Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1827.Tochter stand ich wie ein ausgescholtener Knabe Tochter ſtand ich wie ein ausgeſcholtener Knabe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0067" n="43"/> Tochter ſtand ich wie ein ausgeſcholtener Knabe<lb/> da, und vermochte kein Wort hervor zu lallen.<lb/> Ich bat ſie endlich ſtammelnd, dies Feſt zu wür-<lb/> digen, das Amt, deren Zeichen ſie ſchmückte, dar-<lb/> in zu verwalten. Sie bat verſchämt mit einem<lb/> rührenden Blick um Schonung; aber verſchämter<lb/> vor ihr, als ſie ſelbſt, brachte ich ihr als erſter<lb/> Unterthan meine Huldigung in tiefer Ehrfurcht,<lb/> und der Wink des Grafen ward allen Gäſten<lb/> ein Gebot, dem nachzuleben ſich Jeder freudig<lb/> beeiferte. Majeſtät, Unſchuld und Grazie be-<lb/> herrſchten, mit der Schönheit im Bund, ein<lb/> frohes Feſt. Die glücklichen Eltern <hi rendition="#g">Mina’s</hi><lb/> glaubten ihnen nur zur Ehren ihr Kind erhöht,<lb/> ich ſelber war in einem unbeſchreiblichen Rauſch.<lb/> Ich ließ Alles, was ich noch von den Juwelen<lb/> hatte, die ich damals, um beſchwerliches Gold<lb/> loß zu werden, gekauft, alle Perlen, alles Edel-<lb/> geſtein in zwei verdeckte Schüſſeln legen, und<lb/> bei Tiſche unter dem Namen der Königin, ih-<lb/> ren Geſpielinnen und allen Damen herumrei-<lb/> chen; Gold ward indeſſen ununterbrochen über<lb/> die gezogenen Schranken unter das jubelnde<lb/> Volk geworfen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [43/0067]
Tochter ſtand ich wie ein ausgeſcholtener Knabe
da, und vermochte kein Wort hervor zu lallen.
Ich bat ſie endlich ſtammelnd, dies Feſt zu wür-
digen, das Amt, deren Zeichen ſie ſchmückte, dar-
in zu verwalten. Sie bat verſchämt mit einem
rührenden Blick um Schonung; aber verſchämter
vor ihr, als ſie ſelbſt, brachte ich ihr als erſter
Unterthan meine Huldigung in tiefer Ehrfurcht,
und der Wink des Grafen ward allen Gäſten
ein Gebot, dem nachzuleben ſich Jeder freudig
beeiferte. Majeſtät, Unſchuld und Grazie be-
herrſchten, mit der Schönheit im Bund, ein
frohes Feſt. Die glücklichen Eltern Mina’s
glaubten ihnen nur zur Ehren ihr Kind erhöht,
ich ſelber war in einem unbeſchreiblichen Rauſch.
Ich ließ Alles, was ich noch von den Juwelen
hatte, die ich damals, um beſchwerliches Gold
loß zu werden, gekauft, alle Perlen, alles Edel-
geſtein in zwei verdeckte Schüſſeln legen, und
bei Tiſche unter dem Namen der Königin, ih-
ren Geſpielinnen und allen Damen herumrei-
chen; Gold ward indeſſen ununterbrochen über
die gezogenen Schranken unter das jubelnde
Volk geworfen.
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