Weber, Michael: Christliche Trawr- und Leichpredigt. [Nürnberg], 1647.

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

jhnen im Leibe davon wehe thut/ wie der Tochter Zion/ Thren.
1. v. 20. Weil sich GOtt/ eusserlichem Ansehen nach/ gleich-
sam wie mit [ein]er Wolcken bedeckt/ daß jhr Gebet für dißmal
nicht hindurch gewolt/ Thren. 3. v. 44. darumb winseln sie
wie ein Kranich vnd Schwalbe/ vnnd girren wie eine Taube/
Esa. 38. v. 14. Sie sprechen mit Hiob: wenn man vnsern Jam-
mer wöge/ vnd vnser Leiden zusammen in eine Wagschale legte/
so würde es schwerer seyn dann der Sand am Meer/ Hiob 6.
v. 2. denn der HERR vernewert seine Zeugen über vns/ vnnd
macht seines Zorns viel über vns/ es zuplagt vns eines über
das ander mit Hauffen/ Hiob 10. v. 17. Bevorab/ wenn sie
bedencken/ wie es armen Pfarrers- vnd Kirchendieners-
Weibern in der Welt gemeiniglich ergehet. Jch will
hierinnen meine Wort nicht gebrauchen/ damit ich nicht dar-
für angesehen würde/ ich wolte einer oder der andern Gemeine
zu nahe reden/ sondern das anregen/ was Herr D. Gesnerus
in Herrn D. Hunnii Leichpredigt (die nun beyde sel. im Herrn
entschlaffen) seiner Wittenbergischen Gemeine vorträgt/ mit
folgenden Worten: Wann der Mann auff der Cantzel
stehet/ spricht er/ so muß man jaEhrenthalben der Pre-
diger Frawen dafür halten vnd passiren lassen/ wo sie
Gott hin verordnet/ legt aber der Mann das Haubt
vnd wird in die Erde verscharren/ so heist es offt; post
donum celeberrime senescit gratia, nach empfan-
gener Wolthat bald/ aller Danck im Hertzen erkalt:
Vnd wie jener sagt: Dormit veteris gratia facti, vnd
ist diß leider waar. Jch schäme mich zwar/ lieben
Freunde/ das zu sagen/ aber es ist gleichwol die bittere/
dürr[e]/ vnnd lautere Warheit/ daß es manchmal mit
Schuster/ Schneider/ vnd anderer gemeiner Leuten

ver-

jhnen im Leibe davon wehe thut/ wie der Tochter Zion/ Thren.
1. v. 20. Weil ſich GOtt/ euſſerlichem Anſehen nach/ gleich-
ſam wie mit [ein]er Wolcken bedeckt/ daß jhr Gebet fuͤr dißmal
nicht hindurch gewolt/ Thren. 3. v. 44. darumb winſeln ſie
wie ein Kranich vnd Schwalbe/ vnnd girren wie eine Taube/
Eſa. 38. v. 14. Sie ſprechen mit Hiob: wenn man vnſern Jam-
mer woͤge/ vnd vnſer Leiden zuſammen in eine Wagſchale legte/
ſo wuͤrde es ſchwerer ſeyn dann der Sand am Meer/ Hiob 6.
v. 2. denn der HERR vernewert ſeine Zeugen uͤber vns/ vnnd
macht ſeines Zorns viel uͤber vns/ es zuplagt vns eines uͤber
das ander mit Hauffen/ Hiob 10. v. 17. Bevorab/ wenn ſie
bedencken/ wie es armen Pfarrers- vnd Kirchendieners-
Weibern in der Welt gemeiniglich ergehet. Jch will
hierinnen meine Wort nicht gebrauchen/ damit ich nicht dar-
fuͤr angeſehen wuͤrde/ ich wolte einer oder der andern Gemeine
zu nahe reden/ ſondern das anregen/ was Herr D. Geſnerus
in Herrn D. Hunnii Leichpredigt (die nun beyde ſel. im Herꝛn
entſchlaffen) ſeiner Wittenbergiſchen Gemeine vortraͤgt/ mit
folgenden Worten: Wann der Mann auff der Cantzel
ſtehet/ ſpricht er/ ſo muß man jaEhrenthalben der Pre-
diger Frawen dafuͤr halten vnd paſſiren laſſen/ wo ſie
Gott hin verordnet/ legt aber der Mann das Haubt
vnd wird in die Erde verſcharren/ ſo heiſt es offt; poſt
donum celeberrimè ſeneſcit gratia, nach empfan-
gener Wolthat bald/ aller Danck im Hertzen erkalt:
Vnd wie jener ſagt: Dormit veteris gratia facti, vñ
iſt diß leider waar. Jch ſchaͤme mich zwar/ lieben
Freunde/ das zu ſagen/ aber es iſt gleichwol die bittere/
duͤrr[e]/ vnnd lautere Warheit/ daß es manchmal mit
Schuſter/ Schneider/ vnd anderer gemeiner Leuten

ver-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0116" n="107"/>
jhnen im Leibe davon wehe thut/ wie der Tochter Zion/ Thren.<lb/>
1. v. 20. Weil &#x017F;ich GOtt/ eu&#x017F;&#x017F;erlichem An&#x017F;ehen nach/ gleich-<lb/>
&#x017F;am wie mit <supplied>ein</supplied>er Wolcken bedeckt/ daß jhr Gebet fu&#x0364;r dißmal<lb/>
nicht hindurch gewolt/ Thren. 3. v. 44. darumb win&#x017F;eln &#x017F;ie<lb/>
wie ein Kranich vnd Schwalbe/ vnnd girren wie eine Taube/<lb/>
E&#x017F;a. 38. v. 14. Sie &#x017F;prechen mit Hiob: wenn man vn&#x017F;ern Jam-<lb/>
mer wo&#x0364;ge/ vnd vn&#x017F;er Leiden zu&#x017F;ammen in eine Wag&#x017F;chale legte/<lb/>
&#x017F;o wu&#x0364;rde es &#x017F;chwerer &#x017F;eyn dann der Sand am Meer/ Hiob 6.<lb/>
v. 2. denn der HERR vernewert &#x017F;eine Zeugen u&#x0364;ber vns/ vnnd<lb/>
macht &#x017F;eines Zorns viel u&#x0364;ber vns/ es zuplagt vns eines u&#x0364;ber<lb/>
das ander mit Hauffen/ Hiob 10. v. 17. Bevorab/ wenn &#x017F;ie<lb/>
bedencken/ <hi rendition="#fr">wie es armen Pfarrers- vnd Kirchendieners-<lb/>
Weibern in der Welt gemeiniglich ergehet.</hi> Jch will<lb/>
hierinnen meine Wort nicht gebrauchen/ damit ich nicht dar-<lb/>
fu&#x0364;r ange&#x017F;ehen wu&#x0364;rde/ ich wolte einer oder der andern Gemeine<lb/>
zu nahe reden/ &#x017F;ondern das anregen/ was Herr <hi rendition="#aq">D. Ge&#x017F;nerus</hi><lb/>
in Herrn <hi rendition="#aq">D. Hunnii</hi> Leichpredigt (die nun beyde &#x017F;el. im <hi rendition="#k">He</hi>r&#xA75B;n<lb/>
ent&#x017F;chlaffen) &#x017F;einer Wittenbergi&#x017F;chen Gemeine vortra&#x0364;gt/ mit<lb/>
folgenden Worten: <hi rendition="#fr">Wann der Mann auff der Cantzel<lb/>
&#x017F;tehet/ &#x017F;pricht er/ &#x017F;o muß man jaEhrenthalben der Pre-<lb/>
diger Frawen dafu&#x0364;r halten vnd pa&#x017F;&#x017F;iren la&#x017F;&#x017F;en/ wo &#x017F;ie<lb/>
Gott hin verordnet/ legt aber der Mann das Haubt<lb/>
vnd wird in die Erde ver&#x017F;charren/ &#x017F;o hei&#x017F;t es offt;</hi> <hi rendition="#aq">po&#x017F;t<lb/>
donum celeberrimè &#x017F;ene&#x017F;cit gratia,</hi> <hi rendition="#fr">nach empfan-<lb/>
gener Wolthat bald/ aller Danck im Hertzen erkalt:<lb/>
Vnd wie jener &#x017F;agt:</hi> <hi rendition="#aq">Dormit veteris gratia facti,</hi> <hi rendition="#fr">vn&#x0303;<lb/>
i&#x017F;t diß leider waar. Jch &#x017F;cha&#x0364;me mich zwar/ lieben<lb/>
Freunde/ das zu &#x017F;agen/ aber es i&#x017F;t gleichwol die bittere/<lb/>
du&#x0364;rr<supplied>e</supplied>/ vnnd lautere Warheit/ daß es manchmal mit<lb/>
Schu&#x017F;ter/ Schneider/ vnd anderer gemeiner Leuten</hi><lb/>
<fw type="catch" place="bottom">ver-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[107/0116] jhnen im Leibe davon wehe thut/ wie der Tochter Zion/ Thren. 1. v. 20. Weil ſich GOtt/ euſſerlichem Anſehen nach/ gleich- ſam wie mit einer Wolcken bedeckt/ daß jhr Gebet fuͤr dißmal nicht hindurch gewolt/ Thren. 3. v. 44. darumb winſeln ſie wie ein Kranich vnd Schwalbe/ vnnd girren wie eine Taube/ Eſa. 38. v. 14. Sie ſprechen mit Hiob: wenn man vnſern Jam- mer woͤge/ vnd vnſer Leiden zuſammen in eine Wagſchale legte/ ſo wuͤrde es ſchwerer ſeyn dann der Sand am Meer/ Hiob 6. v. 2. denn der HERR vernewert ſeine Zeugen uͤber vns/ vnnd macht ſeines Zorns viel uͤber vns/ es zuplagt vns eines uͤber das ander mit Hauffen/ Hiob 10. v. 17. Bevorab/ wenn ſie bedencken/ wie es armen Pfarrers- vnd Kirchendieners- Weibern in der Welt gemeiniglich ergehet. Jch will hierinnen meine Wort nicht gebrauchen/ damit ich nicht dar- fuͤr angeſehen wuͤrde/ ich wolte einer oder der andern Gemeine zu nahe reden/ ſondern das anregen/ was Herr D. Geſnerus in Herrn D. Hunnii Leichpredigt (die nun beyde ſel. im Herꝛn entſchlaffen) ſeiner Wittenbergiſchen Gemeine vortraͤgt/ mit folgenden Worten: Wann der Mann auff der Cantzel ſtehet/ ſpricht er/ ſo muß man jaEhrenthalben der Pre- diger Frawen dafuͤr halten vnd paſſiren laſſen/ wo ſie Gott hin verordnet/ legt aber der Mann das Haubt vnd wird in die Erde verſcharren/ ſo heiſt es offt; poſt donum celeberrimè ſeneſcit gratia, nach empfan- gener Wolthat bald/ aller Danck im Hertzen erkalt: Vnd wie jener ſagt: Dormit veteris gratia facti, vñ iſt diß leider waar. Jch ſchaͤme mich zwar/ lieben Freunde/ das zu ſagen/ aber es iſt gleichwol die bittere/ duͤrre/ vnnd lautere Warheit/ daß es manchmal mit Schuſter/ Schneider/ vnd anderer gemeiner Leuten ver-

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): Dieses Werk steht unter der „Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Deutschland Lizenz“ (CC BY-SA).
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/346672
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/346672/116
Zitationshilfe:	Weber, Michael: Christliche Trawr- und Leichpredigt. [Nürnberg], 1647, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/346672/116>, abgerufen am 21.11.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.