward, wenn man sich hierzu, oder um Feuer im Tempel der heiligen Sonnenjungfrauen zu entzünden, des zusammengeriebenen trockenen Holzes bedienen musste, weil der Himmel etwa bedeckt war, und der kleine Brennspiegel, nicht so gross, wie die Handhöhlung, keine Kraft hatte; gewöhnlich versöhnte man die Götter durch Blumen- und Früchte-Opfer, und beging das sonst heitere Sonnenfest ernst und traurig.


Chiromantie, "Wahrsagekunst", nach welcher man den Lebenslauf eines Menschen aus seiner Hand voraussagen kann. Spuren von diesem Aberglauben findet man schon bei den Griechen.


Chiron Fig. 75 (Gr. M.), der berühmteste, nach Homer der gerechteste unter den Centauren, auch vorzugsweise der Centaur genannt, Sohn des Saturn und der Philyra, einer Tochter des Oceanus. Um seinen Umgang mit Philyra seiner Gemahlin Rhea zu verbergen, hatte Saturn sich in ein Pferd verwandelt, wesshalb der Spross dieser Umarmung zur Hälfte die Gestalt eines Pferdes hatte. Diess ist jedoch erst spätere Vorstellung und Sage, bei Homer ist von der Rossgestalt der Centauren


Fig. 75.
noch keine Rede. Ch. war mit Chariclo, der Tochter des Apollo oder des Titaniden Perses, vermählt, und hatte von derselben einen Sohn Carystus und zwei Töchter, Ocyrrhoe (nach Anderen Melanippe) und Endeis, welche Gattin des Königs Aeacus wurde; auch die Nereide Thetis, Peleus' Gemahlin, wird von Einigen für seine Tochter gehalten. Er wohnte auf dem an Heilkräutern reichen Berge Pelion in Thessalien, und es stammte hier das heilkundige Geschlecht der Chironiden von ihm ab. Er ist, von Apollo und Diana selbst unterrichtet, kundig der Jagd, der Heilkunde, der Musik, der Gymnastik, der Weissagung. Hierin unterrichtet er den Heldenknaben Achilles, wie uns Fig. 75 zeigt, ebenso den Jason, Aesculap, Actäon, Telamon, Peleus, Theseus, Medeus, Cephalus, Milanion, Nestor, Amphiaraus, Meleager, Hippolytus, Palamedes, Ulysses, Menestheus, Diomedes, Castor, Pollux, Machaon, Podalirius, Antilochus, Aeneas. Ausgezeichnet ist seine Fürsorge für Peleus, seinen Enkel von seiner Tochter Endeis und ihrem Gemahl Aeacus: er rettet ihn aus den Händen der übrigen Centauren, die ihn ermorden wollen, verschafft ihm sein Schwert wieder, das ihm Acastus verborgen hatte, verhilft ihm zum Besitze seiner Gemahlin Thetis, und schenkt ihm auf der Hochzeit eine gewaltige eschene Lanze, die später Achilles führte. Die Argonauten besuchen ihn auf ihrer Fahrt und er begleitet sie mit seinen Segenswünschen. - Nach einem so thatenreichen Leben unterlag er dem Schicksal, welches ihm, dem Unsterblichen, den Tod bereitete. Bei dem Streit des Hercules mit den Centauren in der Höhle des Pholus ward Ch., der herbei kam, um Frieden zu stiften, zufällig durch einen vergifteten Pfeil verwundet. Die Schmerzen, welche er litt, bewogen ihn, Jupiter zu bitten, dass er ihn von der Unsterblichkeit befreien möge, welches geschah, indem Jupiter dieselbe an Prometheus übertrug.


Chitna-Rath (Ind. M.), Haupt und Anführer der Gandharvas oder Dewetas, einer zahlreichen Schaar guter Genien des niederen Himmels.


Chitone oder Chitonia (Gr. M.), Beiname der Diana, die als Jägerin mit dem aufgeschürzten Unterkleide (griechisch chiton) dargestellt wurde: oder war sie nach dem attischen Flecken Chiton so genannt. Chitoneas hiess ein Fest, das ihr die Syracuser mit Tanz und Flötenspiel feierten.


Chiun (Pers. M.), der älteste Gott der Bewohner von Iran, wahrscheinlich ein Zeitgott und desshalb mit Saturn verglichen. In seinen Tempeln war sein Bild von schwarzem Stein aufgestellt, einen Mann mit Affenkopf und Eberschwanz darstellend; er trug in der Rechten ein Sieb, in der Linken eine Schlange, welche Attribute man für Symbole der Zeit hält. Er war ein Wohlthäter der Menschen, Erfinder von Wage, Mass und Gewicht, der Astronomie, der Mechanik, des Ackerbaues, und beschützte

geflochten, und mit Federn bedeckt waren, welche der Adel, mit Gold- und andern Verzierungen beladen, besonders bei feierlichen Gelegenheiten trug. Man konnte sie zusammenbiegen und unter den Arm nehmen.


Chinesen (Religion der). Es ist kaum möglich, von einer Religion in diesem ungeheuer ausgedehnten Lande zu sprechen; deutlich unterscheidbar, wenn auch zum Theil nahe mit einander verwandt, sind vier Haupt-Religionen. Die reinste ist die des Kon-fu-tse (Confucius); sie wird von den Gelehrten bekennt, und ist mehr ein philosophisches Moralsystem, als eine Religion zu nennen. Die zweite ist die des Lao-tse oder Lao kyun, deren Priester durch Weissagungen und Gaukeleien viel Einflüsse auf das Volk haben, daher sie auch die eigentliche Volksreligion ist. Die dritte pflegt man die des Fo zu nennen, obwohl sie besser die des Buddha hiesse, denn es ist eine auf chinesische Weise modificirte Buddha-Religion: beide sind jünger als Kon-fu-tse. Die eigentliche Hofreligion ist die des Lama, welche auch von den Mandschuren oder Tataren allgemein angenommen ist. Alle diese Secten haben eine äusserst zahlreiche Priesterschaft, welche sich in Summa auf mehr als eine Million beläuft; sie leben meistentheils in Klöstern vereint, erkennen in diesen obere und untere Beamte, Bischöfe, einen Papst, und bilden eine eigene Hierarchie, welche von der Staatsregierung ganz getrennt scheint; sie führen ein müssiges Leben, und sind desshalb dort, wo Arbeiten eine Schande ist, sehr geehrt; doch haben sie fast gar keine Funktionen, die in das Leben eingreifen, werden weder bei der Geburt, noch bei der Namengebung eines Kindes, weder bei Ehen, noch bei Begräbnissen gebraucht. (Vergl. Kon-fu-tse, Lao-Kyun, Fo und Lama.)


Chione (Gr. M.), 1) Tochter des Boreas und der Orithyia (einer Tochter des Erechtheus und der Diogenia), Geliebte des Neptun und von ihm Mutter des Eumolpus. Um der Schande zu entgehen, warf Ch. das Kind in's Meer, doch Neptun rettete dasselbe, brachte es nach Aethiopien und gab es seiner Tochter Benthesicyme zur Erziehung. – 2) Ch., Tochter des Dädalion, welche zweien Göttern, dem Apollo und dem Mercur, zugleich Gehör gab, und von dem Erstern den Philammon, von Mercur aber den Autolycus gebar, welcher letztere sich seines Vaters durch ausgezeichnete Klugheit würdig zeigte. Ch., sich rühmend, dass sie schöner sei, als Diana, ward von dieser Göttin durch einen Pfeil getödtet.


Chios (Gr. M.), Sohn des Neptun und einer Nymphe, erhielt diesen Namen, weil bei seiner Geburt gerade Schnee (chiôn) fiel. Nach ihm soll die gleichnamige Insel benannt sein. Auch wird eine gleichnamige Tochter des Oceanus angeführt, von welcher ebenfalls die Insel benannt sein soll.


Chipana (Rel. der Andesvölker), bei den Peruanern ein goldenes Medaillon, das die Inka's mit einem Armbande an das Handgelenk befestigten, nach dem Stande der Person verschieden. Der Oberpriester trug es am grössten, minder gross der König, noch kleiner die Feldherren etc. Da es inwendig ausgehöhlt und hell polirt war, so entzündete es Zunder, und mit diesem Feuer wurden am Sonnenfeste die Opfer angezündet, daher es für ein unglückbedeutendes Zeichen angesehen ward, wenn man sich hierzu, oder um Feuer im Tempel der heiligen Sonnenjungfrauen zu entzünden, des zusammengeriebenen trockenen Holzes bedienen musste, weil der Himmel etwa bedeckt war, und der kleine Brennspiegel, nicht so gross, wie die Handhöhlung, keine Kraft hatte; gewöhnlich versöhnte man die Götter durch Blumen- und Früchte-Opfer, und beging das sonst heitere Sonnenfest ernst und traurig.


Chiromantie, »Wahrsagekunst«, nach welcher man den Lebenslauf eines Menschen aus seiner Hand voraussagen kann. Spuren von diesem Aberglauben findet man schon bei den Griechen.


Chiron Fig. 75 (Gr. M.), der berühmteste, nach Homer der gerechteste unter den Centauren, auch vorzugsweise der Centaur genannt, Sohn des Saturn und der Philyra, einer Tochter des Oceanus. Um seinen Umgang mit Philyra seiner Gemahlin Rhea zu verbergen, hatte Saturn sich in ein Pferd verwandelt, wesshalb der Spross dieser Umarmung zur Hälfte die Gestalt eines Pferdes hatte. Diess ist jedoch erst spätere Vorstellung und Sage, bei Homer ist von der Rossgestalt der Centauren


Fig. 75.
noch keine Rede. Ch. war mit Chariclo, der Tochter des Apollo oder des Titaniden Perses, vermählt, und hatte von derselben einen Sohn Carystus und zwei Töchter, Ocyrrhoë (nach Anderen Melanippe) und Endeïs, welche Gattin des Königs Aeacus wurde; auch die Nereïde Thetis, Peleus' Gemahlin, wird von Einigen für seine Tochter gehalten. Er wohnte auf dem an Heilkräutern reichen Berge Pelion in Thessalien, und es stammte hier das heilkundige Geschlecht der Chironiden von ihm ab. Er ist, von Apollo und Diana selbst unterrichtet, kundig der Jagd, der Heilkunde, der Musik, der Gymnastik, der Weissagung. Hierin unterrichtet er den Heldenknaben Achilles, wie uns Fig. 75 zeigt, ebenso den Jason, Aesculap, Actäon, Telamon, Peleus, Theseus, Medeus, Cephalus, Milanion, Nestor, Amphiaraus, Meleager, Hippolytus, Palamedes, Ulysses, Menestheus, Diomedes, Castor, Pollux, Machaon, Podalirius, Antilochus, Aeneas. Ausgezeichnet ist seine Fürsorge für Peleus, seinen Enkel von seiner Tochter Endeïs und ihrem Gemahl Aeacus: er rettet ihn aus den Händen der übrigen Centauren, die ihn ermorden wollen, verschafft ihm sein Schwert wieder, das ihm Acastus verborgen hatte, verhilft ihm zum Besitze seiner Gemahlin Thetis, und schenkt ihm auf der Hochzeit eine gewaltige eschene Lanze, die später Achilles führte. Die Argonauten besuchen ihn auf ihrer Fahrt und er begleitet sie mit seinen Segenswünschen. – Nach einem so thatenreichen Leben unterlag er dem Schicksal, welches ihm, dem Unsterblichen, den Tod bereitete. Bei dem Streit des Hercules mit den Centauren in der Höhle des Pholus ward Ch., der herbei kam, um Frieden zu stiften, zufällig durch einen vergifteten Pfeil verwundet. Die Schmerzen, welche er litt, bewogen ihn, Jupiter zu bitten, dass er ihn von der Unsterblichkeit befreien möge, welches geschah, indem Jupiter dieselbe an Prometheus übertrug.


Chitna-Rath (Ind. M.), Haupt und Anführer der Gandharvas oder Dewetas, einer zahlreichen Schaar guter Genien des niederen Himmels.


Chitone oder Chitonia (Gr. M.), Beiname der Diana, die als Jägerin mit dem aufgeschürzten Unterkleide (griechisch chitôn) dargestellt wurde: oder war sie nach dem attischen Flecken Chiton so genannt. Chitoneas hiess ein Fest, das ihr die Syracuser mit Tanz und Flötenspiel feierten.


Chiun (Pers. M.), der älteste Gott der Bewohner von Iran, wahrscheinlich ein Zeitgott und desshalb mit Saturn verglichen. In seinen Tempeln war sein Bild von schwarzem Stein aufgestellt, einen Mann mit Affenkopf und Eberschwanz darstellend; er trug in der Rechten ein Sieb, in der Linken eine Schlange, welche Attribute man für Symbole der Zeit hält. Er war ein Wohlthäter der Menschen, Erfinder von Wage, Mass und Gewicht, der Astronomie, der Mechanik, des Ackerbaues, und beschützte

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[135/0205] geflochten, und mit Federn bedeckt waren, welche der Adel, mit Gold- und andern Verzierungen beladen, besonders bei feierlichen Gelegenheiten trug. Man konnte sie zusammenbiegen und unter den Arm nehmen. Chinesen (Religion der). Es ist kaum möglich, von einer Religion in diesem ungeheuer ausgedehnten Lande zu sprechen; deutlich unterscheidbar, wenn auch zum Theil nahe mit einander verwandt, sind vier Haupt-Religionen. Die reinste ist die des Kon-fu-tse (Confucius); sie wird von den Gelehrten bekennt, und ist mehr ein philosophisches Moralsystem, als eine Religion zu nennen. Die zweite ist die des Lao-tse oder Lao kyun, deren Priester durch Weissagungen und Gaukeleien viel Einflüsse auf das Volk haben, daher sie auch die eigentliche Volksreligion ist. Die dritte pflegt man die des Fo zu nennen, obwohl sie besser die des Buddha hiesse, denn es ist eine auf chinesische Weise modificirte Buddha-Religion: beide sind jünger als Kon-fu-tse. Die eigentliche Hofreligion ist die des Lama, welche auch von den Mandschuren oder Tataren allgemein angenommen ist. Alle diese Secten haben eine äusserst zahlreiche Priesterschaft, welche sich in Summa auf mehr als eine Million beläuft; sie leben meistentheils in Klöstern vereint, erkennen in diesen obere und untere Beamte, Bischöfe, einen Papst, und bilden eine eigene Hierarchie, welche von der Staatsregierung ganz getrennt scheint; sie führen ein müssiges Leben, und sind desshalb dort, wo Arbeiten eine Schande ist, sehr geehrt; doch haben sie fast gar keine Funktionen, die in das Leben eingreifen, werden weder bei der Geburt, noch bei der Namengebung eines Kindes, weder bei Ehen, noch bei Begräbnissen gebraucht. (Vergl. Kon-fu-tse, Lao-Kyun, Fo und Lama.) Chione (Gr. M.), 1) Tochter des Boreas und der Orithyia (einer Tochter des Erechtheus und der Diogenia), Geliebte des Neptun und von ihm Mutter des Eumolpus. Um der Schande zu entgehen, warf Ch. das Kind in's Meer, doch Neptun rettete dasselbe, brachte es nach Aethiopien und gab es seiner Tochter Benthesicyme zur Erziehung. – 2) Ch., Tochter des Dädalion, welche zweien Göttern, dem Apollo und dem Mercur, zugleich Gehör gab, und von dem Erstern den Philammon, von Mercur aber den Autolycus gebar, welcher letztere sich seines Vaters durch ausgezeichnete Klugheit würdig zeigte. Ch., sich rühmend, dass sie schöner sei, als Diana, ward von dieser Göttin durch einen Pfeil getödtet. Chios (Gr. M.), Sohn des Neptun und einer Nymphe, erhielt diesen Namen, weil bei seiner Geburt gerade Schnee (chiôn) fiel. Nach ihm soll die gleichnamige Insel benannt sein. Auch wird eine gleichnamige Tochter des Oceanus angeführt, von welcher ebenfalls die Insel benannt sein soll. Chipana (Rel. der Andesvölker), bei den Peruanern ein goldenes Medaillon, das die Inka's mit einem Armbande an das Handgelenk befestigten, nach dem Stande der Person verschieden. Der Oberpriester trug es am grössten, minder gross der König, noch kleiner die Feldherren etc. Da es inwendig ausgehöhlt und hell polirt war, so entzündete es Zunder, und mit diesem Feuer wurden am Sonnenfeste die Opfer angezündet, daher es für ein unglückbedeutendes Zeichen angesehen ward, wenn man sich hierzu, oder um Feuer im Tempel der heiligen Sonnenjungfrauen zu entzünden, des zusammengeriebenen trockenen Holzes bedienen musste, weil der Himmel etwa bedeckt war, und der kleine Brennspiegel, nicht so gross, wie die Handhöhlung, keine Kraft hatte; gewöhnlich versöhnte man die Götter durch Blumen- und Früchte-Opfer, und beging das sonst heitere Sonnenfest ernst und traurig. Chiromantie, »Wahrsagekunst«, nach welcher man den Lebenslauf eines Menschen aus seiner Hand voraussagen kann. Spuren von diesem Aberglauben findet man schon bei den Griechen. Chiron Fig. 75 (Gr. M.), der berühmteste, nach Homer der gerechteste unter den Centauren, auch vorzugsweise der Centaur genannt, Sohn des Saturn und der Philyra, einer Tochter des Oceanus. Um seinen Umgang mit Philyra seiner Gemahlin Rhea zu verbergen, hatte Saturn sich in ein Pferd verwandelt, wesshalb der Spross dieser Umarmung zur Hälfte die Gestalt eines Pferdes hatte. Diess ist jedoch erst spätere Vorstellung und Sage, bei Homer ist von der Rossgestalt der Centauren [Abbildung Fig. 75. ] noch keine Rede. Ch. war mit Chariclo, der Tochter des Apollo oder des Titaniden Perses, vermählt, und hatte von derselben einen Sohn Carystus und zwei Töchter, Ocyrrhoë (nach Anderen Melanippe) und Endeïs, welche Gattin des Königs Aeacus wurde; auch die Nereïde Thetis, Peleus' Gemahlin, wird von Einigen für seine Tochter gehalten. Er wohnte auf dem an Heilkräutern reichen Berge Pelion in Thessalien, und es stammte hier das heilkundige Geschlecht der Chironiden von ihm ab. Er ist, von Apollo und Diana selbst unterrichtet, kundig der Jagd, der Heilkunde, der Musik, der Gymnastik, der Weissagung. Hierin unterrichtet er den Heldenknaben Achilles, wie uns Fig. 75 zeigt, ebenso den Jason, Aesculap, Actäon, Telamon, Peleus, Theseus, Medeus, Cephalus, Milanion, Nestor, Amphiaraus, Meleager, Hippolytus, Palamedes, Ulysses, Menestheus, Diomedes, Castor, Pollux, Machaon, Podalirius, Antilochus, Aeneas. Ausgezeichnet ist seine Fürsorge für Peleus, seinen Enkel von seiner Tochter Endeïs und ihrem Gemahl Aeacus: er rettet ihn aus den Händen der übrigen Centauren, die ihn ermorden wollen, verschafft ihm sein Schwert wieder, das ihm Acastus verborgen hatte, verhilft ihm zum Besitze seiner Gemahlin Thetis, und schenkt ihm auf der Hochzeit eine gewaltige eschene Lanze, die später Achilles führte. Die Argonauten besuchen ihn auf ihrer Fahrt und er begleitet sie mit seinen Segenswünschen. – Nach einem so thatenreichen Leben unterlag er dem Schicksal, welches ihm, dem Unsterblichen, den Tod bereitete. Bei dem Streit des Hercules mit den Centauren in der Höhle des Pholus ward Ch., der herbei kam, um Frieden zu stiften, zufällig durch einen vergifteten Pfeil verwundet. Die Schmerzen, welche er litt, bewogen ihn, Jupiter zu bitten, dass er ihn von der Unsterblichkeit befreien möge, welches geschah, indem Jupiter dieselbe an Prometheus übertrug. Chitna-Rath (Ind. M.), Haupt und Anführer der Gandharvas oder Dewetas, einer zahlreichen Schaar guter Genien des niederen Himmels. Chitone oder Chitonia (Gr. M.), Beiname der Diana, die als Jägerin mit dem aufgeschürzten Unterkleide (griechisch chitôn) dargestellt wurde: oder war sie nach dem attischen Flecken Chiton so genannt. Chitoneas hiess ein Fest, das ihr die Syracuser mit Tanz und Flötenspiel feierten. Chiun (Pers. M.), der älteste Gott der Bewohner von Iran, wahrscheinlich ein Zeitgott und desshalb mit Saturn verglichen. In seinen Tempeln war sein Bild von schwarzem Stein aufgestellt, einen Mann mit Affenkopf und Eberschwanz darstellend; er trug in der Rechten ein Sieb, in der Linken eine Schlange, welche Attribute man für Symbole der Zeit hält. Er war ein Wohlthäter der Menschen, Erfinder von Wage, Mass und Gewicht, der Astronomie, der Mechanik, des Ackerbaues, und beschützte

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Andreas Nolda: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-09-11T12:20:05Z)

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Zitationshilfe: Dr. Vollmer’s Wörterbuch der Mythologie aller Völker. 3. Aufl. Stuttgart, 1874, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vollmer_mythologie_1874/205>, abgerufen am 23.11.2024.