Spener, Philipp Jakob: Leichenpredigt auf den kurfürstlich-brandenburgischen Kammergerichtsadvokaten und Berliner Bürgermeister Martin Friedrich Elerdt (1644–1693). Frankfurt (Main), 1696.Einige wollen zwar diese wort anders nehmen/ die sie nemlich vor eine Einige wollen zwar diese wort anders nehmen/ die sie nemlich vor eine <TEI> <text> <body> <div type="fsSermon" n="1"> <div type="fsExordium" n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0018" n="170"/><lb/> <p>Einige wollen zwar diese wort anders nehmen/ die sie nemlich vor eine<lb/> beschreibung des zustands unter der Antichristischen gewalt ansehen <hi rendition="#fr">:</hi><note xml:id="a83" n="83" type="editorial" next="#e83"/>daß<lb/> die meinung waͤre/ wenn Gott nach und nach die frommen wegneh-<lb/> men/ und auch sonst auff allerley weise ihre zahl geringer werden werde/<lb/> daß man kaum einige mehr finden koͤnne/ so werde Gott doch noch sol-<lb/> cher verdorbenen kirchen eine weil frieden lassen/ daß sie in gluͤcklichem<lb/> zustand leben/ dadurch die boͤse nur immer aͤrger wuͤrden/ was aber noch<lb/> der gute saame seye/ die richtig vor sich hingiengen/ denen werde der Herr<lb/> die gnade geben/ da man schon keine gantze gemeinden/ welche recht Christ-<lb/> lich waͤren/ mehr zeigen koͤnte/ daß gleichwol sie in ihren haͤusern ruhen/<lb/> und in der stille Gott dienen wuͤrden koͤnnen. Welcher verstand wol ei-<lb/> ne warheit in sich begreifft/ und es freylich also unter dem Papstthum her-<lb/> gegangen/ daß das oͤffentliche insgesamt verdorben gewesen/ und das be-<lb/> ste nur in den haͤusern uͤbrig geblieben ist <hi rendition="#fr">:</hi> auch ists muͤglich/ daß es wie-<lb/> der zu einem solchen stand komme. Aber diese erklaͤrung kommt mir all-<lb/> zu gezwungen vor/ und kan ich sie nicht vor den hier eigentlich-gemeinten<lb/> verstand ansehen : sondern bleibe vielmehr bey dem einfaͤltigsten verstand <hi rendition="#fr">:</hi><lb/> Die jenige fromme/ die vor dem ungluͤck durch den tod versamlet worden<lb/> sind <hi rendition="#fr">kommen zum frieden</hi>. Man moͤchte zwar sagen/ es heisse/ der<lb/> friede werde erst kommen/ und sie <hi rendition="#fr">werden</hi> erst <hi rendition="#fr">ruhen</hi>/ als von etwas<lb/> kuͤnfftiges/ da hingegen so bald die fromme abscheiden/ sie gleich im frie-<lb/> den sind. Aber nechst dem/ daß auch sonst in der Hebraͤischen sprach das<lb/><hi rendition="#aq">futurum</hi> offt vor das <hi rendition="#aq">praeteritum</hi> und <hi rendition="#aq">praesens</hi> gebraucht wird/ kan die-<lb/> ses die ursach der redens art allhier seyn/ weil dieses die regel seye/ wie es<lb/> allezeit solchen gerechten gehen werde/ nemlich alle die heut/ die morgen/<lb/> die kuͤnfftig vor dem ungluͤck werden weggeraffet werden/ werden alle-<lb/> zeit gleich in den frieden versetzt/ und wie sie angefangen haben zu ruhen/<lb/> so wird ihre ruhe nimmer auffhoͤren. Der <hi rendition="#fr">friede</hi> nun/ darein sie kom-<lb/> men/ wird entgegen gesetzt dem ungluͤck/ vor dem sie weggerafftet werden <hi rendition="#fr">:</hi><lb/> und ist also die meinung/ Der Herr holet seine kinder vorher heim/ ehe er<lb/> laͤst das wetter der gerichte<note xml:id="a84" n="84" type="editorial" next="#e84"/> kommen/ wenn die so weg sind/ so bricht dieses<lb/> aus/ sie hingegen sind im frieden/ das ungluͤck trifft sie nicht. Wie dorten/<lb/> 2. Mos. 9/ 19. <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> <choice><abbr>f.</abbr><expan>folgende</expan></choice><note xml:id="a85" n="85" type="editorial" next="#e85"/> da der Herr den grossen hagel uͤber Egypten sandte/<lb/> einige ihre knechte und viehe in die haͤuser liessen fliehen/ und daselbs ver-<lb/> samleten/ die nemlich unter den knechten Pharao noch Gott foͤrchteten/<lb/> und den trohungen durch Mosen gethan/ glaubten; da traff nachmal<lb/> der hagel alles/ was von menschen und viehe auff dem felde gefunden<lb/> ward/ und erschlug alles/ was aber in die haͤuser gebracht worden/ war<lb/> im frieden/ das ist/ es geschaͤhe ihm nichts. Jedoch begreifft dieser friede<lb/><lb/> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [170/0018]
Einige wollen zwar diese wort anders nehmen/ die sie nemlich vor eine
beschreibung des zustands unter der Antichristischen gewalt ansehen :daß
die meinung waͤre/ wenn Gott nach und nach die frommen wegneh-
men/ und auch sonst auff allerley weise ihre zahl geringer werden werde/
daß man kaum einige mehr finden koͤnne/ so werde Gott doch noch sol-
cher verdorbenen kirchen eine weil frieden lassen/ daß sie in gluͤcklichem
zustand leben/ dadurch die boͤse nur immer aͤrger wuͤrden/ was aber noch
der gute saame seye/ die richtig vor sich hingiengen/ denen werde der Herr
die gnade geben/ da man schon keine gantze gemeinden/ welche recht Christ-
lich waͤren/ mehr zeigen koͤnte/ daß gleichwol sie in ihren haͤusern ruhen/
und in der stille Gott dienen wuͤrden koͤnnen. Welcher verstand wol ei-
ne warheit in sich begreifft/ und es freylich also unter dem Papstthum her-
gegangen/ daß das oͤffentliche insgesamt verdorben gewesen/ und das be-
ste nur in den haͤusern uͤbrig geblieben ist : auch ists muͤglich/ daß es wie-
der zu einem solchen stand komme. Aber diese erklaͤrung kommt mir all-
zu gezwungen vor/ und kan ich sie nicht vor den hier eigentlich-gemeinten
verstand ansehen : sondern bleibe vielmehr bey dem einfaͤltigsten verstand :
Die jenige fromme/ die vor dem ungluͤck durch den tod versamlet worden
sind kommen zum frieden. Man moͤchte zwar sagen/ es heisse/ der
friede werde erst kommen/ und sie werden erst ruhen/ als von etwas
kuͤnfftiges/ da hingegen so bald die fromme abscheiden/ sie gleich im frie-
den sind. Aber nechst dem/ daß auch sonst in der Hebraͤischen sprach das
futurum offt vor das praeteritum und praesens gebraucht wird/ kan die-
ses die ursach der redens art allhier seyn/ weil dieses die regel seye/ wie es
allezeit solchen gerechten gehen werde/ nemlich alle die heut/ die morgen/
die kuͤnfftig vor dem ungluͤck werden weggeraffet werden/ werden alle-
zeit gleich in den frieden versetzt/ und wie sie angefangen haben zu ruhen/
so wird ihre ruhe nimmer auffhoͤren. Der friede nun/ darein sie kom-
men/ wird entgegen gesetzt dem ungluͤck/ vor dem sie weggerafftet werden :
und ist also die meinung/ Der Herr holet seine kinder vorher heim/ ehe er
laͤst das wetter der gerichte kommen/ wenn die so weg sind/ so bricht dieses
aus/ sie hingegen sind im frieden/ das ungluͤck trifft sie nicht. Wie dorten/
2. Mos. 9/ 19. u. f. da der Herr den grossen hagel uͤber Egypten sandte/
einige ihre knechte und viehe in die haͤuser liessen fliehen/ und daselbs ver-
samleten/ die nemlich unter den knechten Pharao noch Gott foͤrchteten/
und den trohungen durch Mosen gethan/ glaubten; da traff nachmal
der hagel alles/ was von menschen und viehe auff dem felde gefunden
ward/ und erschlug alles/ was aber in die haͤuser gebracht worden/ war
im frieden/ das ist/ es geschaͤhe ihm nichts. Jedoch begreifft dieser friede
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