Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken von dem Gesellschaftlichen Leben der Menschen. Halle (Saale), 1721.Cap. 6. Von der Regierung entweder ihres Handels oder anderer Ver-richtungen wegen verreisen müssen, ihren Weg dadurch nehmen müßen. Unter- deßen kan man doch auch unterweilen die Durchreisenden nach sich ziehen, wenn man ihnen alle Beqvemlichkeit verschaf- fet, die sie im Reisen wünschen können. Hieher rechne ich die Ausbesserung der Wege, die Sicherheit auf den Straßen, die gute Bewirthung in den Gasthöfen für einen billichen Preiß und die Befreyung von übermäßigem Zolle, auch anderem Auffenthalte, den unterweilen ohne Noth Zoll- und Accife-Bediente machen. Es wird ein jeder begreiffen, daß man lieber mit einigem Umbwege reiset, wo man der- gleichen Vortheile findet, als wo man sie nicht antrifft. Was aber den andern Punct betrifft, daß sich Fremde eine zeit- lang im Lande aufhalten; so stehet der- selbe mehr in unserer Gewalt, als der er- ste. Denn wie niemand gantz für die langeweile reiset (§. 496. Met.); sondern allezeit seine Ursachen hat, die ihn dazu bewegen, und warumb er absonderlich vielmehr an diesen Ort als an den ande- ren reiset; so muß man dahin sorgen, daß sich dasjenige in unserem Lande findet, was Fremde bewegen kan darnach zu rei- sen. Zu dem Ende muß man die Univer- sitäten und Schulen mit gelehrten, be- rühm-
Cap. 6. Von der Regierung entweder ihres Handels oder anderer Ver-richtungen wegen verreiſen muͤſſen, ihren Weg dadurch nehmen muͤßen. Unter- deßen kan man doch auch unterweilen die Durchreiſenden nach ſich ziehen, wenn man ihnen alle Beqvemlichkeit verſchaf- fet, die ſie im Reiſen wuͤnſchen koͤnnen. Hieher rechne ich die Ausbeſſerung der Wege, die Sicherheit auf den Straßen, die gute Bewirthung in den Gaſthoͤfen fuͤr einen billichen Preiß und die Befreyung von uͤbermaͤßigem Zolle, auch anderem Auffenthalte, den unterweilen ohne Noth Zoll- und Accife-Bediente machen. Es wird ein jeder begreiffen, daß man lieber mit einigem Umbwege reiſet, wo man der- gleichen Vortheile findet, als wo man ſie nicht antrifft. Was aber den andern Punct betrifft, daß ſich Fremde eine zeit- lang im Lande aufhalten; ſo ſtehet der- ſelbe mehr in unſerer Gewalt, als der er- ſte. Denn wie niemand gantz fuͤr die langeweile reiſet (§. 496. Met.); ſondern allezeit ſeine Urſachen hat, die ihn dazu bewegen, und warumb er abſonderlich vielmehr an dieſen Ort als an den ande- ren reiſet; ſo muß man dahin ſorgen, daß ſich dasjenige in unſerem Lande findet, was Fremde bewegen kan darnach zu rei- ſen. Zu dem Ende muß man die Univer- ſitaͤten und Schulen mit gelehrten, be- ruͤhm-
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Cap. 6. Von der Regierung
entweder ihres Handels oder anderer Ver-
richtungen wegen verreiſen muͤſſen, ihren
Weg dadurch nehmen muͤßen. Unter-
deßen kan man doch auch unterweilen die
Durchreiſenden nach ſich ziehen, wenn
man ihnen alle Beqvemlichkeit verſchaf-
fet, die ſie im Reiſen wuͤnſchen koͤnnen.
Hieher rechne ich die Ausbeſſerung der
Wege, die Sicherheit auf den Straßen,
die gute Bewirthung in den Gaſthoͤfen fuͤr
einen billichen Preiß und die Befreyung
von uͤbermaͤßigem Zolle, auch anderem
Auffenthalte, den unterweilen ohne Noth
Zoll- und Accife-Bediente machen. Es
wird ein jeder begreiffen, daß man lieber
mit einigem Umbwege reiſet, wo man der-
gleichen Vortheile findet, als wo man ſie
nicht antrifft. Was aber den andern
Punct betrifft, daß ſich Fremde eine zeit-
lang im Lande aufhalten; ſo ſtehet der-
ſelbe mehr in unſerer Gewalt, als der er-
ſte. Denn wie niemand gantz fuͤr die
langeweile reiſet (§. 496. Met.); ſondern
allezeit ſeine Urſachen hat, die ihn dazu
bewegen, und warumb er abſonderlich
vielmehr an dieſen Ort als an den ande-
ren reiſet; ſo muß man dahin ſorgen, daß
ſich dasjenige in unſerem Lande findet,
was Fremde bewegen kan darnach zu rei-
ſen. Zu dem Ende muß man die Univer-
ſitaͤten und Schulen mit gelehrten, be-
ruͤhm-
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