derung für sich anstellen kan. Was die Lehren selbst betrifft, die ich hier be- haupte, so habe ich sie so vorgetragen, wie sie in der Vernunfft gegründet sind und kümmere mich wenig darumb, ob alles unter uns so üblich ist, oder nicht. Unterdessen wer dieselbe wohl fasset, der wird in dem Stande seyn alles das je- nige, was unter uns üblich ist, vernünff- tig zu beurtheilen. Es wird wohl nie- mand zweiffeln, daß die Wahrheiten, welche hier ausgeführet werden, die nützlichsten sind für das menschliche Ge- schlechte, denn die gantze zeitliche Glück- seelichkeit beruhet auf einem wohleinge- richteten Staate. Wo man wohl, das ist, vernünfftig regieret, da findet ein jeder sein Vergnügen, wo er nicht durch seine eigene Schuld dasselbe stöhret, und sein Gemüthe in Unruhe setzet. Hin- gegen wo unvernünfftig regieret wird, da hat jedermann viel Mißvergnügen,
und
Vorrede.
derung fuͤr ſich anſtellen kan. Was die Lehren ſelbſt betrifft, die ich hier be- haupte, ſo habe ich ſie ſo vorgetragen, wie ſie in der Vernunfft gegruͤndet ſind und kuͤmmere mich wenig darumb, ob alles unter uns ſo uͤblich iſt, oder nicht. Unterdeſſen wer dieſelbe wohl faſſet, der wird in dem Stande ſeyn alles das je- nige, was unter uns uͤblich iſt, vernuͤnff- tig zu beurtheilen. Es wird wohl nie- mand zweiffeln, daß die Wahrheiten, welche hier ausgefuͤhret werden, die nuͤtzlichſten ſind fuͤr das menſchliche Ge- ſchlechte, denn die gantze zeitliche Gluͤck- ſeelichkeit beruhet auf einem wohleinge- richteten Staate. Wo man wohl, das iſt, vernuͤnfftig regieret, da findet ein jeder ſein Vergnuͤgen, wo er nicht durch ſeine eigene Schuld daſſelbe ſtoͤhret, und ſein Gemuͤthe in Unruhe ſetzet. Hin- gegen wo unvernuͤnfftig regieret wird, da hat jedermann viel Mißvergnuͤgen,
und
<TEI><text><front><divtype="preface"><p><pbfacs="#f0016"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#g">Vorrede.</hi></hi></fw><lb/>
derung fuͤr ſich anſtellen kan. Was<lb/>
die Lehren ſelbſt betrifft, die ich hier be-<lb/>
haupte, ſo habe ich ſie ſo vorgetragen,<lb/>
wie ſie in der Vernunfft gegruͤndet ſind<lb/>
und kuͤmmere mich wenig darumb, ob<lb/>
alles unter uns ſo uͤblich iſt, oder nicht.<lb/>
Unterdeſſen wer dieſelbe wohl faſſet, der<lb/>
wird in dem Stande ſeyn alles das je-<lb/>
nige, was unter uns uͤblich iſt, vernuͤnff-<lb/>
tig zu beurtheilen. Es wird wohl nie-<lb/>
mand zweiffeln, daß die Wahrheiten,<lb/>
welche hier ausgefuͤhret werden, die<lb/>
nuͤtzlichſten ſind fuͤr das menſchliche Ge-<lb/>ſchlechte, denn die gantze zeitliche Gluͤck-<lb/>ſeelichkeit beruhet auf einem wohleinge-<lb/>
richteten Staate. Wo man wohl, das<lb/>
iſt, vernuͤnfftig regieret, da findet ein<lb/>
jeder ſein Vergnuͤgen, wo er nicht durch<lb/>ſeine eigene Schuld daſſelbe ſtoͤhret, und<lb/>ſein Gemuͤthe in Unruhe ſetzet. Hin-<lb/>
gegen wo unvernuͤnfftig regieret wird,<lb/>
da hat jedermann viel Mißvergnuͤgen,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[0016]
Vorrede.
derung fuͤr ſich anſtellen kan. Was
die Lehren ſelbſt betrifft, die ich hier be-
haupte, ſo habe ich ſie ſo vorgetragen,
wie ſie in der Vernunfft gegruͤndet ſind
und kuͤmmere mich wenig darumb, ob
alles unter uns ſo uͤblich iſt, oder nicht.
Unterdeſſen wer dieſelbe wohl faſſet, der
wird in dem Stande ſeyn alles das je-
nige, was unter uns uͤblich iſt, vernuͤnff-
tig zu beurtheilen. Es wird wohl nie-
mand zweiffeln, daß die Wahrheiten,
welche hier ausgefuͤhret werden, die
nuͤtzlichſten ſind fuͤr das menſchliche Ge-
ſchlechte, denn die gantze zeitliche Gluͤck-
ſeelichkeit beruhet auf einem wohleinge-
richteten Staate. Wo man wohl, das
iſt, vernuͤnfftig regieret, da findet ein
jeder ſein Vergnuͤgen, wo er nicht durch
ſeine eigene Schuld daſſelbe ſtoͤhret, und
ſein Gemuͤthe in Unruhe ſetzet. Hin-
gegen wo unvernuͤnfftig regieret wird,
da hat jedermann viel Mißvergnuͤgen,
und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_gesellschaftlichesleben_1721/16>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.