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Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.

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kaum, wo ich den Fuß hinsetzte, denn ich dachte an das
Bergwerk, wo ich auf den Abend noch anzulangen hoffte,
und wo ich nicht recht wußte, wie ich mich ankündigen
sollte. Ich war noch keine zweihundert Schritte gegangen,
als ich bemerkte, daß ich aus dem Wege gekommen war;
ich sah mich danach um, ich befand mich in einem wüsten,
uralten Tannenwalde, woran die Axt nie gelegt worden
zu sein schien. Ich drang noch einige Schritte vor, ich
sah mich mitten unter öden Felsen, die nur mit Moos
und Steinbrucharten bewachsen waren, und zwischen welchen
Schnee- und Eisfelder lagen. Die Luft war sehr kalt, ich
sah mich um, der Wald war hinter mir verschwunden.
Ich machte noch einige Schritte -- um mich herrschte die
Stille des Todes, unabsehbar dehnte sich das Eis, worauf
ich stand, und worauf ein dichter Nebel schwer ruhte; die
Sonne stand blutig am Rande des Horizontes. Die Kälte
war unerträglich. Ich wußte nicht, wie mir geschehen
war, der erstarrende Frost zwang mich, meine Schritte zu
beschleunigen, ich vernahm nur das Gebrause ferner Ge-
wässer, ein Schritt, und ich war am Eisufer eines Oceans.
Unzählbare Heerden von Seehunden stürzten sich vor mir
rauschend in die Fluth. Ich folgte diesem Ufer, ich sah
wieder nackte Felsen, Land, Birken- und Tannenwälder,
ich lief noch ein paar Minuten gerade vor mir hin. Es
war erstickend heiß, ich sah mich um, ich stand zwischen
schön gebauten Reisfeldern unter Maulbeerbäumen. Ich
setzte mich in deren Schatten, ich sah nach meiner Uhr,
ich hatte vor nicht einer Viertelstunde den Marktflecken

Chamisso's Schriften. IV. 14

kaum, wo ich den Fuß hinſetzte, denn ich dachte an das
Bergwerk, wo ich auf den Abend noch anzulangen hoffte,
und wo ich nicht recht wußte, wie ich mich ankuͤndigen
ſollte. Ich war noch keine zweihundert Schritte gegangen,
als ich bemerkte, daß ich aus dem Wege gekommen war;
ich ſah mich danach um, ich befand mich in einem wuͤſten,
uralten Tannenwalde, woran die Axt nie gelegt worden
zu ſein ſchien. Ich drang noch einige Schritte vor, ich
ſah mich mitten unter oͤden Felſen, die nur mit Moos
und Steinbrucharten bewachſen waren, und zwiſchen welchen
Schnee- und Eisfelder lagen. Die Luft war ſehr kalt, ich
ſah mich um, der Wald war hinter mir verſchwunden.
Ich machte noch einige Schritte — um mich herrſchte die
Stille des Todes, unabſehbar dehnte ſich das Eis, worauf
ich ſtand, und worauf ein dichter Nebel ſchwer ruhte; die
Sonne ſtand blutig am Rande des Horizontes. Die Kaͤlte
war unertraͤglich. Ich wußte nicht, wie mir geſchehen
war, der erſtarrende Froſt zwang mich, meine Schritte zu
beſchleunigen, ich vernahm nur das Gebrauſe ferner Ge-
waͤſſer, ein Schritt, und ich war am Eisufer eines Oceans.
Unzaͤhlbare Heerden von Seehunden ſtuͤrzten ſich vor mir
rauſchend in die Fluth. Ich folgte dieſem Ufer, ich ſah
wieder nackte Felſen, Land, Birken- und Tannenwaͤlder,
ich lief noch ein paar Minuten gerade vor mir hin. Es
war erſtickend heiß, ich ſah mich um, ich ſtand zwiſchen
ſchoͤn gebauten Reisfeldern unter Maulbeerbaͤumen. Ich
ſetzte mich in deren Schatten, ich ſah nach meiner Uhr,
ich hatte vor nicht einer Viertelſtunde den Marktflecken

Chamiſſo’s Schriften. IV. 14
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[313/0103] kaum, wo ich den Fuß hinſetzte, denn ich dachte an das Bergwerk, wo ich auf den Abend noch anzulangen hoffte, und wo ich nicht recht wußte, wie ich mich ankuͤndigen ſollte. Ich war noch keine zweihundert Schritte gegangen, als ich bemerkte, daß ich aus dem Wege gekommen war; ich ſah mich danach um, ich befand mich in einem wuͤſten, uralten Tannenwalde, woran die Axt nie gelegt worden zu ſein ſchien. Ich drang noch einige Schritte vor, ich ſah mich mitten unter oͤden Felſen, die nur mit Moos und Steinbrucharten bewachſen waren, und zwiſchen welchen Schnee- und Eisfelder lagen. Die Luft war ſehr kalt, ich ſah mich um, der Wald war hinter mir verſchwunden. Ich machte noch einige Schritte — um mich herrſchte die Stille des Todes, unabſehbar dehnte ſich das Eis, worauf ich ſtand, und worauf ein dichter Nebel ſchwer ruhte; die Sonne ſtand blutig am Rande des Horizontes. Die Kaͤlte war unertraͤglich. Ich wußte nicht, wie mir geſchehen war, der erſtarrende Froſt zwang mich, meine Schritte zu beſchleunigen, ich vernahm nur das Gebrauſe ferner Ge- waͤſſer, ein Schritt, und ich war am Eisufer eines Oceans. Unzaͤhlbare Heerden von Seehunden ſtuͤrzten ſich vor mir rauſchend in die Fluth. Ich folgte dieſem Ufer, ich ſah wieder nackte Felſen, Land, Birken- und Tannenwaͤlder, ich lief noch ein paar Minuten gerade vor mir hin. Es war erſtickend heiß, ich ſah mich um, ich ſtand zwiſchen ſchoͤn gebauten Reisfeldern unter Maulbeerbaͤumen. Ich ſetzte mich in deren Schatten, ich ſah nach meiner Uhr, ich hatte vor nicht einer Viertelſtunde den Marktflecken Chamiſſo’s Schriften. IV. 14

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Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2749/103>, abgerufen am 24.11.2024.