Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 6. Von der Regierung re Gewalt in allem eingeschräncket wird:sondern man muß ihnen in vielem freye Gewalt lassen. Jch rede bloß von der Gewalt: denn die Macht erstrecket sich so weit, als ihre Gewalt, woferne jene nicht für die lange Weile ihnen soll verliehen werden. Es finden sich bisweilen Kleinig- keiten, darinnen etwas zu verordnen ist, und die man an die hohe Landes-Obrig- keiten nicht zu berichten nöthig hat, abson- derlich wo ihr viele Länder unterworffen sind, da sie mit wichtigen Angelegenheiten genung zu thun findet. Unterweilen ist schleunige Verordnung nöthig, daß man nicht erst davon einen Bericht abstatten und Befehl, wie es gehalten werden solle, von der hohen Landes-Obrigkeit einhoh- len kan. Z. E. Jn einer Stadt sollen die Gassen beständig sauber und reinlich ge- halten werden (§. 379). Was nun dieser wegen zu veranstalten nöthig ist, wäre un- nöthig erst an die hohe Landes-Obrigkeit gelangen zu lassen, indem dergleichen von dem Stadt-Rathe, oder wer sonst das Policey-Wesen versiehet, geschehen kan. Gleichergestalt soll man davor sorgen, daß jedermann nöthige Nahrungs-Mittel vor einen billigen Preiß bekommen kan (§. cit.). Und dannenhero ist nöthig, daß nach Be- schaffenheit der Zeiten der Preiß erhöhet, oder erniedriget werde. Da nun aber sol-
Cap. 6. Von der Regierung re Gewalt in allem eingeſchraͤncket wird:ſondern man muß ihnen in vielem freye Gewalt laſſen. Jch rede bloß von der Gewalt: denn die Macht erſtrecket ſich ſo weit, als ihre Gewalt, woferne jene nicht fuͤr die lange Weile ihnen ſoll verliehen werden. Es finden ſich bisweilen Kleinig- keiten, darinnen etwas zu verordnen iſt, und die man an die hohe Landes-Obrig- keiten nicht zu berichten noͤthig hat, abſon- derlich wo ihr viele Laͤnder unterworffen ſind, da ſie mit wichtigen Angelegenheiten genung zu thun findet. Unterweilen iſt ſchleunige Verordnung noͤthig, daß man nicht erſt davon einen Bericht abſtatten und Befehl, wie es gehalten werden ſolle, von der hohen Landes-Obrigkeit einhoh- len kan. Z. E. Jn einer Stadt ſollen die Gaſſen beſtaͤndig ſauber und reinlich ge- halten werden (§. 379). Was nun dieſer wegen zu veranſtalten noͤthig iſt, waͤre un- noͤthig erſt an die hohe Landes-Obrigkeit gelangen zu laſſen, indem dergleichen von dem Stadt-Rathe, oder wer ſonſt das Policey-Weſen verſiehet, geſchehen kan. Gleichergeſtalt ſoll man davor ſorgen, daß jedermann noͤthige Nahrungs-Mittel vor einen billigen Preiß bekommen kan (§. cit.). Und dannenhero iſt noͤthig, daß nach Be- ſchaffenheit der Zeiten der Preiß erhoͤhet, oder erniedriget werde. Da nun aber ſol-
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Cap. 6. Von der Regierung
re Gewalt in allem eingeſchraͤncket wird:
ſondern man muß ihnen in vielem freye
Gewalt laſſen. Jch rede bloß von der
Gewalt: denn die Macht erſtrecket ſich ſo
weit, als ihre Gewalt, woferne jene nicht
fuͤr die lange Weile ihnen ſoll verliehen
werden. Es finden ſich bisweilen Kleinig-
keiten, darinnen etwas zu verordnen iſt,
und die man an die hohe Landes-Obrig-
keiten nicht zu berichten noͤthig hat, abſon-
derlich wo ihr viele Laͤnder unterworffen
ſind, da ſie mit wichtigen Angelegenheiten
genung zu thun findet. Unterweilen iſt
ſchleunige Verordnung noͤthig, daß man
nicht erſt davon einen Bericht abſtatten
und Befehl, wie es gehalten werden ſolle,
von der hohen Landes-Obrigkeit einhoh-
len kan. Z. E. Jn einer Stadt ſollen die
Gaſſen beſtaͤndig ſauber und reinlich ge-
halten werden (§. 379). Was nun dieſer
wegen zu veranſtalten noͤthig iſt, waͤre un-
noͤthig erſt an die hohe Landes-Obrigkeit
gelangen zu laſſen, indem dergleichen von
dem Stadt-Rathe, oder wer ſonſt das
Policey-Weſen verſiehet, geſchehen kan.
Gleichergeſtalt ſoll man davor ſorgen, daß
jedermann noͤthige Nahrungs-Mittel vor
einen billigen Preiß bekommen kan (§. cit.).
Und dannenhero iſt noͤthig, daß nach Be-
ſchaffenheit der Zeiten der Preiß erhoͤhet,
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