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Hayn, Johann: Liebliches Seelen-Gespräch. Lissa, 1649.

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Parentatio.
Menschen Leben von Mutterleibe an/ biß sie in die
erden begraben werden/ die unser aller Mutter ist.
Dann was ist der Mensch/ die Made/ und ein Menschen-
Kind/ der Wurm/ wie Job redet/ anders/ dann ein gebrech-
liches Gefäß/ welches umbzustossen kein Sturm-Wind/
sondern ein blosser Athem/ kein Anlauff/ sondern
ein schlechtes Anrühren vonnöthen ist.

Nu ist wol zu verwundern/ daß der Mensch/ das
alleredleste Geschöpff des Allmächtigen/ von dem der
Arabische Philosophus Averrhoes sagt: Plus operae
naturae opificem in universo homine, quam in
universo condendo posuisse,
Gott habe mehr Mühe
und fleiß vorgewendet in des eintzigen Menschen/ denn al-
ler anderer Dinge/ ja der gantzen Welt Erschaffung; Daß
der Mensch/ sag Jch/ in welchem nicht der Römer grosse
Thaten/ wie in Aeneae Schild; Nicht die neun Muiae
mit dem Apolline, wie in des Königs Pyrthi Achatstein/
Nicht die Planeten/ mit jhren moribus wie in des Ar-
chimedis
gläsernen Himmel/ sondern GOttes Eben-
Bild exprimiret ist; Der Mensch/ den Er zum Herren
über seiner Hände Werck gemacht hat/ im achten Psalm.
Den Trismegistus ein Conterfect der unsterblichen Göt-
ter/ Die Philosophi mikrokosmon parvum mundum, die
kleine Welt/ Die Medici sagax naturae miraculum,
Die Jure Consulti Dignissimam Creaturarum, Die
Theologi Templum aeterni D Ei, ein Tempel des e-
wigen Gottes nennen/ daß der dennoch in ein solch nich-
tiges flüchtiges Leben versetzt/ dasselbe mit Thränen an-

fangen

Parentatio.
Menſchen Leben von Mutterleibe an/ biß ſie in die
erden begraben werden/ die unſer aller Mutter iſt.
Dann was iſt der Menſch/ die Made/ und ein Menſchen-
Kind/ der Wurm/ wie Job redet/ anders/ dañ ein gebrech-
liches Gefaͤß/ welches umbzuſtoſſen kein Sturm-Wind/
ſondern ein bloſſer Athem/ kein Anlauff/ ſondern
ein ſchlechtes Anruͤhren vonnoͤthen iſt.

Nu iſt wol zu verwundern/ daß der Menſch/ das
alleredleſte Geſchoͤpff des Allmaͤchtigen/ von dem der
Arabiſche Philoſophus Averrhoes ſagt: Plus operæ
naturæ opificem in univerſo homine, quam in
univerſo condendo poſuiſſe,
Gott habe mehr Muͤhe
und fleiß vorgewendet in des eintzigen Menſchen/ deñ al-
ler anderer Dinge/ ja der gantzẽ Welt Erſchaffung; Daß
der Menſch/ ſag Jch/ in welchem nicht der Roͤmer groſſe
Thaten/ wie in Aeneæ Schild; Nicht die neun Muiæ
mit dem Apolline, wie in des Koͤnigs Pyrthi Achatſtein/
Nicht die Planeten/ mit jhren moribus wie in des Ar-
chimedis
glaͤſernen Himmel/ ſondern GOttes Eben-
Bild exprimiret iſt; Der Menſch/ den Er zum Herren
uͤber ſeiner Haͤnde Werck gemacht hat/ im achten Pſalm.
Den Triſmegiſtus ein Conterfect der unſterblichẽ Goͤt-
ter/ Die Philoſophi μικρόκοσμον parvum mundum, die
kleine Welt/ Die Medici ſagax naturæ miraculum,
Die Jure Conſulti Digniſſimam Creaturarum, Die
Theologi Templum æterni D Ei, ein Tempel des e-
wigen Gottes nennen/ daß der dennoch in ein ſolch nich-
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[0076] Parentatio. Menſchen Leben von Mutterleibe an/ biß ſie in die erden begraben werden/ die unſer aller Mutter iſt. Dann was iſt der Menſch/ die Made/ und ein Menſchen- Kind/ der Wurm/ wie Job redet/ anders/ dañ ein gebrech- liches Gefaͤß/ welches umbzuſtoſſen kein Sturm-Wind/ ſondern ein bloſſer Athem/ kein Anlauff/ ſondern ein ſchlechtes Anruͤhren vonnoͤthen iſt. Nu iſt wol zu verwundern/ daß der Menſch/ das alleredleſte Geſchoͤpff des Allmaͤchtigen/ von dem der Arabiſche Philoſophus Averrhoes ſagt: Plus operæ naturæ opificem in univerſo homine, quam in univerſo condendo poſuiſſe, Gott habe mehr Muͤhe und fleiß vorgewendet in des eintzigen Menſchen/ deñ al- ler anderer Dinge/ ja der gantzẽ Welt Erſchaffung; Daß der Menſch/ ſag Jch/ in welchem nicht der Roͤmer groſſe Thaten/ wie in Aeneæ Schild; Nicht die neun Muiæ mit dem Apolline, wie in des Koͤnigs Pyrthi Achatſtein/ Nicht die Planeten/ mit jhren moribus wie in des Ar- chimedis glaͤſernen Himmel/ ſondern GOttes Eben- Bild exprimiret iſt; Der Menſch/ den Er zum Herren uͤber ſeiner Haͤnde Werck gemacht hat/ im achten Pſalm. Den Triſmegiſtus ein Conterfect der unſterblichẽ Goͤt- ter/ Die Philoſophi μικρόκοσμον parvum mundum, die kleine Welt/ Die Medici ſagax naturæ miraculum, Die Jure Conſulti Digniſſimam Creaturarum, Die Theologi Templum æterni D Ei, ein Tempel des e- wigen Gottes nennen/ daß der dennoch in ein ſolch nich- tiges fluͤchtiges Leben verſetzt/ daſſelbe mit Thraͤnen an- fangen

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Zitationshilfe: Hayn, Johann: Liebliches Seelen-Gespräch. Lissa, 1649, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/360994/76>, abgerufen am 25.11.2024.