Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

gewiß, es war keine Täuschung, ich konnte es
deutlich lesen, auf schwarzer Marmortafel mit
großen goldenen Buchstaben mein Name
PETER SCHLEMIHL
ganz richtig geschrieben. Auf der Tafel standen
noch unter meinem Namen zwei Reihen Buch-
staben, ich war aber zu schwach, um sie zu-
sammen zu bringen, ich machte die Augen wie-
der zu. --

Ich hörte Etwas, worin von Peter Schle-
mihl
die Rede war, laut und vernehmlich ab-
lesen, ich konnte aber den Sinn nicht fassen; ich
sah einen freundlichen Mann und eine sehr schöne
Frau in schwarzer Kleidung vor meinem Bette
erscheinen. Die Gestalten waren mir nicht fremd
und ich konnte sie nicht erkennen.

Es verging einige Zeit, und ich kam wieder
zu Kräften. Ich hieß Numero Zwölf, und
Numero Zwölf galt seines langen Bartes we-
gen für einen Juden, darum er aber nicht min-
der sorgfältig gepflegt wurde. Daß er keinen
Schatten hatte, schien unbemerkt geblieben zu

gewiß, es war keine Täuſchung, ich konnte es
deutlich leſen, auf ſchwarzer Marmortafel mit
großen goldenen Buchſtaben mein Name
PETER SCHLEMIHL
ganz richtig geſchrieben. Auf der Tafel ſtanden
noch unter meinem Namen zwei Reihen Buch-
ſtaben, ich war aber zu ſchwach, um ſie zu-
ſammen zu bringen, ich machte die Augen wie-
der zu. —

Ich hörte Etwas, worin von Peter Schle-
mihl
die Rede war, laut und vernehmlich ab-
leſen, ich konnte aber den Sinn nicht faſſen; ich
ſah einen freundlichen Mann und eine ſehr ſchöne
Frau in ſchwarzer Kleidung vor meinem Bette
erſcheinen. Die Geſtalten waren mir nicht fremd
und ich konnte ſie nicht erkennen.

Es verging einige Zeit, und ich kam wieder
zu Kräften. Ich hieß Numero Zwölf, und
Numero Zwölf galt ſeines langen Bartes we-
gen für einen Juden, darum er aber nicht min-
der ſorgfältig gepflegt wurde. Daß er keinen
Schatten hatte, ſchien unbemerkt geblieben zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0158" n="136"/>
gewiß, es war keine Täu&#x017F;chung, ich konnte es<lb/>
deutlich le&#x017F;en, auf &#x017F;chwarzer Marmortafel mit<lb/>
großen goldenen Buch&#x017F;taben mein Name<lb/><hi rendition="#c"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">PETER SCHLEMIHL</hi></hi></hi><lb/>
ganz richtig ge&#x017F;chrieben. Auf der Tafel &#x017F;tanden<lb/>
noch unter meinem Namen zwei Reihen Buch-<lb/>
&#x017F;taben, ich war aber zu &#x017F;chwach, um &#x017F;ie zu-<lb/>
&#x017F;ammen zu bringen, ich machte die Augen wie-<lb/>
der zu. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Ich hörte Etwas, worin von <hi rendition="#g">Peter Schle-<lb/>
mihl</hi> die Rede war, laut und vernehmlich ab-<lb/>
le&#x017F;en, ich konnte aber den Sinn nicht fa&#x017F;&#x017F;en; ich<lb/>
&#x017F;ah einen freundlichen Mann und eine &#x017F;ehr &#x017F;chöne<lb/>
Frau in &#x017F;chwarzer Kleidung vor meinem Bette<lb/>
er&#x017F;cheinen. Die Ge&#x017F;talten waren mir nicht fremd<lb/>
und ich konnte &#x017F;ie nicht erkennen.</p><lb/>
        <p>Es verging einige Zeit, und ich kam wieder<lb/>
zu Kräften. Ich hieß <hi rendition="#g">Numero</hi> Zwölf, und<lb/><hi rendition="#g">Numero Zwölf</hi> galt &#x017F;eines langen Bartes we-<lb/>
gen für einen Juden, darum er aber nicht min-<lb/>
der &#x017F;orgfältig gepflegt wurde. Daß er keinen<lb/>
Schatten hatte, &#x017F;chien unbemerkt geblieben zu<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0158] gewiß, es war keine Täuſchung, ich konnte es deutlich leſen, auf ſchwarzer Marmortafel mit großen goldenen Buchſtaben mein Name PETER SCHLEMIHL ganz richtig geſchrieben. Auf der Tafel ſtanden noch unter meinem Namen zwei Reihen Buch- ſtaben, ich war aber zu ſchwach, um ſie zu- ſammen zu bringen, ich machte die Augen wie- der zu. — Ich hörte Etwas, worin von Peter Schle- mihl die Rede war, laut und vernehmlich ab- leſen, ich konnte aber den Sinn nicht faſſen; ich ſah einen freundlichen Mann und eine ſehr ſchöne Frau in ſchwarzer Kleidung vor meinem Bette erſcheinen. Die Geſtalten waren mir nicht fremd und ich konnte ſie nicht erkennen. Es verging einige Zeit, und ich kam wieder zu Kräften. Ich hieß Numero Zwölf, und Numero Zwölf galt ſeines langen Bartes we- gen für einen Juden, darum er aber nicht min- der ſorgfältig gepflegt wurde. Daß er keinen Schatten hatte, ſchien unbemerkt geblieben zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/158
Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/158>, abgerufen am 09.11.2024.