Freylinghausen, Johann Anastasius: Christliches Denckmaal, Welches Seinem Seligen Herrn Eydam, HERRN M. Georg Joh. Hencken. hrsg. v. Wiegleb, Johann Hieronymus. Halle, 1720.Leichen-Carmina. Statt eines holden Strahls den trüben Luft-Kreis ein, Was Wunder denn, daß die sich nicht zu trö- sten wissen, Die itzt nicht mehr ergötzt Herr Henckens lichter Schein. Der Vater ist detrübt, die frühe Wittwe weinet, Die Heerde schaut bethränt den todten Hirten an, Und da ihr der Verlust fast unersetzlich scheinet, So ist nichts, was bey ihr den Kummer stil- len kan. Wir stimmen selbst mit ein, und fügen unsre Klagen Der Wehmuht anderer auch höchst-mitlei- dig bey: Wir müssen ja von Jhm in aller Wahrheit sa- gen, Daß er auch unser Licht und Trost gewesen sey. Wie oft hat nicht sein Mund den lassen Geist erwecket, Wenn er des HErren Wort an unser Hertz gelegt: Wir haben oft die Kraft der künft'gen Welt geschmecket, Wenn er das innerste der Seelen hat bewegt. Doch wir beklagen uns, die wir zurücke blieben, Nicht den, der durch den Tod ins Leben ist versetzt, Jhn
Leichen-Carmina. Statt eines holden Strahls den truͤben Luft-Kreis ein, Was Wunder denn, daß die ſich nicht zu troͤ- ſten wiſſen, Die itzt nicht mehr ergoͤtzt Herr Henckens lichter Schein. Der Vater iſt detruͤbt, die fruͤhe Wittwe weinet, Die Heerde ſchaut bethraͤnt den todten Hirten an, Und da ihr der Verluſt faſt unerſetzlich ſcheinet, So iſt nichts, was bey ihr den Kummer ſtil- len kan. Wir ſtimmen ſelbſt mit ein, und fuͤgen unſre Klagen Der Wehmuht anderer auch hoͤchſt-mitlei- dig bey: Wir muͤſſen ja von Jhm in aller Wahrheit ſa- gen, Daß er auch unſer Licht und Troſt geweſen ſey. Wie oft hat nicht ſein Mund den laſſen Geiſt erwecket, Wenn er des HErren Wort an unſer Hertz gelegt: Wir haben oft die Kraft der kuͤnft’gen Welt geſchmecket, Wenn er das iñerſte der Seelen hat bewegt. Doch wir beklagen uns, die wir zuruͤcke blieben, Nicht den, der durch den Tod ins Leben iſt verſetzt, Jhn
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Leichen-Carmina.
Statt eines holden Strahls den truͤben Luft-
Kreis ein,
Was Wunder denn, daß die ſich nicht zu troͤ-
ſten wiſſen,
Die itzt nicht mehr ergoͤtzt Herr Henckens
lichter Schein.
Der Vater iſt detruͤbt, die fruͤhe Wittwe
weinet,
Die Heerde ſchaut bethraͤnt den todten
Hirten an,
Und da ihr der Verluſt faſt unerſetzlich ſcheinet,
So iſt nichts, was bey ihr den Kummer ſtil-
len kan.
Wir ſtimmen ſelbſt mit ein, und fuͤgen unſre
Klagen
Der Wehmuht anderer auch hoͤchſt-mitlei-
dig bey:
Wir muͤſſen ja von Jhm in aller Wahrheit ſa-
gen,
Daß er auch unſer Licht und Troſt geweſen
ſey.
Wie oft hat nicht ſein Mund den laſſen Geiſt
erwecket,
Wenn er des HErren Wort an unſer Hertz
gelegt:
Wir haben oft die Kraft der kuͤnft’gen Welt
geſchmecket,
Wenn er das iñerſte der Seelen hat bewegt.
Doch wir beklagen uns, die wir zuruͤcke blieben,
Nicht den, der durch den Tod ins Leben iſt
verſetzt,
Jhn
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