Sommerfeld, Franz Albrecht von: Jrrdisch erwehleter/ Himmlisch vermähleter Braut Letztere Abschieds-Rede. Breslau, 1672.Mein keusches Braut-Bett wird in eine Grufft ver- kehret/ Man legt vor Braut-Schmuck mir den Sterbe- Kittel an. Cypressen werden Mir vor Myrten jetzt gewähret/ Die Morgengabe frist der Libitinen Zahn. Wie wird bey meinem Fall sich alles ändern müssen? Weil sich was Widriges in alle Winckel setzt. Der Thränen bittre Fluth wird von den Wangen flüs- sen/ Die Lippen dorren auß/ die sonst ein Kuß genetzt/ Die sonst dem Liebsten sich bepurpert solten zeigen. Die Hochzeit-Fackel wird zu einem Trauer-Licht. Die liebliche Music und Seiten-Spiel muß schwei- gen/ Weil Winseln/ Ach! und Weh/ was Lustig/ leidet nicht. Gibt dieses alles nicht den Fürnis zu erkennen/ Mit dem die Sterbligkeit streicht jhre Glieder an? Ja freylich: was wir sehn/ ist Eitel nur zu nennen/ Doch blendet offters uns ein falsch-gefaster Wahn. Viel meynen in der Welt ein Paradiß zu haben/ Das nichts/ als Liebligkeit und holden Anmuth hegt. Allein/ gar weit gefehlt! kan uns ein Garten la- ben/ Der saure Schleen nur gibt/ und Dorn und Disteln trägt? Läst
Mein keuſches Braut-Bett wird in eine Grufft ver- kehret/ Man legt vor Braut-Schmuck mir den Sterbe- Kittel an. Cypreſſen werden Mir vor Myrten jetzt gewaͤhret/ Die Morgengabe friſt der Libitinen Zahn. Wie wird bey meinem Fall ſich alles aͤndern muͤſſen? Weil ſich was Widriges in alle Winckel ſetzt. Der Thraͤnen bittre Fluth wird von den Wangen fluͤſ- ſen/ Die Lippen dorren auß/ die ſonſt ein Kuß genetzt/ Die ſonſt dem Liebſten ſich bepurpert ſolten zeigen. Die Hochzeit-Fackel wird zu einem Trauer-Licht. Die liebliche Muſic und Seiten-Spiel muß ſchwei- gen/ Weil Winſeln/ Ach! und Weh/ was Luſtig/ leidet nicht. Gibt dieſes alles nicht den Fuͤrnis zu erkennen/ Mit dem die Sterbligkeit ſtreicht jhre Glieder an? Ja freylich: was wir ſehn/ iſt Eitel nur zu nennen/ Doch blendet offters uns ein falſch-gefaſter Wahn. Viel meynen in der Welt ein Paradiß zu haben/ Das nichts/ als Liebligkeit und holden Anmuth hegt. Allein/ gar weit gefehlt! kan uns ein Garten la- ben/ Der ſaure Schleen nur gibt/ und Dorn und Diſteln traͤgt? Laͤſt
<TEI> <text> <body> <div type="fsEpicedia" n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0004" n="[4]"/> <l>Mein keuſches Braut-Bett wird in eine Grufft ver-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">kehret/</hi> </l><lb/> <l>Man legt vor Braut-Schmuck mir den Sterbe-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Kittel an.</hi> </l><lb/> <l>Cypreſſen werden Mir vor Myrten jetzt gewaͤhret/</l><lb/> <l>Die Morgengabe friſt der Libitinen Zahn.</l><lb/> <l>Wie wird bey meinem Fall ſich alles aͤndern muͤſſen?</l><lb/> <l>Weil ſich was Widriges in alle Winckel ſetzt.</l><lb/> <l>Der Thraͤnen bittre Fluth wird von den Wangen fluͤſ-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ſen/</hi> </l><lb/> <l>Die Lippen dorren auß/ die ſonſt ein Kuß genetzt/</l><lb/> <l>Die ſonſt dem Liebſten ſich bepurpert ſolten zeigen.</l><lb/> <l>Die Hochzeit-Fackel wird zu einem Trauer-Licht.</l><lb/> <l>Die liebliche Muſic und Seiten-Spiel muß ſchwei-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">gen/</hi> </l><lb/> <l>Weil Winſeln/ Ach! und Weh/ was Luſtig/ leidet</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">nicht.</hi> </l><lb/> <l>Gibt dieſes alles nicht den Fuͤrnis zu erkennen/</l><lb/> <l>Mit dem die Sterbligkeit ſtreicht jhre Glieder an?</l><lb/> <l>Ja freylich: was wir ſehn/ iſt Eitel nur zu nennen/</l><lb/> <l>Doch blendet offters uns ein falſch-gefaſter Wahn.</l><lb/> <l>Viel meynen in der Welt ein Paradiß zu haben/</l><lb/> <l>Das nichts/ als Liebligkeit und holden Anmuth</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">hegt.</hi> </l><lb/> <l>Allein/ gar weit gefehlt! kan uns ein Garten la-</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">ben/</hi> </l><lb/> <l>Der ſaure Schleen nur gibt/ und Dorn und Diſteln</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">traͤgt?</hi> </l><lb/> <fw type="catch" place="bottom">Laͤſt</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[4]/0004]
Mein keuſches Braut-Bett wird in eine Grufft ver-
kehret/
Man legt vor Braut-Schmuck mir den Sterbe-
Kittel an.
Cypreſſen werden Mir vor Myrten jetzt gewaͤhret/
Die Morgengabe friſt der Libitinen Zahn.
Wie wird bey meinem Fall ſich alles aͤndern muͤſſen?
Weil ſich was Widriges in alle Winckel ſetzt.
Der Thraͤnen bittre Fluth wird von den Wangen fluͤſ-
ſen/
Die Lippen dorren auß/ die ſonſt ein Kuß genetzt/
Die ſonſt dem Liebſten ſich bepurpert ſolten zeigen.
Die Hochzeit-Fackel wird zu einem Trauer-Licht.
Die liebliche Muſic und Seiten-Spiel muß ſchwei-
gen/
Weil Winſeln/ Ach! und Weh/ was Luſtig/ leidet
nicht.
Gibt dieſes alles nicht den Fuͤrnis zu erkennen/
Mit dem die Sterbligkeit ſtreicht jhre Glieder an?
Ja freylich: was wir ſehn/ iſt Eitel nur zu nennen/
Doch blendet offters uns ein falſch-gefaſter Wahn.
Viel meynen in der Welt ein Paradiß zu haben/
Das nichts/ als Liebligkeit und holden Anmuth
hegt.
Allein/ gar weit gefehlt! kan uns ein Garten la-
ben/
Der ſaure Schleen nur gibt/ und Dorn und Diſteln
traͤgt?
Laͤſt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |