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Hartmann, Adam Samuel: Der letzte Wille des Sohnes Gottes. Lissa, 1677.

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Christliche Leich-Predigt.

Resp. Das ist eine freche Thorheit/ so zu reden. Man darff des-
sen nicht. Der gewisseste Weg zum grossen Meer/ ist daß man
dem Strohm nachgehet. Wilt du wissen/ ob die Sonne scheint?
So ist unvonnöthen daß du hinauff in die Wolcken steigest/ du fin-
dest ihre Strahlen auff Erden. So gleich/ wilt du wissen/ ob dich
der Vater seinem Sohne gegeben hat?
ob dein Name auffge-
schrieben ist im Buch des Lebens? Du darffst nicht erst in den
Himmel steigen/ du findest die Strahlen der Gnaden auff Erden.
Jn dir selbst:

So deine Ohren geheiligt seyn und Lust haben zu hören/ deine
Zunge zum bethen/ deine Hände zu gutter Arbeit/ dein Hertz
zum sehnlichen Verlangen/ dein Leib und Seele zum himmlischen
Gehotsam. Wer die Gewißheit seiner Erwehlung erst droben
im Himmel wil suchen/ begehet eine grosse Thorheit/ und wird an
jhm das wahr/ was Paulus von den Heyden saget: Da sie sichRom. 1, 22.
für weise hielten sind sie zu Narren worden.

Us. Aber du Gottes Mensch fleuch solches. Hüte dich für sol-1. Tim. 6, 11.
chem Fürwitz. Steige nicht zu hoch daß du nicht zu tieff fallest.
Gehe rucklings/ wie die frommen Söhne Noah, und grüble nicht in
den geheimen Verborgenheiten des Aller-Höchsten. Der Knecht
muß sich nicht dem Herren gleichen. Fange du an von dem unter-
sten Stoffen (der himmlischen Leiter) so steigst du hinauff: nicht von
dem obersten/ sonst fällst du hinunter. Der jenige der geheiligt ist/
ist auch gerechtfertigt. Der gerechtfertigt ist/ ist auch beruffen/
der beruffen ist/ dehn hat der Vater seinem Sohne gegeben.
Dehn der Vater seinem Sohne gegeben/
der ist erwehlet.
Diese heilige gradation ist eine himmlische Leiter/ und hier ist dieGenes. 28.
Pforte des Himmels. Hier steigen die Heiligen auff/ wie die En-
geh zu GOtt. Die Gnaden-Wahl und die Beruffung gehören
zusammen. Die Gnaden-wahl ist die Spitze/ die Beruffung der
Fuß solcher himmlischen Leiter. Jacob ringte mit dem Engel/ un-

ten
D
Chriſtliche Leich-Predigt.

Reſp. Das iſt eine freche Thorheit/ ſo zu reden. Man darff deſ-
ſen nicht. Der gewiſſeſte Weg zum groſſen Meer/ iſt daß man
dem Strohm nachgehet. Wilt du wiſſen/ ob die Sonne ſcheint?
So iſt unvonnoͤthen daß du hinauff in die Wolcken ſteigeſt/ du fin-
deſt ihre Strahlen auff Erden. So gleich/ wilt du wiſſen/ ob dich
der Vater ſeinem Sohne gegeben hat?
ob dein Name auffge-
ſchrieben iſt im Buch des Lebens? Du darffſt nicht erſt in den
Himmel ſteigen/ du findeſt die Strahlen der Gnaden auff Erden.
Jn dir ſelbſt:

So deine Ohren geheiligt ſeyn und Luſt haben zu hoͤren/ deine
Zunge zum bethen/ deine Haͤnde zu gutter Arbeit/ dein Hertz
zum ſehnlichen Verlangen/ dein Leib und Seele zum himmliſchen
Gehotſam. Wer die Gewißheit ſeiner Erwehlung erſt droben
im Himmel wil ſuchen/ begehet eine groſſe Thorheit/ und wird an
jhm das wahr/ was Paulus von den Heyden ſaget: Da ſie ſichRom. 1, 22.
fuͤr weiſe hielten ſind ſie zu Narren worden.

Uſ. Aber du Gottes Menſch fleuch ſolches. Huͤte dich für ſol-1. Tim. 6, 11.
chem Fuͤrwitz. Steige nicht zu hoch daß du nicht zu tieff falleſt.
Gehe růcklings/ wie die from̃en Soͤhne Noah, und gruͤble nicht in
den geheimen Verborgenheiten des Aller-Hoͤchſten. Der Knecht
muß ſich nicht dem Herren gleichen. Fange du an von dem unter-
ſten Stoffen (der him̃liſchen Leiter) ſo ſteigſt du hinauff: nicht von
dem oberſten/ ſonſt faͤllſt du hinunter. Der jenige der geheiligt iſt/
iſt auch gerechtfertigt. Der gerechtfertigt iſt/ iſt auch beruffen/
der beruffen iſt/ dehn hat der Vater ſeinem Sohne gegeben.
Dehn der Vater ſeinem Sohne gegeben/
der iſt erwehlet.
Dieſe heilige gradation iſt eine him̃liſche Leiter/ und hier iſt dieGeneſ. 28.
Pforte des Himmels. Hier ſteigen die Heiligen auff/ wie die En-
geh zu GOtt. Die Gnaden-Wahl und die Beruffung gehören
zuſammen. Die Gnaden-wahl iſt die Spitze/ die Beruffung der
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[25/0027] Chriſtliche Leich-Predigt. Reſp. Das iſt eine freche Thorheit/ ſo zu reden. Man darff deſ- ſen nicht. Der gewiſſeſte Weg zum groſſen Meer/ iſt daß man dem Strohm nachgehet. Wilt du wiſſen/ ob die Sonne ſcheint? So iſt unvonnoͤthen daß du hinauff in die Wolcken ſteigeſt/ du fin- deſt ihre Strahlen auff Erden. So gleich/ wilt du wiſſen/ ob dich der Vater ſeinem Sohne gegeben hat? ob dein Name auffge- ſchrieben iſt im Buch des Lebens? Du darffſt nicht erſt in den Himmel ſteigen/ du findeſt die Strahlen der Gnaden auff Erden. Jn dir ſelbſt: So deine Ohren geheiligt ſeyn und Luſt haben zu hoͤren/ deine Zunge zum bethen/ deine Haͤnde zu gutter Arbeit/ dein Hertz zum ſehnlichen Verlangen/ dein Leib und Seele zum himmliſchen Gehotſam. Wer die Gewißheit ſeiner Erwehlung erſt droben im Himmel wil ſuchen/ begehet eine groſſe Thorheit/ und wird an jhm das wahr/ was Paulus von den Heyden ſaget: Da ſie ſich fuͤr weiſe hielten ſind ſie zu Narren worden. Rom. 1, 22. Uſ. Aber du Gottes Menſch fleuch ſolches. Huͤte dich für ſol- chem Fuͤrwitz. Steige nicht zu hoch daß du nicht zu tieff falleſt. Gehe růcklings/ wie die from̃en Soͤhne Noah, und gruͤble nicht in den geheimen Verborgenheiten des Aller-Hoͤchſten. Der Knecht muß ſich nicht dem Herren gleichen. Fange du an von dem unter- ſten Stoffen (der him̃liſchen Leiter) ſo ſteigſt du hinauff: nicht von dem oberſten/ ſonſt faͤllſt du hinunter. Der jenige der geheiligt iſt/ iſt auch gerechtfertigt. Der gerechtfertigt iſt/ iſt auch beruffen/ der beruffen iſt/ dehn hat der Vater ſeinem Sohne gegeben. Dehn der Vater ſeinem Sohne gegeben/ der iſt erwehlet. Dieſe heilige gradation iſt eine him̃liſche Leiter/ und hier iſt die Pforte des Himmels. Hier ſteigen die Heiligen auff/ wie die En- geh zu GOtt. Die Gnaden-Wahl und die Beruffung gehören zuſammen. Die Gnaden-wahl iſt die Spitze/ die Beruffung der Fuß ſolcher him̃liſchen Leiter. Jacob ringte mit dem Engel/ un- ten 1. Tim. 6, 11. Geneſ. 28. D

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Zitationshilfe: Hartmann, Adam Samuel: Der letzte Wille des Sohnes Gottes. Lissa, 1677, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/354523/27>, abgerufen am 28.04.2024.