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Hartman, Adam-Samuel: Das Lebendige Wasser. Lissa, 1684.

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Christliche Leich-Predigt.
schon gebohren (wiewol in Sünden/ unbekehrt) waren: Am al-
lermeisten!
da Sie durch seine Gnade wieder-gebohren waren.

Ein Goldschmied der drey stücke Gold hat/ ungeschmiedet
ja ungesaubert/ von gleichem Werthe/ liebet sie gleich/ alle Drey.
Wann Er aber das Erste rein gemacht/ gesaubert/ und darauß ein
schön Gefäß formiret/ so stehet es jhm in warheit besser an/ als die
übrigen Zwey. Und das Ander das er anfängt zu saubern/ steht
ihm besser an als das Dritte/ das noch unpoliret ist. So ist es mit
der Liebe Gottes. Sie ist wie der Wein/ je älter je besser. Der El-
teste/ der stärckeste. Wie hoch schätzen wir die Liebe eines Freun-
des/ dessen Treue wir in die zwantzig/ dreyßig/ viertzig/ funfftzig
Jahr/ unverfälscht erfahren haben? Und solten wir nicht hoch
schätzen die Liebe Gottes die je und je gewesen? Der Uns geliebet
hat ehe der Welt Grund gelegt ward! Ehe wir gewesen und Jhn
Deut. 33, 3.gekandt haben! Ey wie hat doch GOTT die Leute so lieb!
in dem fünfften Buch Mose am drey und dreißigsten Capittel.

Usus 1. Das ist der Grund alles ersinnlichen Trostes! Denn
weil Gottes Liebe ewig ist! und Er liebet die Seinigen je und je/
das ist ewig; So wird Er auch Uns lieben je und je/ das ist ewig!
Er wird seine Liebe gegen Uns nicht ändern/ und dieselbe wird nicht
auffhören. Sie ist Ewig/ je und je! Hat Er uns geliebet/ da
wir noch nicht gewesen; und dann da wir gefallen und in Sünden
verlohren gewesen? Wie solte Er uns nicht lieben/ und noch mehr
lieben/ da Er uns erlöset/ beruffen/ und selbst zu recht gebracht hat?
Hat Er uns geliebet/ da wir von Jhm noch nichts gewust haben?
Wie solte Er uns nicht lieben/ nachdem wir Jhn erkennt/ und seine
Psalm. 102.Gnade angenommen haben? Wir können uns ändern/ wie sich
die Lufft ändert. Er bleibet wie Er ist/ wie die Sonne/ allezeit ei-
nerley und unverändert.

Occupatio. Woher aber? (würde jemand sagen) und woran
soll ich erkennen/ daß mich Gott liebet? Jch habe kein Glücke/

kein

Chriſtliche Leich-Predigt.
ſchon gebohren (wiewol in Sünden/ unbekehrt) waren: Am al-
lermeiſten!
da Sie durch ſeine Gnade wieder-gebohren waren.

Ein Goldſchmied der drey ſtücke Gold hat/ ungeſchmiedet
ja ungeſaubert/ von gleichem Werthe/ liebet ſie gleich/ alle Drey.
Wann Er aber das Erſte rein gemacht/ geſaubert/ und darauß ein
ſchoͤn Gefaͤß formiret/ ſo ſtehet es jhm in warheit beſſer an/ als die
uͤbrigen Zwey. Und das Ander das er anfaͤngt zu ſaubern/ ſteht
ihm beſſer an als das Dritte/ das noch unpoliret iſt. So iſt es mit
der Liebe Gottes. Sie iſt wie der Wein/ je aͤlter je beſſer. Der El-
teſte/ der ſtaͤrckeſte. Wie hoch ſchaͤtzen wir die Liebe eines Freun-
des/ deſſen Treue wir in die zwantzig/ dreyßig/ viertzig/ funfftzig
Jahr/ unverfaͤlſcht erfahren haben? Und ſolten wir nicht hoch
ſchaͤtzen die Liebe Gottes die je und je geweſen? Der Uns geliebet
hat ehe der Welt Grund gelegt ward! Ehe wir geweſen und Jhn
Deut. 33, 3.gekandt haben! Ey wie hat doch GOTT die Leute ſo lieb!
in dem fuͤnfften Buch Moſe am drey und dreißigſten Capittel.

Uſus 1. Das iſt der Grund alles erſiñlichen Troſtes! Denn
weil Gottes Liebe ewig iſt! und Er liebet die Seinigen je und je/
das iſt ewig; So wird Er auch Uns lieben je und je/ das iſt ewig!
Er wird ſeine Liebe gegen Uns nicht aͤndern/ und dieſelbe wird nicht
auffhoͤren. Sie iſt Ewig/ je und je! Hat Er uns geliebet/ da
wir noch nicht geweſen; und dann da wir gefallen und in Sünden
verlohren geweſen? Wie ſolte Er uns nicht lieben/ und noch mehr
lieben/ da Er uns erlöſet/ beruffen/ und ſelbſt zu recht gebracht hat?
Hat Er uns geliebet/ da wir von Jhm noch nichts gewuſt haben?
Wie ſolte Er uns nicht lieben/ nachdem wir Jhn erkeñt/ und ſeine
Pſalm. 102.Gnade angenommen haben? Wir koͤnnen uns aͤndern/ wie ſich
die Lufft aͤndert. Er bleibet wie Er iſt/ wie die Sonne/ allezeit ei-
nerley und unveraͤndert.

Occupatio. Woher aber? (wuͤrde jemand ſagen) und woran
ſoll ich erkennen/ daß mich Gott liebet? Jch habe kein Gluͤcke/

kein
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[14/0016] Chriſtliche Leich-Predigt. ſchon gebohren (wiewol in Sünden/ unbekehrt) waren: Am al- lermeiſten! da Sie durch ſeine Gnade wieder-gebohren waren. Ein Goldſchmied der drey ſtücke Gold hat/ ungeſchmiedet ja ungeſaubert/ von gleichem Werthe/ liebet ſie gleich/ alle Drey. Wann Er aber das Erſte rein gemacht/ geſaubert/ und darauß ein ſchoͤn Gefaͤß formiret/ ſo ſtehet es jhm in warheit beſſer an/ als die uͤbrigen Zwey. Und das Ander das er anfaͤngt zu ſaubern/ ſteht ihm beſſer an als das Dritte/ das noch unpoliret iſt. So iſt es mit der Liebe Gottes. Sie iſt wie der Wein/ je aͤlter je beſſer. Der El- teſte/ der ſtaͤrckeſte. Wie hoch ſchaͤtzen wir die Liebe eines Freun- des/ deſſen Treue wir in die zwantzig/ dreyßig/ viertzig/ funfftzig Jahr/ unverfaͤlſcht erfahren haben? Und ſolten wir nicht hoch ſchaͤtzen die Liebe Gottes die je und je geweſen? Der Uns geliebet hat ehe der Welt Grund gelegt ward! Ehe wir geweſen und Jhn gekandt haben! Ey wie hat doch GOTT die Leute ſo lieb! in dem fuͤnfften Buch Moſe am drey und dreißigſten Capittel. Deut. 33, 3. Uſus 1. Das iſt der Grund alles erſiñlichen Troſtes! Denn weil Gottes Liebe ewig iſt! und Er liebet die Seinigen je und je/ das iſt ewig; So wird Er auch Uns lieben je und je/ das iſt ewig! Er wird ſeine Liebe gegen Uns nicht aͤndern/ und dieſelbe wird nicht auffhoͤren. Sie iſt Ewig/ je und je! Hat Er uns geliebet/ da wir noch nicht geweſen; und dann da wir gefallen und in Sünden verlohren geweſen? Wie ſolte Er uns nicht lieben/ und noch mehr lieben/ da Er uns erlöſet/ beruffen/ und ſelbſt zu recht gebracht hat? Hat Er uns geliebet/ da wir von Jhm noch nichts gewuſt haben? Wie ſolte Er uns nicht lieben/ nachdem wir Jhn erkeñt/ und ſeine Gnade angenommen haben? Wir koͤnnen uns aͤndern/ wie ſich die Lufft aͤndert. Er bleibet wie Er iſt/ wie die Sonne/ allezeit ei- nerley und unveraͤndert. Pſalm. 102. Occupatio. Woher aber? (wuͤrde jemand ſagen) und woran ſoll ich erkennen/ daß mich Gott liebet? Jch habe kein Gluͤcke/ kein

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Zitationshilfe: Hartman, Adam-Samuel: Das Lebendige Wasser. Lissa, 1684, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/354524/16>, abgerufen am 21.11.2024.