Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827.nige Schritte vor, ich sah mich mitten unter öden nige Schritte vor, ich ſah mich mitten unter öden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0139" n="109"/> nige Schritte vor, ich ſah mich mitten unter öden<lb/> Felſen, die nur mit Moos und Steinbrucharten<lb/> bewachſen waren, und zwiſchen welchen Schnee<lb/> und Eisfelder lagen. Die Luft war ſehr kalt, ich<lb/> ſah mich um, der Wald war hinter mir verſchwun-<lb/> den. Ich machte noch einige Schritte — um mich<lb/> herrſchte die Stille des Todes, unabſehbar dehnte<lb/> ſich das Eis, worauf ich ſtand, und worauf ein<lb/> dichter Nebel ſchwer ruhte; die Sonne ſtand blu-<lb/> tig am Rande des Horizontes. Die Kälte war un-<lb/> erträglich. Ich wußte nicht, wie mir geſchehen<lb/> war, der erſtarrende Froſt zwang mich, meine<lb/> Schritte zu beſchleunigen, ich vernahm nur das<lb/> Gebrauſe ferner Gewäſſer, ein Schritt, und ich<lb/> war am Eisufer eines Oceans. Unzählbare Heer-<lb/> den von Seehunden ſtürzten ſich vor mir rauſchend<lb/> in die Fluth. Ich folgte dieſem Ufer, ich ſah<lb/> wieder nackte Felſen, Land, Birken- und Tannen-<lb/> wälder, ich lief noch ein Paar Minuten gerade vor<lb/> mir hin. Es war erſtickend heiß, ich ſah mich um,<lb/> ich ſtand zwiſchen ſchön gebauten Reisfeldern un-<lb/> ter Maulbeerbäumen, ich ſetzte mich in deren<lb/> Schatten, ich ſah nach meiner Uhr, ich hatte vor<lb/> nicht einer Viertelſtunde den Marktflecken verlaſ-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [109/0139]
nige Schritte vor, ich ſah mich mitten unter öden
Felſen, die nur mit Moos und Steinbrucharten
bewachſen waren, und zwiſchen welchen Schnee
und Eisfelder lagen. Die Luft war ſehr kalt, ich
ſah mich um, der Wald war hinter mir verſchwun-
den. Ich machte noch einige Schritte — um mich
herrſchte die Stille des Todes, unabſehbar dehnte
ſich das Eis, worauf ich ſtand, und worauf ein
dichter Nebel ſchwer ruhte; die Sonne ſtand blu-
tig am Rande des Horizontes. Die Kälte war un-
erträglich. Ich wußte nicht, wie mir geſchehen
war, der erſtarrende Froſt zwang mich, meine
Schritte zu beſchleunigen, ich vernahm nur das
Gebrauſe ferner Gewäſſer, ein Schritt, und ich
war am Eisufer eines Oceans. Unzählbare Heer-
den von Seehunden ſtürzten ſich vor mir rauſchend
in die Fluth. Ich folgte dieſem Ufer, ich ſah
wieder nackte Felſen, Land, Birken- und Tannen-
wälder, ich lief noch ein Paar Minuten gerade vor
mir hin. Es war erſtickend heiß, ich ſah mich um,
ich ſtand zwiſchen ſchön gebauten Reisfeldern un-
ter Maulbeerbäumen, ich ſetzte mich in deren
Schatten, ich ſah nach meiner Uhr, ich hatte vor
nicht einer Viertelſtunde den Marktflecken verlaſ-
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