Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

ehrten Herrn Grafen Arme -- wie gesagt, nur
ein Federzug." Meine Thränen brachen mit er-
neuter Kraft hervor, aber ich wandte mich weg,
und winkte ihm, sich zu entfernen.

Bendel, der voller Sorgen meine Spuren
bis hieher verfolgt hatte, traf in diesem Augen-
blick ein. Als mich die treue, fromme Seele wei-
nend fand, und meinen Schatten, denn er war
nicht zu verkennen, in der Gewalt des wunder-
lichen grauen Unbekannten sah, beschloß er gleich,
sei es auch mit Gewalt, mich in den Besitz mei-
nes Eigenthums wieder herzustellen, und da er
selbst mit dem zarten Dinge nicht umzugehen ver-
stand, griff er gleich den Mann mit Worten an,
und ohne vieles Fragen, gebot er ihm stracks,
mir das Meine unverzüglich verabfolgen zu las-
sen. Dieser, statt aller Antwort, kehrte dem un-
schuldigen Burschen den Rücken und ging. Ben-
del
aber erhob den Kreuzdornknüttel, den er trug,
und, ihm auf den Fersen folgend, ließ er ihn
schonungslos unter wiederholtem Befehl, den
Schatten herzugeben, die volle Kraft seines ner-
vigten Armes fühlen. Jener, als sei er solcher
Behandlung gewohnt, bückte den Kopf, wölbte die

ehrten Herrn Grafen Arme — wie geſagt, nur
ein Federzug.» Meine Thränen brachen mit er-
neuter Kraft hervor, aber ich wandte mich weg,
und winkte ihm, ſich zu entfernen.

Bendel, der voller Sorgen meine Spuren
bis hieher verfolgt hatte, traf in dieſem Augen-
blick ein. Als mich die treue, fromme Seele wei-
nend fand, und meinen Schatten, denn er war
nicht zu verkennen, in der Gewalt des wunder-
lichen grauen Unbekannten ſah, beſchloß er gleich,
ſei es auch mit Gewalt, mich in den Beſitz mei-
nes Eigenthums wieder herzuſtellen, und da er
ſelbſt mit dem zarten Dinge nicht umzugehen ver-
ſtand, griff er gleich den Mann mit Worten an,
und ohne vieles Fragen, gebot er ihm ſtracks,
mir das Meine unverzüglich verabfolgen zu laſ-
ſen. Dieſer, ſtatt aller Antwort, kehrte dem un-
ſchuldigen Burſchen den Rücken und ging. Ben-
del
aber erhob den Kreuzdornknüttel, den er trug,
und, ihm auf den Ferſen folgend, ließ er ihn
ſchonungslos unter wiederholtem Befehl, den
Schatten herzugeben, die volle Kraft ſeines ner-
vigten Armes fühlen. Jener, als ſei er ſolcher
Behandlung gewohnt, bückte den Kopf, wölbte die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0096" n="84"/>
ehrten Herrn Grafen Arme &#x2014; wie ge&#x017F;agt, nur<lb/>
ein Federzug.» Meine Thränen brachen mit er-<lb/>
neuter Kraft hervor, aber ich wandte mich weg,<lb/>
und winkte ihm, &#x017F;ich zu entfernen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Bendel,</hi> der voller Sorgen meine Spuren<lb/>
bis hieher verfolgt hatte, traf in die&#x017F;em Augen-<lb/>
blick ein. Als mich die treue, fromme Seele wei-<lb/>
nend fand, und meinen Schatten, denn er war<lb/>
nicht zu verkennen, in der Gewalt des wunder-<lb/>
lichen grauen Unbekannten &#x017F;ah, be&#x017F;chloß er gleich,<lb/>
&#x017F;ei es auch mit Gewalt, mich in den Be&#x017F;itz mei-<lb/>
nes Eigenthums wieder herzu&#x017F;tellen, und da er<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t mit dem zarten Dinge nicht umzugehen ver-<lb/>
&#x017F;tand, griff er gleich den Mann mit Worten an,<lb/>
und ohne vieles Fragen, gebot er ihm &#x017F;tracks,<lb/>
mir das Meine unverzüglich verabfolgen zu la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Die&#x017F;er, &#x017F;tatt aller Antwort, kehrte dem un-<lb/>
&#x017F;chuldigen Bur&#x017F;chen den Rücken und ging. <hi rendition="#g">Ben-<lb/>
del</hi> aber erhob den Kreuzdornknüttel, den er trug,<lb/>
und, ihm auf den Fer&#x017F;en folgend, ließ er ihn<lb/>
&#x017F;chonungslos unter wiederholtem Befehl, den<lb/>
Schatten herzugeben, die volle Kraft &#x017F;eines ner-<lb/>
vigten Armes fühlen. Jener, als &#x017F;ei er &#x017F;olcher<lb/>
Behandlung gewohnt, bückte den Kopf, wölbte die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[84/0096] ehrten Herrn Grafen Arme — wie geſagt, nur ein Federzug.» Meine Thränen brachen mit er- neuter Kraft hervor, aber ich wandte mich weg, und winkte ihm, ſich zu entfernen. Bendel, der voller Sorgen meine Spuren bis hieher verfolgt hatte, traf in dieſem Augen- blick ein. Als mich die treue, fromme Seele wei- nend fand, und meinen Schatten, denn er war nicht zu verkennen, in der Gewalt des wunder- lichen grauen Unbekannten ſah, beſchloß er gleich, ſei es auch mit Gewalt, mich in den Beſitz mei- nes Eigenthums wieder herzuſtellen, und da er ſelbſt mit dem zarten Dinge nicht umzugehen ver- ſtand, griff er gleich den Mann mit Worten an, und ohne vieles Fragen, gebot er ihm ſtracks, mir das Meine unverzüglich verabfolgen zu laſ- ſen. Dieſer, ſtatt aller Antwort, kehrte dem un- ſchuldigen Burſchen den Rücken und ging. Ben- del aber erhob den Kreuzdornknüttel, den er trug, und, ihm auf den Ferſen folgend, ließ er ihn ſchonungslos unter wiederholtem Befehl, den Schatten herzugeben, die volle Kraft ſeines ner- vigten Armes fühlen. Jener, als ſei er ſolcher Behandlung gewohnt, bückte den Kopf, wölbte die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/96
Zitationshilfe: Chamisso, Adelbert von: Peter Schlemihl’s wundersame Geschichte. Nürnberg, 1835, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/19_ZZ_2755/96>, abgerufen am 22.12.2024.