Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich weiß nicht, wie lange ich mich so auf der Erde
herumtaumelte. Ein brennendes Fieber glühte durch meine
Adern, ich fühlte mit großer Angst die Besinnung mich
verlassen. Noch wollte das Unglück, daß ich bei so unvor-
sichtigem Laufen Jemanden auf den Fuß trat. Ich mochte
ihm weh gethan haben; ich erhielt einen starken Stoß und
ich fiel hin. --

Als ich zuerst zum Bewußtsein zurückkehrte, lag ich
gemächlich in einem guten Bette, das unter vielen andern
Betten in einem geräumigen und schönen Saale stand.
Es saß mir Jemand zu Häupten; es gingen Menschen
durch den Saal von einem Bette zum andern. Sie ka-
men vor das meine und unterhielten sich von mir. Sie
nannten mich aber Numero Zwölf, und an der Wand
zu meinen Füßen stand doch ganz gewiß, es war keine
Täuschung, ich konnte es deutlich lesen, auf schwarzer
Marmortafel mit großen goldenen Buchstaben mein Name
PETER SCHLEMIHL
ganz richtig geschrieben. Auf der Tafel standen noch unter
meinem Namen zwei Reihen Buchstaben, ich war aber
zu schwach, um sie zusammen zu bringen, ich machte die
Augen wieder zu. --

Ich hörte Etwas, worin von Peter Schlemihl die
Rede war, laut und vernehmlich ablesen, ich konnte aber
den Sinn nicht fassen; ich sah einen freundlichen Mann
und eine sehr schöne Frau in schwarzer Kleidung vor mei-
nem Bette erscheinen. Die Gestalten waren mir nicht
fremd und ich konnte sie nicht erkennen.

Ich weiß nicht, wie lange ich mich ſo auf der Erde
herumtaumelte. Ein brennendes Fieber gluͤhte durch meine
Adern, ich fuͤhlte mit großer Angſt die Beſinnung mich
verlaſſen. Noch wollte das Ungluͤck, daß ich bei ſo unvor-
ſichtigem Laufen Jemanden auf den Fuß trat. Ich mochte
ihm weh gethan haben; ich erhielt einen ſtarken Stoß und
ich fiel hin. —

Als ich zuerſt zum Bewußtſein zuruͤckkehrte, lag ich
gemaͤchlich in einem guten Bette, das unter vielen andern
Betten in einem geraͤumigen und ſchoͤnen Saale ſtand.
Es ſaß mir Jemand zu Haͤupten; es gingen Menſchen
durch den Saal von einem Bette zum andern. Sie ka-
men vor das meine und unterhielten ſich von mir. Sie
nannten mich aber Numero Zwoͤlf, und an der Wand
zu meinen Fuͤßen ſtand doch ganz gewiß, es war keine
Taͤuſchung, ich konnte es deutlich leſen, auf ſchwarzer
Marmortafel mit großen goldenen Buchſtaben mein Name
PETER SCHLEMIHL
ganz richtig geſchrieben. Auf der Tafel ſtanden noch unter
meinem Namen zwei Reihen Buchſtaben, ich war aber
zu ſchwach, um ſie zuſammen zu bringen, ich machte die
Augen wieder zu. —

Ich hoͤrte Etwas, worin von Peter Schlemihl die
Rede war, laut und vernehmlich ableſen, ich konnte aber
den Sinn nicht faſſen; ich ſah einen freundlichen Mann
und eine ſehr ſchoͤne Frau in ſchwarzer Kleidung vor mei-
nem Bette erſcheinen. Die Geſtalten waren mir nicht
fremd und ich konnte ſie nicht erkennen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <pb facs="#f0111" n="321"/>
          <p>Ich weiß nicht, wie lange ich mich &#x017F;o auf der Erde<lb/>
herumtaumelte. Ein brennendes Fieber glu&#x0364;hte durch meine<lb/>
Adern, ich fu&#x0364;hlte mit großer Ang&#x017F;t die Be&#x017F;innung mich<lb/>
verla&#x017F;&#x017F;en. Noch wollte das Unglu&#x0364;ck, daß ich bei &#x017F;o unvor-<lb/>
&#x017F;ichtigem Laufen Jemanden auf den Fuß trat. Ich mochte<lb/>
ihm weh gethan haben; ich erhielt einen &#x017F;tarken Stoß und<lb/>
ich fiel hin. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Als ich zuer&#x017F;t zum Bewußt&#x017F;ein zuru&#x0364;ckkehrte, lag ich<lb/>
gema&#x0364;chlich in einem guten Bette, das unter vielen andern<lb/>
Betten in einem gera&#x0364;umigen und &#x017F;cho&#x0364;nen Saale &#x017F;tand.<lb/>
Es &#x017F;aß mir Jemand zu Ha&#x0364;upten; es gingen Men&#x017F;chen<lb/>
durch den Saal von einem Bette zum andern. Sie ka-<lb/>
men vor das meine und unterhielten &#x017F;ich von mir. Sie<lb/>
nannten mich aber <hi rendition="#g">Numero Zwo&#x0364;lf</hi>, und an der Wand<lb/>
zu meinen Fu&#x0364;ßen &#x017F;tand doch ganz gewiß, es war keine<lb/>
Ta&#x0364;u&#x017F;chung, ich konnte es deutlich le&#x017F;en, auf &#x017F;chwarzer<lb/>
Marmortafel mit großen goldenen Buch&#x017F;taben mein Name<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">PETER SCHLEMIHL</hi></hi><lb/>
ganz richtig ge&#x017F;chrieben. Auf der Tafel &#x017F;tanden noch unter<lb/>
meinem Namen zwei Reihen Buch&#x017F;taben, ich war aber<lb/>
zu &#x017F;chwach, um &#x017F;ie zu&#x017F;ammen zu bringen, ich machte die<lb/>
Augen wieder zu. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Ich ho&#x0364;rte Etwas, worin von <hi rendition="#g">Peter Schlemihl</hi> die<lb/>
Rede war, laut und vernehmlich able&#x017F;en, ich konnte aber<lb/>
den Sinn nicht fa&#x017F;&#x017F;en; ich &#x017F;ah einen freundlichen Mann<lb/>
und eine &#x017F;ehr &#x017F;cho&#x0364;ne Frau in &#x017F;chwarzer Kleidung vor mei-<lb/>
nem Bette er&#x017F;cheinen. Die Ge&#x017F;talten waren mir nicht<lb/>
fremd und ich konnte &#x017F;ie nicht erkennen.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[321/0111] Ich weiß nicht, wie lange ich mich ſo auf der Erde herumtaumelte. Ein brennendes Fieber gluͤhte durch meine Adern, ich fuͤhlte mit großer Angſt die Beſinnung mich verlaſſen. Noch wollte das Ungluͤck, daß ich bei ſo unvor- ſichtigem Laufen Jemanden auf den Fuß trat. Ich mochte ihm weh gethan haben; ich erhielt einen ſtarken Stoß und ich fiel hin. — Als ich zuerſt zum Bewußtſein zuruͤckkehrte, lag ich gemaͤchlich in einem guten Bette, das unter vielen andern Betten in einem geraͤumigen und ſchoͤnen Saale ſtand. Es ſaß mir Jemand zu Haͤupten; es gingen Menſchen durch den Saal von einem Bette zum andern. Sie ka- men vor das meine und unterhielten ſich von mir. Sie nannten mich aber Numero Zwoͤlf, und an der Wand zu meinen Fuͤßen ſtand doch ganz gewiß, es war keine Taͤuſchung, ich konnte es deutlich leſen, auf ſchwarzer Marmortafel mit großen goldenen Buchſtaben mein Name PETER SCHLEMIHL ganz richtig geſchrieben. Auf der Tafel ſtanden noch unter meinem Namen zwei Reihen Buchſtaben, ich war aber zu ſchwach, um ſie zuſammen zu bringen, ich machte die Augen wieder zu. — Ich hoͤrte Etwas, worin von Peter Schlemihl die Rede war, laut und vernehmlich ableſen, ich konnte aber den Sinn nicht faſſen; ich ſah einen freundlichen Mann und eine ſehr ſchoͤne Frau in ſchwarzer Kleidung vor mei- nem Bette erſcheinen. Die Geſtalten waren mir nicht fremd und ich konnte ſie nicht erkennen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2749/111
Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. In: Adelbert von Chamisso's Werke. Bd. 4. Leipzig, 1836. S. 225-327, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2749/111>, abgerufen am 25.11.2024.